Mode ist ein glitzernder Goldfisch
ein paar Sachen und hebt dann den Blick. Sie fixiert mich lange, während ich verzweifelt versuche, die Grübchen auf meinen Wangen zu aktivieren.
»Also«, sagt sie schlieÃlich, »Roberta. Darf ich sagen, dass Sie sehr viel jünger geworden sind in den drei Wochen, seit ich Sie das letzte Mal gesehen habe? Die Trennung von Ihrem Mann scheint Wunder zu wirken für Ihren Teint.«
»Annabel â¦Â«
»Und«, sagt sie und betrachtet meinen Kopf, »Ihre Frisur ist um einiges flotter. Allerdings trugen Sie damals eine lila Spülung, also heiÃt das nicht viel.«
»Annabel, ich â¦Â«
Sie betrachtet die Mütze in meiner Hand. »Einen Augenblick lang habe ich gedacht, Sie hätten das Meerschweinchen gleich mitgebracht, aber ich bin erleichtert zu sehen, dass das nicht der Fall ist. Aber ich würde vorschlagen, dass Sie sich davon überzeugen, dass das Ding da auf jeden Fall tot ist. Es sieht aus, als könnte es beiÃen.«
»Annabel â¦Â«
Annabel beugt sich vor und drückt einen Knopf an ihrer Wechselsprechanlage. »Audrey? Wenn die andere Roberta Adams auftaucht, dann möchte sie bitte im Empfangsbereich warten, bis du etwas anderes von mir hörst. Und als Tipp für die Zukunft: Ich habe keine Schulmädchen unter meinen Mandanten. Danke.«
Dann lehnt sie sich auf ihrem Stuhl zurück und sieht mich schweigend an.
59
N ach einer gefühlten Ewigkeit bringe ich endlich ein »Hallo, Annabel« heraus.
»Hallo, Harriet.«
»Wie geht es dir?« Das scheint mir eine gute Gesprächseröffnung zu sein. Eigentlich glaube ich, es ist die einzig mögliche Gesprächseröffnung, denn ich habe wirklich keinen Schimmer, wie es ihr geht.
»Ich schlafe in meinem Büro, was nicht ideal ist, aber abgesehen davon gehtâs mir prima, danke.«
Ich starre auf ihren Bauch. Er sieht aus wie immer, aber ich kann trotzdem den Blick nicht davon wenden. Es ist erstaunlich, wirklich. Vor ein paar Tagen war es ein ganz normaler Bauch mit Erdbeermarmelade drin, und jetzt ist darin ein Mensch. Ich bin ganz aufgeregt, obwohl es bedeutet, dass die Zeit, die ich in den letzten fünf Jahren damit verbracht habe, berühmte Einzelkinder der Weltgeschichte zu recherchieren, absolut vergeudet war. »Dann stimmt es?«, frage ich. »Was du geschrieben hast: Ist es wahr?«
»Dass ich schwanger bin, guter Hoffnung, in anderen Umständen?«
»Ãhm.« Ich glaube, Annabels Wortschatz ist tatsächlich gröÃer als meiner. »Ja?«
»Absolut. Ich bin total trächtig.«
»Wow.« Ich bin so überwältigt, dass ich gar nicht weiÃ, was ich mit dieser Information jetzt anfangen soll. Ich weià nichts über Babys, da klafft eine groÃe Lücke in meinem Allgemeinwissen. Ich sollte nach Hause gehen und ein paar Recherchen machen.
»Weià dein Vater Bescheid?«
»Nein. Denn du hast geschrieben, ich soll es ihm nicht sagen.«
»Gut so. Der Mann sollte lernen, ab und zu mal einen Klebezettel umzudrehen.«
Jetzt, da ich hier bin, kommt es mir vor, als würde die Enge in meiner Brust sich langsam lösen. Als würden die Ereignisse der letzten Woche anfangen zu schmelzen, so wie ein Arzt das Ohrenschmalz weich macht, bevor er es rauspult. Warum bin ich nicht gleich zu Annabel gegangen? Warum habe ich ihr nicht einfach alles erklärt?
Warum habe ich ihr gesagt, es ginge mir gut, wo es mir gar nicht gut geht?
»Annabel«, sage ich, »kann ich dich was fragen?«
»Solange es nicht um Körperfunktionen geht. Ich fange nicht an, eklige Details zu diskutieren, nur weil ich schwanger bin. Sie sind immer noch eklig.«
»Es geht nicht um Körperfunktionen.« Und dann schlieÃe ich die Augen und sage schnell: »Hasst du mich?«
Annabel zieht eine Augenbraue hoch. »Nein«, sagt sie nach der längsten Pause in der Geschichte der Welt aller Zeiten. »Ich hasse dich nicht, Harriet.«
Ich atme tief durch, denn ich bin unsicher, ob ich ihr wirklich glauben kann. »Ich würde es verstehen, wenn du mich hassen würdest, aber ich wollte dich nicht anlügen, Annabel, wirklich nicht. Ich meine, ich wollte dich schon anlügen, denn ich habe es ja schlieÃlich getan â es war kein Versehen oder so â, aber ich habe es nicht getan, um dir wehzutun oder weil ich dich nicht respektiere oder nicht glaube, dass du die ganze Zeit meistens recht
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