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Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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geklappt. Ich glaube nicht, daß uns einer von der Bande dabei gesehen hat.«
    »Das haben Sie fein gemacht, Herr Doktor«, stimmte Rudi vergnügt bei. »Da pfeift es schon; gleich wird Mister Morton allein Weiterreisen. Bon voyage, Monsieur Morton! Bon plaisir à Cluses! – Nanu? Wir fahren ja selbst!«
    Der Pfiff, den Rudi gehört hatte, war von der Lokomotive des Güterzuges gekommen. Langsam setzte der schwere Zug sich in Bewegung und rollte in der Richtung nach Genf weiter.
    »Großartig, Rudi! Da haben wir ja die beste Verbindung, die wir uns denken können. So erreichen wir sogar noch den Frühzug nach Deutschland.«
    Zur gleichen Zeit fuhr auch der Zug nach Cluses wieder an und dann weiter das Arvetal hinauf.
    Bei jedem Halt spähte Morton von seinem Fensterplatz aus in das Getümmel, obwohl – bei jeder Station sagte er sich’s von neuem – obwohl es eigentlich eine unnötige Mühe war. Die Dimitriescu hatte ja selbst die Fahrkarten bis Cluses gesehen, die Gransfeld sich gestern abend noch besorgen ließ.
    Es war doch nicht so einfach, munter zu bleiben, wenn man bis zwölf Uhr nachts bei Whisky und Soda gesessen hatte und um vier Uhr morgens schon wieder aus den Federn gekrochen war. Morton fühlte, wie ihm die Lider schwer wurden. Das Knirschen der Bremsen ließ ihn emporfahren. »Cluses!« hörte er rufen. Der Zug hatte seine Endstation erreicht.
    Eine reichliche Stunde hatte Morton in seiner Wagenecke fest und traumlos geschlafen. Er raffte seine Sachen zusammen und mischte sich in das Gedränge. Vergebens suchte er die beiden, um derentwegen er die Reise unternommen hatte. Weder am Bahnhof noch bei der Kraftpost, die bald nach dem Eintreffen des Zuges die Arve aufwärts weiter nach Chamonix fuhr, waren sie zu finden. Morton hatte die Spur von Gransfeld und Rudi verloren.

6 Wieder in Gorla
    Zu früher Morgenstunde kam Gransfeld in das Postamt von Gorla. Dort gab es eine größere Anzahl von Schaltern mit verschiedenen Schildern. An dem einen konnte man Briefmarken in kleinen, am andern in größeren Mengen kaufen, hier waren Versicherungsmarken zu haben und dort wurden Telegramme angenommen. Jetzt fand Gransfeld, was er suchte. »Postlagernde Briefe« versprach das Schild über einem fünften Schalter. An diesen trat er heran.
    Das Glasfenster war heruntergelassen. Ein anderes Schild stand dahinter: »Für kurze Zeit geschlossen.«
    Ungeduldig stampfte Gransfeld auf den Boden. Verwünscht, wenn man’s so eilig hatte wie er und die Herren Postbeamten gingen frühstücken oder waren sonstwie unabkömmlich! Jede Minute war kostbar. Es konnte kritisch werden, wenn die Person, die hinter der Chiffre X. C. 17 steckte, ihm zuvorkam oder gar mit ihm am Schalter zusammentraf.
    Er sah sich im Raum um. Dort war ein Mann, der gerade ein Telegramm aufgab, da ein Kind, das von dem Schalter »Briefmarken in größeren Mengen« an den andern »Briefmarken in kleinen Mengen« verwiesen wurde, vier Fünfpfennigmarken verlangte und auch erhielt. Neben ihm, vor dem geschlossenen Schalter, stand ein jüngeres weibliches Wesen mit einem Marktkorb. Eine Hausangestellte konnte es sein, die ebenso ungeduldig wartete wie er selbst. Verstohlen musterte er sie. Von den postlagernden Briefen abgesehen, war alles andere auch an den andern Schaltern zu haben. Kaum ein Zweifel, daß diese Anna oder Minna gleichfalls Interessentin für postlagernde Briefe war. Nur die Frage blieb noch unentschieden, ob sie wohl für eigene Rechnung oder etwa im Auftrage eines Dritten kam. Dumm, wenn X. C. 17 jener Dritte war. Ungeschickter noch, wenn X. C. 17 etwa selber kam, was doch schließlich jeden Augenblick geschehen konnte. Mit wachsender Unruhe behielt Gransfeld die Eingangstür zum Postamt im Auge.
    Ein Geräusch hinter ihm veranlaßte Gransfeld, sich umzudrehen. Das verhängnisvolle Schild wurde weggezogen, das Schalterfenster ging in die Höhe. Schneller als er war das Mädchen mit dem Korb am Fenster, setzte zum Sprechen an, stotterte, wurde rot und verlegen, versuchte es nochmals und verhaspelte sich dabei erst recht.
    Der Beamte versuchte ihr zu helfen. »Na, na, Fräuleinchen, mal erst ganz ruhig! Mir können Sie alles sagen. Sie wollen wohl einen postlagernden Brief abholen? Von Ihrem Bräutigam natürlich, Fräuleinchen. Was soll’s denn sein?«
    »Ach ja, Herr Sekretär! Ich – ich wollte – sollte mal fragen, ob nicht unter ›Röschen‹ was da ist.«
    Der Beamte griff in ein Fach hinter sich, zog einen Stapel von Briefen

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