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Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Megastopoulos den alten Kommandeur gekauft hat, werden wir den neuen nicht bekommen.«
    »Das Geld ist da, van Holsten. Die Hauptsache ist, daß der Mann gewonnen wird. Wie Sie es machen, das bleibt Ihre Sache. – Ich habe Ihnen endlich noch mitzuteilen, daß unser Mitglied Rasmussen mich gebeten hat, auf seine Mitarbeit im laufenden Geschäft zu verzichten. Ich habe zuverlässige Nachrichten, daß er in der Tat krank ist, und habe deshalb seiner Bitte entsprochen. Wir werden nur noch in dringenden Fällen auf ihn zurückgreifen. – Sie, Morton, werden morgen mit mir für einige Zeit nach Schottland gehen.«
    Mit diesen Mitteilungen war die Sitzung beendet. Der Chef verließ als erster den Raum; nach ihm brachen die andern auf.
    Morton blieb allein zurück. Er klingelte dem Butler, ließ sich Whisky-Soda und die Abendpost bringen. Ein Brief war darunter mit deutscher Marke, Poststempel Gorla. Es war eine Meldung von X. C. 17, daß ein Unbekannter dessen Briefe am Schalter abgeholt hatte, weiter die Bitte, die postlagernden Briefe künftig unter der andern beigegebenen Chiffre zu senden.
    Morton ließ den Brief sinken und stürzte ein Glas Whisky herunter. Ein anderer hatte die Korrespondenz für X. C. 17 in Gorla abgehoben! War dieser verteufelte Doktor wieder in Gorla? War der es gewesen? Seine Faust schlug auf den Tisch, daß Gläser und Flaschen tanzten.

7 Der Kampf geht hart auf hart
    »Mach’s gut, Rudi, und halte schön Haus!« Rübesam sagte es und verließ das Zimmer, um zu seinem Dienst ins Werk zu gehen.
    Rudi blieb allein zurück. Mit einem Buch machte er es sich in dem alten braunen Lehnstuhl am Fenster bequem. Jetzt hatte er die Stelle, bei der er gestern stehengeblieben war, und las weiter. Langsam schlug er eine Seite nach der andern um, doch die Lektüre vermochte ihn nicht so wie früher zu fesseln. Immer wieder flogen seine Gedanken zwischen dem, was er auf den Blättern las, und der Wirklichkeit hin und her. Schließlich hielt er es nicht länger aus. Mit einem Ruck sprang er aus dem Sessel und warf das Buch auf den Tisch. Er reckte und dehnte sich. Ah, das waren noch Kerle da in dem Buch! Der braune Winnetou und Old Shatterhand, die alte Schmetterhand, der unscheinbare alte Trapper, der so gigantische, märchenhaft wirkende Backpfeifen auszuteilen verstand. Was waren alle Kinnhaken und Upper-Cuts der Neuzeit im Vergleich mit diesen pyramidalen Maulschellen! Während Rudi seine gesunden Fäuste betrachtete, kam ihm die zuletzt gelesene Szene in Erinnerung. Wie der hagere kleine Trapper da blitzschnell ausholte, wie es auch ohne Revolver knallte und der baumlange Gegner für Viertelstunden betäubt war. Ach, wenn man doch …! Er reckte die Arme in die Höhe und führte probeweise einen Hieb. Wenn man doch dem ekelhaften langen Schotten, dem Morton, so eine Knallschote, wie Shatterhand es tat, verpassen könnte, und dem nichtsnutzigen Holländer auch eine und besonders dem schuftigen Griechen, dem natürlich gleich zwei, damit der Kerl nicht schief würde!
    Für eine kurze Weile träumte Rudi sich in eine Heldenrolle hinein. Er war Old Shatterhand, und die Mitglieder der Bande hatten dabei nichts zu lachen. Aber – er fuhr sich über die Stirn und kam in die Wirklichkeit zurück – das war ja alles Unsinn. Die Bande trieb ihr Wesen ungestört weiter, und er mußte hier untätig in der Bude sitzen. Unmöglich, das noch länger auszuhalten! Jetzt war Doktor Gransfeld schon seit zwei Tagen in Paris, hatte den schuftigen Griechen hoffentlich bereits gefaßt, und er sollte hier im Lehnstuhl sitzen und sich die Zeit mit Schmökern vertreiben, sollte brav, gesittet und artig sein! »Brav, gesittet und artig«, hatte Herr Rübesam wörtlich gesagt.
    Bei seinem Hin- und Herlaufen war Rudi vor dem Spiegel angelangt; nun fing er an, mit seinem Ebenbild zu sprechen. »Sei brav, Rudi! Sei gesittet und artig! Herr Rübesam hat es dir befohlen.« Er lachte, und sein Spiegelbild lachte ihn wieder an. »Was, Bengel, du lachst? Du willst nicht artig sein?« Unwillkürlich schüttelte er den Kopf, und das Spiegelbild tat das gleiche.
    »Pfui, Rudi, nimm dich zusammen! Ein großer, erwachsener Mensch von achtzehn Jahren darf nicht mehr so kindisch sein.« Er warf einen ernst verweisenden Blick in den Spiegel und drehte sich kurz um.
    Da stand der Tisch, aufgeschlagen lag das Buch darauf. Ein Sonnenstrahl, der breit durch das Fenster fiel, spielte um die leicht vergilbten Seiten. Er griff nach dem Buch und ließ

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