Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
beunruhigt war er allerdings auch. Er spürte, dass sie, na ja, boshaft sein konnte, wenn sie wollte. An Athena White war irgendetwas gefährlich Fremdartiges.
    Es war richtig gewesen, ihr von Kathy zu erzählen.
    Lol kam mit der Landkarte zurück. «Breite sie auf dem Boden aus», befahl Miss White. «Rück diesen grässlichen Tisch zur Seite. Oh, das vermisst man wirklich am meisten hier draußen in der Einöde. Es stimmt schon, man hat seine Ruhe, kann sich seinen Interessen widmen, aber man verpasst eben auch, was da draußen vor sich geht. Okay, Dinedor Hill. Warum Dinedor Hill? Leg deinen Finger drauf, Robinson. Diese winzige Schrift auf der verdammten Karte kann ich nicht mehr lesen, aber deinen Finger sehe ich noch. So, jetzt gib mir deine andere Hand.»
    Er kniete vor der Landkarte, mit einem Finger auf dem Dinedor Hill, während sie seine andere Hand in ihre beiden kleinen Hände nahm. Sie waren zart und knochig und sehr warm.
    «Sieh ihn an, Robinson, sieh den Hügel an   … Nein, nicht auf der Karte, du Dummkopf. Stell dir den Hügel bildlich vor. Versetze dich im Geist dorthin. Spür den Wind auf deiner Haut, die Feuchtigkeit, die Kälte. Stell dir vor, dass Moon auch dort ist. Sie kommt auf dich zu, oder? Und jetzt sag mir, was du siehst.»
    «Ich sehe die Krähe», sagte er sofort. «Ihre Hand in der Krähe.Wir stehen rechts am Ende der Wallanlage, unter uns liegt die Stadt, und die Türme der Kirche und der Kathedrale decken sich.»
    «Gut.»
    Sie schwiegen einen Moment, und von irgendwo im Haus war Geschirrklappern zu hören. Dann kam jemand an die Tür des Salons, und die Klinke wurde heruntergedrückt. Athena White gab ein lautes Quieken von sich. «Gehen Sie von der Tür weg! Gehen Sie weg!»
    Schritte entfernten sich.
    Miss White sagte: «Sie hat diese Krähe getötet, weißt du.»
    «Darüber habe ich schon ein paarmal nachgedacht.»
    «Ich glaube, sie hat die Krähe runtergeholt und sie getötet.»
    Wie runtergeholt?
    Krähenmädchen, dachte er.
«Und die Krähen sind zu ihr geflogen»
, hatte Denny gesagt.
«Sie sind direkt zu ihr geflogen.»
    Lol öffnete die Augen. Draußen vor dem Fenster waren die Radnor Hills sichtbar geworden, nachdem sich der Nebel gelichtet hatte. Unter einer Wolkenbank tauchte die Sonne auf.
    «Es ist nämlich so», sagte Athena White, «es funktioniert nur, wenn das Blut noch warm ist.»
     
    Jane und Danny Gittoes standen in der Gasse neben
The Ox
. Hinter der angrenzenden Mauer des Pubs war die Herrentoilette, und ein widerlicher Geruch zog aus dem Fenster auf die Gasse.
    «Jane, tut mir leid, okay? Die Sache mit der Kirche von deiner Mutter tut mir wirklich leid, aber ich hab schließlich nichts geklaut, oder? Außerdem war die ganze Sache ihre Idee.»
    «Ja, das kannst du dann auch der Polizei erzählen: ‹Ich hab’s bloß gemacht, damit sie mir einen bläst, ehrlich, Herr Kommissar.› Das gibt garantiert mildernde Umstände. Sieht der Richter bestimmt genauso.»
    «Ich bezahle dafür, okay? Ich bezahle das Fenster.»
    «Erzähl mir die Sache mit dem Anzug.»
    «Was gibt’s da zu erzählen?»
    «Was hat sie über den Anzug gesagt?»
    «Sie hat gesagt, sie macht sich einen Jux – mit dir und deiner Mom. Ich hab nicht verstanden, was sie meinte. Sie hatte den Anzug hinten im Auto, in einer von diesen Plastikhüllen, die man bei der Reinigung bekommt, und ich musste ihn in der Hülle lassen, bis er im Schrank war – erst als er auf der Stange hing, sollte ich die Hülle abziehen.»
    «Ist sie mit dir reingegangen?»
    «Sie ist mit der Taschenlampe draußen geblieben, hat von der Tür aus in die Sakristei geleuchtet und mir gesagt, wo ich den Anzug hinhängen soll, sodass man ihn nicht sieht. Hör mal, Watkins, eigentlich ist das nur eine Sache zwischen euch beiden, ich hab damit überhaupt nichts   …»
    «Dafür gehst du in den Knast, Gittoes.»
    «Niemand geht in den Knast, weil er ein Fenster kaputt gemacht hat.»
    «Dann sorge ich dafür, dass es in der Zeitung steht und jeder erfährt, was du für ein Schwachkopf bist. Dann stellen sich die Leute zuerst dieses tolle rothaarige Superweib vor und dann dich. Was glaubst du, was sie dann denken, Danny? Das bleibt Jahre an dir kleben: die Schönheit und der jämmerliche Trottel, der sich von ihr hat verladen lassen.»
    «Und was ist mit
ihr

    «Du weißt genau, dass es ihr scheißegal ist, was irgendwer von ihr denkt. Hey – das hab ich ja ganz vergessen.» Jane trat einen Schritt zurück und

Weitere Kostenlose Bücher