Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
Vom Netzwerk:
machte es ihr nichts mehr aus.
    Sie legte einen Mullverband auf die Wunde, befestigte ihn mit Leukoplast, legte ein Handtuch über Lisas Bauch und deckte sie mit der Decke zu. Als sie aufstand, ein wenig gebückt wegen der niedrigen Decke der Höhle, spürte sie, wie ihre Zähne klapperten. Willie Garvin erhob sich und legte ihr die Hände auf die schweißnassen Schultern. «Weißt du, daß du gegen das Gesetz verstoßen hast?» sagte er feierlich. «Du hast keine Approbation.»
    Sie lachte, und das Zittern wich einem warmen Gefühl der Erleichterung. «Glaubst du, sie wird es überstehen?» fragte sie Giles.
    «Wie? Na ja, ich glaube, sie wird dir für diese Stiche nicht gerade dankbar sein.» Er kicherte heiser. «Sie sind nicht viel besser als meine.»
    «Ich hab noch nie nähen können. Wird sie durchkommen?»
    «Ich wüßte nicht, warum nicht.» Er runzelte die Stirn. «Ich mache mir mehr Sorgen wegen ihrer Stimmen als wegen der Operation. Das gefällt mir gar nicht.»
    «Stimmen?» Sie begann sich in frischem Wasser die Hände zu waschen. Sie erinnerte sich jetzt vage, vor dem Beginn der Operation etwas über irgendwelche Stimmen gehört zu haben. «Was hat sie gesagt, Giles? Ich habe nicht zugehört.»
    «Es scheint, daß sie unter Halluzinationen leidet. Sie hört Stimmen wie die Jungfrau von Orléans, bloß daß sie ihr nicht sagen, sie müsse Frankreich retten, sondern ihr ziemlich fiese Sachen einflüstern. Das ist der Grund, warum sie Brunel ein Messer reingestoßen hat. Sie haben es ihr befohlen.»
    «Das war doch keine schlechte Idee», sagte Willie und packte die gebrauchten Tupfer zusammen.
    «Mir geht’s nicht um Brunel. Aber wie ich sie verstanden habe, mußte sie auf Befehl der Stimmen schon seit langem noch ganz andere Sachen machen. Seit Jahren.»
    «Jetzt erinnere ich mich», sagte Willie nachdenklich.
    «Sie hat immer so ausgesehen, als lauschte sie. Das ist mir oft aufgefallen, wenn wir zusammen waren.»
    Giles nickte. «Akustische Halluzinationen», sagte er düster. «Sehr bedenklich. Ich fürchte, sie wird in den Händen eines Psychiaters enden. Ich traue diesen Kerlen selbst nicht über den Weg – den Leuten Elektroschocks durchs Gehirn jagen, und was sie sonst noch alles machen. Barbaren.»
    «Darüber kannst du dich später aufregen», sagte Modesty. «Es wird erst aktuell, wenn wir hier raus sind. Hast du schon einen Plan, Willie?»
    «Ich habe ausgemacht, daß der Helikopter morgen um 18 Uhr kommt, um uns abzuholen. Er wird ungefähr drei Kilometer östlich von hier landen, an derselben Stelle, wo er mich gestern abgesetzt hat. Das heißt, wenn wir ihm ein Signal geben. Wenn nicht, kommt er nicht wieder. Ich hab mir gedacht, daß ich es entweder in 36 Stunden schaffen oder nie mehr hier rauskommen würde. Wenn wir also das Stelldichein verpassen, müssen wir zu Fuß über die Grenze. Mehr konnte ich nicht erreichen, Prinzessin.»
    Sie lächelte. «Das ist viel mehr, als ich mir erhofft hatte. Wird sie bis dahin einen Transport über drei Kilometer auf der Trage aushalten, Giles?»
    «Morgen abend? Ja, sicher. Nach 24 Stunden sollte sie sich sowieso schon ein bißchen aufsetzen.»
    Willie kniete neben Lisas Kopf nieder, schaute sie an und empfand ein sonderbares Mitleid mit ihr. Er bemerkte, daß Giles ihr wieder die Hand hielt und sie gedankenverloren betrachtete. Er sagte: «Willst du die ganze Nacht da sitzen? Du könntest auch ein bißchen Ruhe gebrauchen.»
    «Nein, laß mich nur. Gerade jetzt braucht sie mich.»
    Neugierig erkundigte sich Willie: «Giles, hast du vor, sie gesundzubeten oder so was?»
    «Wie? Ach, sei nicht blöd.»
    «Also was dann?»
    «Ich denke nur über sie nach, das ist alles.»
    «Und was denkst du da?»
    «Verdammt noch mal, ich weiß es nicht. Ein Mensch ist doch so vielschichtig. Jeder Mensch, meine ich. Du kannst sie nicht nur mal schnell angucken, und schon
kennst
du sie. Sie ist völlig durcheinander, das arme Ding. Ich versuche, sie mir so vorzustellen, wie sie sein sollte, wenn alles wieder in Ordnung ist.»
    «Du bist kein Arzt, Bruder. Du bist ein Schamane. Ein Medizinmann.»
    Giles lachte belustigt.
    «Du kannst ruhig lachen», sagte Willie, «aber …» Er brach ab und beugte sich tiefer hinab. «Verflixt, ich kann sie nicht mehr atmen hören.»
    «Nur ruhig, sie atmet noch. Der Puls ist hübsch kräftig. Daß du sie nicht atmen hörst, liegt daran, daß sie so gleichmäßig atmet, langsam und ohne jedes Geräusch, das ist alles. Es ist ein

Weitere Kostenlose Bücher