Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel

Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel

Titel: Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
Vom Netzwerk:
erwarten gewesen. Der Grundgedanke der Täuschung war genial. Offene Flucht bedeutete, gejagt und möglicherweise wieder eingefangen zu werden.
    Aber wer würde auf einen Mann Jagd machen, der in diesen tiefen, reißenden Fluß gestürzt und zweifellos auf dem Grund von den Trümmern der Planierraupe zermalmt worden war.
    Modesty blickte ihn fragend an. Er lauschte immer noch auf die Stimmen von unten und dann auf die scharfen Kommandoworte des Unteroffiziers. Abermals nickte er kaum merklich. Unten hatte man keinen Verdacht geschöpft. Die Hauptsorge des Unteroffiziers galt dem Verlust der Planierraupe, deren Bergung, falls sie überhaupt möglich war, mindestens ein paar Tage dauern und bis zu deren Wiedereinsatz gewiß noch längere Zeit vergehen würde.
    Nur eines machte Krolli Sorgen. Er blickte nach Willie, der jetzt ebenfalls flach auf dem Boden lag, und wandte dann den Kopf in die Gegenrichtung. Hinten, nur einige Meter weiter auf dem schmalen Pfad, lag der Wachtposten in tiefer Bewußtlosigkeit. Krolli bemerkte ein dünnes Blutgerinnsel hinter seinem Ohr.
    Das war brenzlig. Wenn der Kerl zu sich kam oder jemand auftauchte, der nach ihm suchte, dann war die Täuschung durchschaut. Wieder sah er Modesty an. Sie wußte, was er dachte, und lächelte ihm mit beruhigendem Kopfschütteln zu.
    Na schön. Krolli konnte sich zwar keinen Reim darauf machen, aber wenn Mam’selle alles in Ordnung fand, dann war’s auch in Ordnung.
    Jetzt zog Willie das Seil ein und wickelte es auf.
    Modesty war dabei, die Lederschlaufe von ihrem Arm zu schnallen. Die Finger ihrer linken Hand, mit der sie sich in den Felsen gekrallt hatte, waren blutig. Krolli wälzte sich auf die Seite, löste die Schnalle und steckte die Lederschlaufe in seine Tasche. Modesty gab ihm ein Zeichen und begann nun auf Willie zuzurobben, der sich indessen, gleichfalls robbend, pfadaufwärts entfernte. Krolli folgte den beiden.
    Nach drei Minuten, als ihnen der Berghang genügend Schutz bot, konnten sie sich gebückt weiterbewegen. Sie hielten sich nahe hintereinander. Willie ging voran. Keiner sagte ein Wort.
    Krolli fühlte eine tiefe Befriedigung, die aber nichts mit der gelungenen Flucht zu tun hatte. Das würde erst später kommen. Ihm war, als sei er wieder zu Hause in der guten alten Zeit. Mam’selle war da und Willie, und da gab es keinerlei zeitraubende Fragen oder Bedenken, alles lief wie am Schnürchen, methodisch, zweckmäßig und sinnvoll.
    Er fragte sich nur, weshalb sie ihn herausgeholt hatten. Das ‹
Netz
› war keine von ergebenen Leuten gegründete karitative Einrichtung gewesen, vielmehr eine harte und gefährliche Organisation, die von der Frau – damals noch dem Mädchen –, die das Ganze leitete alle Eigenschaften eines Tierbändigers verlangte. Krolli war einer ihrer bevorzugten Unterführer gewesen, einer aus jener Handvoll Männer, die ihr nahestanden, ihr Vertrauen genossen und ihr gegenüber loyaler waren als die üblichen kleinen Gangster am Rande der Organisation.
    Aber es war sicher nicht um der alten Zeiten willen, daß die beiden nun hier waren. Krolli wußte das und nahm es nicht übel. Damals, als Mam’selle das ‹
Netz
› aufgelöst hatte, war sie deutlich genug gewesen.
    Er hörte noch, wie sie an jenem warmen Sommertag in ihrem Haus in Tanger zu ihm gesagt hatte: «Du kannst den Athener Zweig übernehmen, Krolli. Ich weiß nicht, wieviel du während der letzten Jahre für dich auf die Seite gebracht hast, aber wenn du dich lieber zur Ruhe setzen willst, dann geb ich dir statt dessen eine Anweisung auf 12000 Dollar.»
    «Nein – jetzt möchte ich mich noch nicht zur Ruhe setzen. Vielleicht in ein paar Jahren …»
    «Gut, gut. Ich dränge niemandem meinen Rat auf.
    Du bist jetzt alt genug, Krolli, ich werd mich um dich nicht mehr kümmern. Wenn du Schwierigkeiten hast, will ich nichts davon wissen.»
    «In Ordnung, Mam’selle», hatte Krolli lächelnd erwidert. «Ich hab eine Menge gelernt und werd aufpassen.» Dann hatte sie zustimmend genickt. «Ich möchte mich nicht in deine Angelegenheiten mischen, aber eines will ich dir doch noch sagen: werd nicht habgierig, bleib nicht im Geschäft, bis es zu spät ist.»
    «Ich werd mich dran halten. Danke schön, Mam’selle.»
    Sie hatte die Schultern gezuckt und nachdenklich aus dem Fenster geblickt, die grünen Hänge hinunter bis zu den stillen blauen Fluten der Enge von Gibraltar. «Ich hab aus dem dummen Gauner, der du warst, einen sehr schlauen gemacht, Krolli.

Weitere Kostenlose Bücher