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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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gestorben.« Bengts dunkle Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Er hielt vor dem Hotel Peer Gynt . »Sie hat ihr weißes Rentier noch mal gesehen, hat mir Ole erzählt. Danach ist sie kaum noch aufgestanden. Die Schmerzen wurden heftiger, die Sehkraft ließ ganz nach. Sie ist zum Glück sanft eingeschlafen.« Er warf einen kurzen Blick nach hinten. »Die alte Schamanin, die zu der Großfamilie gehört, hat ihr etwas gegen die Schmerzen geben können, das besser wirkte als die moderne Medizin.«
    Andrea erwiderte darauf nichts mehr. Sie begriff mit jedem Tag hier im hohen Norden mehr, dass es Dinge gab, die sich nicht mit dem Verstand begreifen ließen. Und dazu gehörten sicher auch die Künste einer samischen Schamanin. »Kim war so ein aufgeschlossenes Kind. Leider konnten wir uns nicht verabschieden. Ole … er war mit der Kleinen ganz plötzlich verschwunden.«
    »Ja. Er hat eine Kommissarin erkannt, die sich auf dem Schiff befand. Und da hat er Panik bekommen und ist einen Hafen eher als geplant ausgestiegen.« Das war nun wieder ganz profane Wirklichkeit.
    Andrea sah Bengt stirnrunzelnd an. »Kann man denn seine Unschuld wirklich nicht beweisen?«
    »Bislang nicht.« Bengt stieg aus und hielt ihr die Tür auf. Es war deutlich zu merken, dass er über Ole nicht mehr sprechen wollte. »Soll ich dich wieder mit zurücknehmen?«
    Andrea, noch verstört von dem gerade Gehörten, nickte mechanisch.
    »Gut. Ich warte.« Bengt ließ sich hinters Lenkrad gleiten, während Andrea mit steifen Schritten hinüber zum Hoteleingang ging. Ihre Gedanken überschlugen sich. Die kleine Kim war von ihrem Leiden erlöst. Ole … nein, er konnte unmöglich ein Schwerverbrecher sein. Seine Augen waren sanft und gut. Sie musste unbedingt mit Carina über ihn reden. Ob sie mal mit dem Fall zu tun gehabt hatte? Ole jedenfalls hatte die Kriminalbeamtin sehr wohl erkannt und war vor ihr geflüchtet.
    »Endlich bist du da!« Jonas breitete die Arme aus.
    »Hallo, Jonas.« Sie schrak leicht zusammen, als er plötzlich in der Hotelhalle vor ihr stand. Sie war so mit den Gedanken an Ole und Kim beschäftigt gewesen, dass sie ihn nicht bemerkt hatte. Er wollte sie umarmen, doch Andrea wich aus. »Ich will nur rasch meine Sachen holen. Bitte lass sie mir bringen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Wir müssen erst reden. Ich … ich muss dir so vieles sagen …«
    »Da gibt es nichts mehr zu sagen, Jonas. Unsere Beziehung war ein Irrtum, das weiß ich jetzt.« Als er etwas einwenden wollte, hob sie die Hand und legte sie ihm auf den Mund. »Als ich dich kennenlernte, war ich sicher, dass wir füreinander bestimmt wären. Aber das war ein Irrtum.«
    »Nein, war es nicht!«
    »Doch. Ich weiß es, und du weißt es auch.«
    Er schüttelte den Kopf. »Dieser Flirt mit Nina … er bedeutete nichts. Ein Riesenfehler. Ich liebe nur dich. Du bist die Frau, mit der ich leben will. Alles andere hat keine Bedeutung. Es war ein Ausrutscher, den ich sehr bereue.«
    »Aber ich kann und ich will nicht mehr mit dir leben, Jonas. Gib mir mein Gepäck und lass uns in Frieden auseinandergehen. Es wäre nur gut, wenn ich die verschifften Dinge noch hierlassen könnte, bis ich weiß, wo ich leben werde.«
    Misstrauen glomm in seinen Augen auf. »Hast du jemanden kennengelernt? Willst du deshalb nicht bleiben?«
    Andrea lächelte bitter. »Würde es dir helfen, mit deinen Schuldgefühlen fertig zu werden, wenn es so wäre?«
    Fest presste Jonas die Lippen zusammen, dann wandte er sich brüsk ab und ging in einen kleinen Raum am Ende der Hotelhalle, in dem die Koffer der Gäste deponiert werden konnten. Mit zwei Schalenkoffern kam er zurück. »Hier, deine Sachen.«
    »Danke.« Andrea nickte ihm zu. »Leb wohl.«
    »Liebling … nicht doch! Wohin willst du?«
    Sie zuckte zusammen, ihre Augen waren dunkel vor Schmerz, als sie Jonas ansah. »Ich weiß es noch nicht.«
    »Bleib!« Er verstellte ihr den Weg, hielt sie an den Armen fest. »Bitte! Alles kann doch wieder so werden, wie es war.« Andrea schüttelte nur den Kopf.
    »Doch! Du musst es nur wollen. Verzeih mir! Ich schwöre, dass so etwas nie wieder vorkommt.«
    »Ach, Jonas …« Beinahe mitleidig war ihr Blick. »Schwör lieber nicht, es könnte sonst Ärger geben.« Sie machte eine kleine Kopfbewegung nach links.
    Dort stand Nina. Zu einem korallenroten Leinenkleid trug sie gleichfarbene Flipflops. Wie ein Glorienschein umgab sie das lange helle Haar, das sie sich nun mit einer wütenden Bewegung in den Nacken

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