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Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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ausgeknebelt, um neuen Auftrieb zu gewinnen, ihr Leben weiterzufristen, freilich nur für kurze Zeit. Von dem Korb entlastet, wird der Ballon noch mal einen gehörigen Sprung gemacht haben, ist vielleicht sogar noch mal tausend Meter hochgegangen. Aber danach muß ja doch der letzte unerbittliche Fall kommen, den nichts mehr aufhalten kann. Setzen Sie für alle Fälle noch einen zweiten Mann in den Ausguck! Eine treibende Ballonhülle ist weit zu sehen. Die Leute sollen scharf aufpassen. Sie können ihnen sagen, daß der Erfurter Verein eine anständige Belohnung für den Finder des Ballons ausgesetzt hat. Lassen Sie auch nach Norddeich funken, daß die »Saravia« den Korb des »Greif« geborgen hat. Geben Sie als Fundstelle das Mittagsbesteck an.« (Mittagsbesteck bedeutet den um Mittag mit astronomischen Mitteln festgestellten Standort des Schiffes.)
    Der Kapitän ging in den Speisesaal zurück, während der Erste Offizier die erhaltenen Befehle ausführte. Für ihn lohnte es sich nicht mehr, zu dem inzwischen doch kalt gewordenen Kaffee zurückzukehren, da seine eigene Wache in wenigen Minuten begann. —
    Im gewohnten Gleitschritt ging Jensen seit zwei Stunden auf der Brücke auf und ab. Nur gelegentlich unterbrach er seine Wanderung, um einen Blick ins Ruderhaus zu werfen und den Mann am Ruderrad zu beaufsichtigen. »Alle Wetter, Peters, passen Sie auf!« schnauzte er diesen jetzt an. »Der Kahn giert nach allen Richtungen. Halten Sie doch den angegebenen Kurs!«
    Er wollte noch weiterreden, als von dem Ausguck am Fockmast her laute Rufe ertönten. Wie wild fuchtelten die beiden Leute, die er vor kurzem da hinaufgeschickt hatte, mit den Armen und schrien aus vollen Lungen. »Ballon halb Steuerbord voraus!«
    Er blickte dorthin, suchte vergebens und griff nach dem scharfen Glas. Durch das sah er etwas Gelbliches, Kugeliges weit voraus dicht über dem Wasser. Flog’s noch oder trieb’s schon? Er konnte es nicht unterscheiden.
    »Zwei Strich nach West!« kam sein Befehl an den Rudergänger. Dann griff er zum Telephon, und dann stand Lornsen neben ihm auf der Brücke. Unverwandt starrten die beiden Männer auf das gelbe Etwas, das im Laufe der nächsten Viertelstunde immer größer wurde und immer schärfere Formen gewann.
    »Alle Wetter, Käpten, es ist der »Greif«!«
    »Muß wohl, Jensen! Aber der treibt schon. Wenn er bei dem Wind noch flöge, könnten wir ihn nicht so schnell aufholen!« Er blickte auf die Schaumkronen rings umher. »Den Ballon werden wir, denke ich, bergen können. Aber die Leute … ich fürchte, Jensen, da kommen wir zu spät. Zu grob ist die See.«
    Nur noch wenige hundert Meter trennten die »Saravia« von der treibenden Hülle des »Greif«.
    »Sehen Sie das Schwarze an dem Netz, Jensen?«
    »Wo Käpten?«
    »Da! Etwa im ersten Drittel der Ballonhöhe unter dem E und dem I vom Namen Greif.«
    Jensen versuchte sein Glas noch schärfer einzustellen. »Wahrhaftig, Sie haben recht! Das sieht fast wie ein Mensch aus. Als ob sich da einer von der Besatzung in das Netz gerettet und festgebunden hat. Nu ward dat aber Tid, wenn wir den noch lebendig kriegen wollen.« Er griff zum Telephon, denn der Befehl, den er geben wollte, stand nicht auf dem Maschinentelegraphen. »Äußerste Kraft voraus! Stärkste Zylinderfüllung!«
    Kurze Rückfrage aus der Maschine und Bestätigung des Befehls. Ein Schüttern ging durch den Rumpf der »Saravia«. Wild peitschten ihre Schrauben die See, ihre Maschinen gaben das Letzte her.
    Dann lag sie neben der halbgeblähten Hülle, während die Schrauben rückwärts schlugen. In halber Höhe mit einem Strick über der Brust in das Netz geknotet, hing regungslos ein Mensch, ein junger Mensch. Bisweilen erreichte ihn eine hohe Woge und übergoß ihn mit schäumendem Gischt.
    Der Deckkran schwenkte aus. Auf seinem Haken stand ein Matrose, ein Seil in der freien Hand. Jetzt schwebte er neben dem Leblosen. Dann beugte er sich und griff zu. Ein scharfer Schnitt, die Fessel fiel, er hielt ihn im Arm.
    »Hiß on, Tetje!«
    Der Haken ging in die Höhe.
    So kam Rudi an Bord der »Saravia«, besinnungslos, erschöpft bis zum äußersten, dicht an jener schmalen Grenze schon, die Tod und Leben voneinander scheidet. Als kräftige Arme nach ihm griffen und ihn unter Deck trugen, beförderte Monsieur Megastopoulos gerade wieder eine größere Portion, die früher einmal schwarzer Tee gewesen war, in seinen Blecheimer.
    Noch ein zweites Mal ging der Kranhaken nach unten und stieg

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