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Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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hätte, daß es entdeckt war, hätte das einen zusätzlichen Verlust und einen neuen Kummer für sie bedeutet. Giles hatte das gewußt, hatte es sofort mit dem unglaublich subtilen Instinkt erspürt, der ihm eigen war, und er wollte ihr nicht noch mehr Kummer machen. Er hatte ihr gerade eine schreckliche Nachricht überbracht, und im Augenblick betrachtete er sie als seine Patientin. «Bei meinen Patienten muß ich manchmal alle möglichen Listen anwenden …», hatte er vor weniger als zwölf Stunden gesagt; und Modesty begriff, daß das die Wahrheit war, daß er nur in diesem Zusammenhang fähig war, mit all der Überzeugungskraft zu lügen, die seine Unschuld ihm verlieh.
    Madame Nowikow brachte die Kaffeekanne vom Herd und goß schwarzen Kaffee in die großen, irdenen Becher. «Holen Sie jetzt den Herrn von draußen herein?» fragte sie. Giles wollte aufstehen, aber Modesty hielt ihn zurück. «Nein, Giles.» Dann sagte sie zu Madame Nowikow: «Er muß weiter Wache stehen, Madame. Aber keine Sorge, ich werde ihn bald ablösen, und dann kann er essen.»
    Die Russin schien besorgt. «Das ist nicht gut», sagte sie. «Sehr kalt draußen. Besser, wenn er seinen Kaffee jetzt bekommt, damit er warm wird. Ich werde ihm Kaffee bringen.»
    «Ich werde ihn ihm selbst bringen. Sie dürfen nicht hinausgehen, Madame.» Modesty nahm ihre Windjacke. «Und ich werde meinen Becher mitnehmen, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Ich will mich ein bißchen mit ihm unterhalten.»
    Sie war froh, aus dem Haus herauszukommen, und bemerkte plötzlich ein wenig beschämt, daß sie sich für Madame Nowikow nicht erwärmen konnte. Sie mußte sich anstrengen, um Mitleid mit ihr zu haben. Vielleicht war es die stumpfe Resignation der Frau, was sie so bedrückte. Giles schien das nicht zu spüren, aber Giles war natürlich beinahe vollkommen selbstlos. Sie schnitt eine Grimasse über ihre eigene Unzulänglichkeit und ging vorsichtig über den mondhellen Hof und einen schmalen Pfad entlang, der zu einem Nebengebäude führte.
    Willie Garvins Stimme sagte leise: «Hierher, Prinzessin.» Er stand im tiefen Schatten an der Ecke des kleinen Holzhauses und war beinahe nicht zu sehen, bis sie nur noch vier Schritte von ihm entfernt war.
    «Kaffee, Willie, Liebling. Sie machte sich Sorgen, du könntest frieren, deshalb mußte ich ihn dir herausbringen.»
    «Danke, Prinzessin.» Er nahm den Becher, und sie stellte sich neben ihn in den Mondschatten. «Du hättest dir nicht solche Umstände zu machen brauchen.»
    «Es ist besser, wenn sie eine Weile mit Giles allein bleibt. Er versteht sich mit ihr.»
    «Ja.» Er schlürfte dankbar den Kaffee. «Mann, hat die viel Zucker reingetan.»
    «Sie hat nicht gefragt, wieviel Löffel wir möchten. Wir müssen ihn so nehmen, wie wir ihn bekommen. Uff! Jetzt weiß ich, was du meinst.»
    «Macht nichts. Hauptsache, er ist heiß.»
    «Genau. Außerdem plünderte sie ihre Speisekammer. Wir werden uns um Proviant kümmern müssen, wenn es länger dauert, Willie.»
    «Hm. Aber ich schätze, Brunel wird nicht lange auf sich warten lassen.»
    «Ich auch. Was hältst du von Madame?»
    «Ich hab sie ja nur ganz kurz gesehen. Nichts Besonderes. Früher mal ganz hübsch gewesen, vielleicht, aber ein bißchen langsam im Oberstübchen.»
    «Sie kennt die Koordinaten. Nowikow hat ihr die Zahlen genannt. Aber sie sagt sie nicht weiter. Niemandem.»
    «Brunel würde sie sie schnell sagen; wenn er Chance auf sie losließe. Wie gehen wir vor, wenn sie kommen?»
    «Soweit ich es überblicke, haben sie nichts zu befürchten; sie haben es ja bloß mit einer Frau zu tun. Ich nehme deshalb nicht an, daß sie sich zu Fuß anschleichen werden. Ich denke, sie werden im Auto kommen, auf dem Feldweg. Wir werden sie schon ein paar Minuten vor ihrer Ankunft sehen. Sie können – nein, warte mal. Wenn sie bei Tage kommen – nein, ich meine bei Nacht …» Sie verstummte, versuchte ihre Gedanken zu ordnen, die plötzlich verwirrt schienen.
    «’tschuldigung … Was hast du gesagt, Prinzessin?»
    Sie lehnte sich mit dem Kopf an das Holzhäuschen, versuchte nachzudenken, wunderte sich ein bißchen, daß Willies Stimme so verschwommen klang. «Hör zu, Willie … Ich hab gesagt …» Aber was hatte sie denn sagen wollen? Es schien ihr entfallen zu sein.
    Etwas fiel auf den Boden und zerbrach, und Flüssigkeit spritzte über ihre Füße. Der Kaffeebecher war ihr entglitten. Alles entzog sich ihr, wurde kleiner und kleiner. Etwas stieß schwer gegen

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