MM-City Wien: Das Reisehandbuch zur Donaumetropole - kompakt, übersichtlich, informativ (German Edition)
wir über die Augustinerstraße den Josefsplatz an. In dessen Mitte thront seit 1807 ein von Anton Zauner geschaffenes Reiterstandbild seines reformfreudigen Namenspatrons Joseph II., dessen Herz ebenso wie die seiner Vor- und Nachfahren in der Herzgruft der Habsburger in der benachbarten → Augustinerkirche aufbewahrt wird.
Die → Nationalbibliothek (Prunksaal/Augustinersaal), die Rückfronten von Redoutensälen und Spanischer Hofreitschule und die → Palais Pallavicini und Palffy vervollständigen das (architektur-)geschichtsträchtige Gebäudeensemble am Josefsplatz, von dem aus wir uns zwischen Winterreitschule und Stallburg zum Michaelerplatz zwängen,der vom prunkvollen, kuppelgekrönten Michaelertrakt der Hofburg dominiert wird. Scheinbar ein Paradebeispiel hochbarocker Baukunst, wurde er erst Ende des 19. Jh. errichtet. Allerdings orientierte sich sein ArchitektFerdinand Kirschner an den gezeichneten Hinterlassenschaften seines berühmten Vorgängers Johann Bernhard Fischer von Erlach und verwirklichte postum dessen bereits zu Beginn des 18. Jh. vorgelegten Entwurf zum Ausbau des kaiserlichen Schlosses.
Geblendet vom glanzvollen Entree der Hofburg, sieht man die schneeweiße, 1792 neoklassizistisch eingekleidete mittelalterliche → Michaelerkirche erst auf den zweiten Blick. Das gilt eigentlich auch für das von Hans Hollein mit Steinbrüstungen und Gittern eingefasste → Archäologische Grabungsfeld im Zentrum des Michaelerplatzes und das architektonisch schlichte → Loos-Haus an seiner Nordwestflanke, das zu Beginn des 20. Jh. gerade wegen seiner Schlichtheit – vielen eher unangenehm – ins Auge stach.
Bevor wir durch das Michaelertor in die Welt der Habsburger eintauchen, sei eine Verschnaufpause in den Cafés Griensteidl, Central oder Demel empfohlen. Alle drei tragen große Kaffeehausnamen und sind wegen ihrer einst illustren Stammkunden oder süßen Versuchungen ein Begriff. Das Griensteidl am Michaelerplatz war ebenso wie das Café Central in der Herrengasse, in der übrigens en passant → Globen- und Esperantomuseum zu würdigen sind, um die vorletzte Jahrhundertwende ein gern frequentierter Literatentreffpunkt. Das Demel wuchert mit seiner k. u. k. Hofzuckerbäcker-Vergangenheit und stellt seine kalorienreichen Künste an der edlen Einkaufs- und Flaniermeile Kohlmarkt unter Beweis, wo mit dem Domizil der Buchhandlung Manz ein weiterer Loos-Bau (1912) und dem der Reisebuchspezialisten Freytag & Berndt (Artaria-Haus, 1901) ein Werk von Wagner-Schüler Max Fabiani zu begutachten sind.
Hofburg
Nach den Abstechern zu Kohlmarkt und Herrengasse durchschreiten wir das Michaelertor, um unter seiner Kuppel den imperialen „Museumsdrilling“ → Silberkammer, → Kaiserappartements, → Sisi-Museum und/oder direkt vis-à-vis das Besucherzentrum der → Spanischen Hofreitschule zu betreten. Unter dem Eindruck von der Tisch-, Repräsentations- und Wohnkultur der Habsburger, dem Lieben und Leiden der legendären Kaiserin und der anmutigen Lipizzaner erreichen wir nach wenigen Schritten den Hof der Alten Burg (Innerer Burghof) , der von Reichskanzleitrakt, Kaiserappartements, Leopoldinischem Trakt und Schweizertrakt eingefasst ist. In seiner Mitte blickt Kaiser Franz I. von einem Sockel auf das Schweizertor, das in einen gleichnamigen kleinen Seitenhof führt, der nach einer Schweizergarde benannt wurde, die im 18. Jh. hier stationiert war. Von dort gelangt man in die → Schatzkammer, in der die kostbaren Insignien geistlicher und weltlicher Macht aus mehreren Jahrhunderten zu bestaunen sind, und die kleine → Hofmusikkapelle, die am Sonntagmorgen von den glockenreinen Stimmen der Wiener Sängerknaben erfüllt wird.
Reformkaiser Joseph II.
In den Hof der Alten Burg zurückgekehrt, geht es durch den Leopoldinischen Trakt auf den Heldenplatz , auf dem sich Prinz Eugen von Savoyen und Erzherzog Karl – beide vom Bildhauer Anton Dominik Fernkorn porträtiert – steinern reitend gegenüberstehen. Während der Erste zum Volksgarten schaut, hat der Zweite das ausladende, von mehreren Museen bezogene Gebäudeensemble der → Neuen Hofburg im Visier, neben dem das von Luigi Cagnola und Pietro Nobile kreierte Äußere Burgtor seit 1823 die südliche Grenze des Heldenplatzes markiert. Ursprünglich als Denkmal für die Völkerschlacht bei Leipzig konzipiert, wurde es 1933/34 zum Heldendenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs umgestaltet. 1945
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