Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel
fragte Vaubois gelassen. «Plastiksprengstoff. Zwei Sprengkapseln verschiedener Type. Die eine elektrisch durch die Batterie auslösbar, die andere mechanisch durch einen Draht, der in der Kühlerhaube befestigt war. Chuli geht immer auf Nummer Sicher.»
«Was meinen Sie, galt das Ihnen oder mir?»
«Ihnen, René. Ich bin nicht mehr im Geschäft.»
«In welchem Geschäft?» fragte Collier lauter, als er gewollt hatte.
Vaubois winkte unwillig ab. «Ich habe behördliche Verbindungen», sagte er unbestimmt. Dann zu Modesty: «Glauben Sie mir, ich bin entsetzt darüber, fast schuld an Ihrem Tod geworden zu sein.»
«Sie hätten es nicht mehr erlebt.» Sie lächelte flüchtig und fügte trocken hinzu: «Gut, daß Willie Garvin aufgetaucht ist.»
«Er hat es gewußt», sagte Collier, und seine Stimme verriet ebensoviel Respekt wie Erregung. «Er hat wirklich
gewußt
, daß etwas geschehen wird.»
Modesty blickte ihn ironisch-verwundert an. «Das scheint dich ja unglaublich aufzuregen. Mehr als die Vorstellung, daß du mich jetzt stückweise am quai de la Conférence einsammeln könntest.»
«Um Himmels willen, nein, entschuldige bitte.»
Collier strich sich über das hagere Gesicht. Es war jetzt schweißnaß, und er fröstelte innerlich. «Ich bin noch immer ganz durcheinander. Und ich kann mir noch immer nicht erklären, was hier eigentlich vorgeht, Modesty.» Er sah sie verstört an, als stünde plötzlich eine fremde Frau vor ihm.
«Später, Steve.» Sie blickte an ihm vorbei auf Willie, der eben den Kai heraufkam und so grimmig aussah, daß Collier erschrak. Schweigend trat Willie herzu und hob seine Jacke auf.
«Eine Personenbeschreibung von Chuli wäre nützlich», sagte Vaubois.
«Klein von Wuchs, Algerier», erwiderte Modesty.
«Ungefähr ein Meter sechzig groß, rundköpfig, faltiges Gesicht, Anfang Vierzig.»
«Kleidung, Mr. Garvin?»
«Dasselbe, was er im Sarg tragen wird», sagte Willie finster und zog sich die Jacke zurecht. «Du hörst von mir, Prinzessin.» Weg war er.
Modesty warf Vaubois einen flüchtigen Blick zu.
Der schüttelte den Kopf.
«Willie!» rief sie. Jener blieb stehen und sah zurück.
«Laß es bleiben, Willielieb.»
«Bleibenlassen? Herrgott, soll ich zusehen, wie er davonkommt, nachdem er dir eine Plastikbombe gelegt hat, Prinzessin?»
«Sie hat René gegolten.»
«Das ist der Plastikbombe scheißegal.»
«Du sollst es bleibenlassen, Willie», sagte sie scharf.
Colliers Verblüffung wuchs. Während der Entschärfung der Bombe hatte er den Eindruck gehabt, Willie Garvin sei der Chef, aber jetzt führte zweifellos Modesty das Kommando.
Willie Garvin verharrte auf seinem Platz, ohne Anzeichen von Groll oder Trotz, aber mit trauriger Miene. Modesty ging auf ihn zu und zog ihn an den Rockaufschlägen sanft zu sich. Sie sprach leise auf ihn ein, aber was sie sagte, klang weder englisch noch französisch. Collier hatte den Eindruck, daß es Arabisch sei.
Ihre Stimme klang besänftigend und ein bißchen überredend. Willies verkrampfte Miene entspannte sich allmählich. Lächelnd sagte sie etwas, worüber er gegen seinen Willen lachen mußte. Er schüttelte den Kopf und hob ergebungsvoll die Schultern.
Modesty hängte sich in ihn ein, und dann kamen die beiden zu Collier und Vaubois zurück. «Und jetzt fahren wir alle zu mir nach Hause auf einen Drink», sagte sie. «Willie muß ohnehin noch seinen Koffer holen.»
«Wenn ihr die Sprengstoffschachtel mitnehmt, gehe ich zu Fuß», sagte Collier.
Sie lachte. «Das Zeug ist ganz harmlos. Wir halten unterwegs noch bei der Polizei, damit Vaubois es abgeben und Anzeige gegen Chuli erstatten kann.»
«Lassen Sie den Citroën lieber stehen, falls die nachforschen wollen», sagte Willie. «Vielleicht hat Chuli Fingerabdrücke hinterlassen.»
«Ja, das wäre besser», stimmte Vaubois zu. «Sind Sie mit dem Wagen hier?»
«Hab einen Simca dort oben stehen.»
«Steve», sagte Modesty, «geh mit Willie voraus. Wir kommen gleich nach.»
Collier zögerte, folgte aber dann Willie den Kai entlang.
«Chuli ist nur ein Werkzeug», sagte Modesty mit forschendem Blick auf Vaubois. «Wer ist hinter Ihnen her, René?»
«Ich weiß es wirklich nicht,
ma chère
.»
«War das der erste Versuch?»
«Ja, der erste seit vielen Jahren.»
«Aber es kam nicht überraschend für Sie?»
Er lächelte. «Ich bin zu alt, um noch von irgend etwas überrascht zu werden.»
Bekümmert sah sie ihn an. «Ich mache mir Sorgen um Sie.»
Vaubois
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