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Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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etwas – Raoul suchte nach dem richtigen Ausdruck – etwas Ungutes. Es war keine heitere Gelassenheit, eher die Ruhe eines innerlich toten Menschen. Vielleicht war es das. Ein Grab ist ruhig, aber wenn man hineinschauen könnte, würde man vielleicht dasselbe Unbehagen verspüren, das einem dieser Mr. Brunel einflößte – Raoul riß sich von diesen sonderbaren Gedanken los; er ärgerte sich über sich selbst. Natürlich mußte er seine Gäste sorgfältig taxieren, das war sogar sehr wichtig. Aber seiner Phantasie derartig die Zügel schießen zu lassen, war absurd.
    Er setzte sein freundliches, höfliches Lächeln auf und ging von einem Tisch zum andern.
    «Alles nach Wunsch, Miss Blaise?»
    «Ja, ausgezeichnet, Raoul, danke.»
    «Das freut mich. Sie waren verreist. Irgendwo im Süden, nehme ich an.»
    «Ja, ich bin eben erst aus Tansania zurück.»
    «Ich hoffe, es war eine interessante Reise. Schön, Sie wieder bei uns zu sehen, Madame.»
    «Danke, Raoul.»
    Raoul nickte Willie Garvin zu, machte eine tiefere Verbeugung vor Modesty und entfernte sich. Giles Pennyfeather schaute auf den Haufen Fischgräten auf seinem Teller und sagte: «Ich glaube nicht, daß er billigt, was ich dieser Seezunge angetan habe.»
    «Wenigstens war sie tot», tröstete ihn Willie. «Ich meine, es wäre was anderes, wenn es sich um einen deiner Patienten gehandelt hätte.»
    Pennyfeather grinste. «Seit ich wieder hier bin, habe ich keine Gelegenheit mehr, mich als Chirurg zu betätigen. Draußen bei den Wilden hat man’s gut, aber hier sagen wir bloß: ‹Ah, das ist aber ein häßlicher Furunkel, den Sie da am Hals haben. Gehen Sie mit diesem Brief in die Klinik und lassen Sie ihn sich dort aufschneiden.› Wirklich jammerschade. Ich möchte verhindern, daß meine Hand aus der Übung kommt.» Er sah Modesty an. «Wie geht’s übrigens deinem Allerwertesten, Liebling?»
    Sie seufzte. «Giles, eine Woche lang hast du mich nicht mehr danach gefragt, und ausgerechnet jetzt fängst du damit an, noch dazu so laut, daß es das halbe Lokal hört.»
    «Oh, entschuldige. Aber ist er in Ordnung?»
    «Ja, danke.» Sie schaute zu Fraser hinüber und sagte:
    «Eine kleine Schnittwunde.»
    Fraser zuckte mit den Achseln. «Da haben Sie Ihr Tansania. Eine Bande von Messerstechern.»
    Pennyfeather belehrte ihn: «Aber nein, es war gar kein Eingeborener …» Sie unterbrach ihn. «Mr. Fraser ist so höflich, keine neugierigen Fragen zu stellen, Giles.»
    «Ah, ich verstehe schon. Du möchtest keine allgemeine Diskussion über deinen Allerwertesten, nicht wahr? Ja also dann, worüber sprachen wir gerade?» Sein Blick fiel auf die Überreste der Seezunge, während der Kellner die Teller abräumte. «Ach ja, Patienten aufschneiden. Wissen Sie, als ich Medizinstudent war, war das erste, was ich zu sezieren bekam, ein Arm. Ein Unterarm, genauer gesagt.»
    «Der rechte oder der linke?» erkundigte sich Willie.
    «Das konnte ich nicht mehr feststellen. Das war nämlich so: kaum hatte ich das Messer in die Hand genommen und mich über das verflixte Zeug hergemacht, war ich auf einmal weg. Als ich wieder zu mir kam, hatte ich einen dicken Verband um die Brust und lag in einem Krankenhausbett. Ich war in das Messer gefallen und hatte einen sieben Zentimeter langen Schnitt in den Rippen.» Er lachte belustigt auf. «Ich weiß noch gut, was der alte Merrydew dazu sagte. ‹Ein paar Zentimeter weiter rechts, Pennyfeather›, sagte er, ‹bloß ein paar Zentimeter, und Hunderten zukünftiger Patienten wäre das Schicksal erspart geblieben, von Ihnen verarztet zu werden.› Natürlich machte er bloß Spaß.» Pennyfeather wandte sich an Fraser. «Und was machen Sie beruflich, alter Junge, wenn ich fragen darf?»
    «Ich bin Beamter.»
    «Ach, wirklich? Interessante Position?»
    «Faszinierend. Unser neues System, Export-Import-Zahlen zusammenzutragen, ist ungeheuer aufregend. Einfach toll.» Fraser nickte gemessen, so als sei er schon allein von dem Gedanken tief ergriffen.
    «Also das finde ich gut. Ich selbst verstehe nicht allzuviel von dem Verwaltungskram», gestand Giles offenherzig, «aber es wäre trotzdem nett von Ihnen, wenn Sie mir dieses System erklären würden.»
    Fraser hörte auf zu nicken und starrte ratlos in die Luft. Seine gewohnte Schlagfertigkeit ließ ihn plötzlich im Stich, als Pennyfeather in aller Unschuld seine Worte für bare Münze nahm. Er wußte, daß Willie und Modesty ihm diese Schlappe ein bißchen gönnten.
    «Es ist – äh –

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