Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel
Aber sie setzte nur ihre Kraft gegen ihn ein, nicht ihre Geschicklichkeit, und ihre Augen lachten herausfordernd dabei.
Zorn stieg in ihm auf, er kämpfte verbissen und zwang Modesty zu einer Gegenwehr, die bis an die Grenzen ihrer Kraft ging. Sie war sehr kräftig für eine Frau, aber Collier war um gute zehn Kilo schwerer, und sein sehniger Körper verfügte über ungeahnte Ausdauer.
Schließlich, als sie nach langem Ringen nachgiebig und schwer atmend unter ihm lag, wußte er, daß der Sieg ihm geschenkt worden war, und wollte es doch nicht wahrhaben. Modesty war jetzt hilflos, erschöpft, überwunden … er glaubte die Lüge, obwohl er wußte, daß es eine Lüge war – und daß Modesty sie für ihn inszeniert hatte.
Modesty lag jetzt auf der Seite, und er hielt ihr die Arme mit hartem Griff auf den Rücken, während er sich niederbeugte, um ihren Mund, ihren Hals, ihren Körper zu küssen. Sie leistete nur noch schwachen Widerstand und konnte – oder wollte? – ihn nicht mehr abhalten.
Nachdem er ihr lange genug seine wütende Überlegenheit bewiesen hatte, nahm er sie in wilder, lustvoller Raserei, die fast nicht mehr zu ertragen war.
Dann, endlich, kam Friede über ihn. Er merkte kaum mehr, daß Modesty die Decke über sie beide zog und ihn sanft aufnahm in die Wärme ihrer Arme; rasch und hilflos versank er im dunklen Abgrund des Schlafs.
5
Als Collier erwachte, war es neun Uhr morgens. Durch die halbgeschlossenen Jalousien drang helles Sonnenlicht. Modesty Blaise stand neben ihm, in weißem Chiffon-Negligé, mit lose zurückgebundenem Haar, ein Glas in der Hand.
«Ihr Fruchtsaft, Sir.»
Er setzte sich auf und griff nach dem Glas, während zahllose Erinnerungen an die vergangene Nacht in ihm auftauchten.
«Ein Brief für dich ist gekommen», sagte sie. «Nachgeschickt aus London, über das Hotel, in dem du gewohnt hast. Soll ich ihn dir bringen, Darling?»
«Später.»
Sie nickte und setzte sich auf die Bettkante. Er trank den Fruchtsaft und sagte ohne Bitterkeit: «Und danke für die Selbstgefühlstärkung von heute nacht.
Ich hab es dringend nötig gehabt. War sehr gescheit von dir.»
«Gescheit? Mach es nicht kaputt, Steve.»
«Wie könnt ich das? Also, sagen wir – großmütig.»
«Auch das nicht.»
«Du wirst mir doch nicht einreden wollen, daß du es so dringend gebraucht hast wie ich. Dein Selbstgefühl war intakt.»
«Vielleicht will ich das gar nicht so sehr.»
«Was soll das heißen?»
Ihre Hand strich über das Bett. «Das hier ist die einzige Situation, in der ich mich geschlagen geben darf.
Und es ist manchmal gut, zu unterliegen.»
Collier überlegte, was sie da gesagt hatte. Er war jetzt hellwach, sein Verstand arbeitete präzis. «Gestern nacht, in jenem Hof, hättest du dir das zweifellos nicht leisten können», sagte er.
«Eben. Genau das hab ich gemeint.»
Er trank sein Glas leer und stellte es weg. Sie gab ihm eine Zigarette und nahm sich selbst eine. Seine Hand lag leicht auf ihrem Schenkel, während er sagte:
«Ich will wirklich nichts kaputtmachen. Aber ich muß jetzt wissen, was mit dir los ist, Modesty.»
«Ist das so wichtig?»
«Ja. Geheimnisse beunruhigen mich. Wer bist du?»
Sie kraulte sein Haar und verzog ein wenig das Gesicht. «Ich weiß es nicht, Steve. Ich komme von irgendwo auf dem Balkan. Als Kind war ich allein und auf der Flucht vor dem Krieg, viele Jahre lang. Dann kam ich in den Nahen Osten – in Flüchtlingslager, in Beduinenlager. Immer unterwegs. Details spielen keine Rolle.»
«Doch, gerade die spielen eine Rolle.» Er sah sie verblüfft an, als hielte er, was sie sagte, halb und halb für Scherz.
«Nein. Dazu sind es zu viele. Mit achtzehn war ich Bandenführerin in Tanger. Eine kleine Bande, die ich nach und nach international ausgebaut habe.
Sie hieß ‹
Das Netz
›. So wurde ich reich und zog mich zurück.»
Collier wartete, aber sie war offensichtlich mit ihrer Geschichte zu Ende.
«Das läßt aber noch vieles offen», sagte er schließlich.
«Nichts Wichtiges. Ich denke nicht daran, mich auf Hieb und Stich vor dir zu verantworten, Steve.»
«Hieb und Stich? Das paßt nicht übel. Nun gut – und wer ist Willie Garvin?»
«Ich war zwanzig, als ich ihn kennenlernte. Er kam von ganz unten, ist aber ausnehmend gescheit. Im ‹
Netz
› wurde er meine rechte Hand. Wir haben es auch gemeinsam aufgegeben.»
Collier zog an seiner Zigarette. Zu seiner Überraschung fühlte er sich nicht im geringsten abgestoßen, sondern
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