Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft
ich aus der Modebranche gewöhnt, nur dass die Meetings diesmal bei uns in der Küche stattfinden. Mum ist geschockt, als ich ihr erzähle, dass ich Vicente in der Taxischlange getroffen habe, aber sie macht das Beste daraus und lädt ihn zum Essen ein. Granny ist in der Stadt und kommt ebenfalls vorbei. Sie ist ganz aus dem Häuschen, Vicente zu sehen, und will unbedingt mit ihm über Hochzeiten reden. Schon wieder. Vicente hat angeboten sich an den Kosten von Harrys und Isabelles Hochzeit zu beteiligen, und Granny will zu jeder Kleinigkeit seine Meinung hören. Mir ist klar, dass Mum und Vicente lieber allein wären, aber im Moment lässt sich da nichts machen.
Solange Harry und Isabelle da sind, ist es am merkwürdigsten. Wie immer hat Isabelle nichts dagegen, über Tiaragröße, Schleierlänge, Tischordnung und Blumen zu reden. Harry schon. Als ich ihn so sehe, wird mir klar, dass große Hochzeiten nicht sein Ding sind. Er und Vicente haben genau die gleiche unbehagliche Körperhaltung, als wären sie lieber an einem ganz anderen Ort, aber sie sind beide zu höflich es zuzugeben und versuchen gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Die Ähnlichkeit ist verblüffend, und ich habe mit beiden Mitleid.
Irgendwann erwische ich Harry auf der Treppe und sage: »Ihr müsst nicht so eine Riesensache daraus machen, wenn du keine Lust dazu hast, Harry. Ich bin mir sicher, dass Isabelle dich auch barfuß am Strand heiraten würde, wenn du sie darum bittest.«
Er sieht mich an, als wäre ich völlig verrückt geworden. So sieht er mich öfter an. Dann lacht er.
»Das könnte ich ihr nicht antun. Sie plant ihren Hochzeitstag schon seit Jahren. Und Granny würde mich umbringen, ganz langsam. Außerdem muss ich ja nur pünktlich aufkreuzen, mir einen Zylinder aufsetzen, einigermaßen nüchtern bleiben und Issy sagen, dass ich sie liebe. Das schaffe ich schon.«
Ich nicke, weil ich ihn bis zu einem gewissen Grad verstehe. Aber anscheinend ist es für Jungs etwas anderes, denn meine Vorstellung von meinem Hochzeitstag läuft so was von nicht darauf hinaus, schick auszusehen, mich nicht zu betrinken und irgendwem zu sagen, dass ich ihn liebe. Auch wenn alle drei Punkte wahrscheinlich irgendwie dazugehören.
Ich frage mich, ob Isabelle klar ist, wie wenig Harry ihren Hochzeitsvorstellungen abgewinnen kann, aber es scheint ihr nicht aufzufallen. Genauso wenig wie Mum und Granny. Als wäre Harry nur ein Teil in einem sehr großen, hübschen Puzzle. Er tut mir immer mehr leid. Wenn ich einen Jungen lieben würde und er mich fragen würde, ob ich ihn heiraten will (sagen wir, nach ein paar Jahren auf dem Mode-College, wenn wir in Paris leben und ich die Karriere einer super Stardesignerin managen würde), und er wollte in Jeans, einem gut sitzenden T-Shirt und den perfekten Turnschuhen heiraten, an irgendeinem ruhigen Ort in Irland, wäre mir das auch recht, solange er glücklich ist. Solange unser Tag romantisch und besonders wäre und vor allem uns beiden gehören würde. Aber Isabelle ist so daran gewöhnt, dass alle tun, was sie will, dass sie wahrscheinlich vergessen hat zu fragen, ob es auch das ist, was Harry will.
Ich spiele mit dem Gedanken, mit ihr zu reden, aber ich habe mich schon bei Vicente total blamiert, und so beschließe ich mich rauszuhalten. Ich beschränke mich darauf, Harry ab und zu aufmunternd anzulächeln, und versuche das Thema zu wechseln, als Granny nach drei Stunden immer noch über »standesgemäße Hochzeiten von Freunden in traumhaften Landhäusern« redet und darüber, welche Champagnermarke sich für die Toasts am besten eignet.
Jenny ist keine große Hilfe. Ihr Jetlag verwandelt sich in eine schlimme Erkältung, und sie liegt eine Woche lang im Bett, und danach schleppt sie sich noch eine Woche voller Selbstmitleid durch die Wohnung. Doch ein paar Tage nach Silvester ruft sie an und klingt schon viel besser. Geradezu aufgekratzt sogar.
»Können wir uns in einer Stunde im V&A treffen? Ich versuche auch Edie und Krähe zu erreichen. Es ist Zeit, dass wir uns mal wieder alle zusammensetzen. Ach, und es gibt Neuigkeiten.«
Als ich das Haus verlasse, hüpfe ich die Treppe zur Straße hinunter. Das klingt schon besser. Das Victoria-&-Albert-Museum, meine Freundinnen und der neueste Klatsch. Perfekt! Genau das, was ich brauche, um mich darüber zu trösten, dass bald die Schule anfängt. Ich hoffe nur, Jennys Neuigkeit ist nicht, dass Stella wieder schwanger ist. Ich weiß nicht, ob ich das Drama
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