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Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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sich, Kopf an Füße, neben mich legen, einen Fuß gegen meine linke Achselhöhle stemmen, mein Handgelenk packen und mit einem kräftigen Ruck den Knochen wieder in die Pfanne schnappen lassen. Das war es auch, was sie tat. Als ich wieder zu mir kam, war es, als erwachte ich in einer neuen Welt.
    Wenn Sie jemals ein Gelenk eingerenkt bekamen, werden Sie wissen, wovon ich spreche. Die Schulter tat weh und war wund, aber das Feuer und der schneidende Schmerz von den überdehnten Sehnen waren verschwunden, und ich konnte mich ohne allzu große Schwierigkeiten bewegen.
    Sie saß auf der Bettkante und sah – halb lächelnd, halb besorgt – auf mich herab. Ich bin acht Jahre älter als sie, aber manchmal gibt sie mir das Gefühl, ein kleiner Junge zu sein, der mit einem zerschundenen Knie angelaufen kommt und «Heile, heile Segen» hören möchte. Ich lachte sie an, und mein Lachen war echt.
    In der nächsten Sekunde war sie wieder auf den Füßen und lief zur Tür. Ich muß noch immer ein wenig betäubt gewesen sein, denn ich hatte nichts gehört.
    Die Tür öffnete sich, und ein Mann kam herein, derselbe Mann, der sie vor zehn Minuten gebracht hatte. Er trug keine Jacke, und in seinem Schulterhalfter steckte ein Revolver. Ich griff nach dem Messer in meinem offenen Anorak. Das ist – abgesehen vom geschickten Hinfallen – auch etwas, was ich gewöhnlich zustande bringe: ein Messer ziehen und es ohne großen Zeitverlust werfen. In etwa drei Zehntel Sekunden.
    Diesmal hätte man jedoch keine Stoppuhr gebraucht, eher vielleicht einen Kalender. So blieb alles der Prinzessin überlassen, deren Hände immer noch mit dem verdammten Stacheldraht gefesselt waren.
    Was als nächstes geschah, beweist, wie unglaublich rasch sie denkt. Sie warf sich, Füße voran, ihm entgegen, jedoch nicht, um ihn zu Fall zu bringen, denn wäre er im Korridor zu Boden gegangen, hätte das zuviel Lärm gemacht.
    Er bewegte sich immer noch vorwärts und erfaßte eben erst die Situation, als ihre Beine sich um seinen Hals schlangen. Dabei drehte sich ihr ganzer Körper, so daß sie mit dem Gesicht nach unten in der Luft hing, seinen Hals zwischen ihren überkreuzten Schienbeinen eingezwängt und ihre Füße hinter seinem Hals verschränkt. Sie hielt die Umklammerung, während sie mit den Handflächen gegen den Boden schlug und die Drahtstacheln sich in ihr Fleisch gruben. Im selben Augenblick zog sie den Kopf ein und warf sich mit ungeheurer Kraft in eine Rolle vorwärts. Der Mann vor ihren Füßen wurde über sie geschleudert, während sie die Rolle beendete. Er flog, Kopf voran, durch die Luft, parallel zum Bett – wie eine Angelschnur der Rute nachfliegt, wenn man auswirft.
    Er segelte einen guten Meter durch die Luft, während sie ihren Griff hielt, und danach noch weitere zwei Meter. Sein Kopf prallte mit einem dumpfen, häßlichen Ton knapp neben mir an die Wand. Mein einziger Beitrag zu dieser Angelegenheit war, daß ich – da ich wußte, was kommen würde – beide Beine herumschwang, so daß sie unter seinem Körper zu liegen kamen, um den Fall abzufangen, nachdem er gegen die Wand geflogen war. So ging alles fast lautlos vor sich.
    Ich hievte ihn von meinen Beinen, setzte mich auf die Bettkante und sah auf seinen Kopf hinab. Er war oben unnatürlich flach, wie ein Ei, das man mit dem Löffel aufgeschlagen hat, und durch sein Haar tropfte Blut. Als die Prinzessin wieder auf die Beine kam, sagte ich: «Falls in diesem Schloß ein Gespenst benötigt wird, wäre dieser Kerl ein geeignetes Subjekt.»
    «Es geschah mit Absicht», sagte sie, setzte sich neben mich und streckte ihre Hände aus. Als ich die Hände anschaute, verstand ich sehr gut, warum es mit Absicht geschah. Ich begann mich mit den Drahtenden zu beschäftigen. Sie waren fest zusammengedreht, und ich verwendete die Scharte des Glasschneiders, um sie langsam auseinanderzubiegen.
    Es dauerte einige Minuten, und wir unterhielten uns im Flüsterton. Man hatte sie in Benildon im Stall erwischt. Sie ging hinein und sah sich drei Revolvern gegenüber. Man betäubte sie, lud sie in ein Auto und brachte sie hierher. Sie war jetzt seit 36 Stunden hier.
    Endlich lösten sich die Drahtenden. Ich nahm die kleine Hausapotheke aus dem Sack, betupfte ihre Handgelenke mit Jod und legte einen Verband an. Sie zog ihre zerrissenen Slacks aus und lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Bett, während ich die Wunden auf ihren Hüften verarztete. Ich erzählte ihr meine Erlebnisse und wie ich so

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