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Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Boden, und die Explosion reflektierte nach oben, dann hatte sie, wenn sie sich fest auf den Boden preßte, eine gute Chance. Sie, aber nicht Jimson.
    Die Wange auf die Erde gepreßt, beobachtete sie, wie die Granate über ihrem Kopf vorbeiflog, und sah Jimson scheinbar auf genau der gleichen Stelle wie zuvor. In der halben Sekunde, die seit ihrem Zuruf vergangen war, konnte er sich höchstens einen Schritt bewegt haben.
    Sie schrie: «
Granate
!», und im gleichen Augenblick sah sie, daß er die Granate bemerkte, die in einem Bogen zu seiner Rechten niederging. Sein Schritt änderte sich. Sein ganzer Bewegungsrhythmus änderte sich, und plötzlich bewegte er sich mit eleganter Grazie vorwärts, seitwärts – rasch und geschickt.
    Er fing die Granate, einen halben Meter, bevor sie den Boden berührte, mit ausgestrecktem Arm auf. Sie sah, wie sein Arm unter dem Gewicht nachgab, sich wieder straffte, beugte und im Werfen wieder streckte.
    Er lehnte sich seitwärts und nach hinten, um sein ganzes Körpergewicht in den Wurf zu legen.
    Die Granate flog in einem Meter Höhe über ihren Kopf hinweg. Es war der harte Flachwurf des erfahrenen Kricketspielers, des erstklassigen Verteidigers, der den Ball mit jenem peitschengleichen Schwung von Gelenk und Arm zurückgibt; der Wurf eines Mannes, der bei zehn Würfen aus zehn Meter Entfernung die Querhölzer sechsmal trifft.
    Aus dem Pferch kam das Bellen von Schüssen. Jemand hatte Jimsons sich bewegende Gestalt auf dem Plateau erspäht. Doch er hatte sich schon wieder hingeworfen und war nicht mehr zu sehen. Sie war instinktiv zusammengezuckt, als Jimsons Wurf die Granate über ihren Kopf jagte. Jetzt sah sie das sich in der Luft drehende Geschoß über den Pferch niedergehen.
    Die Granate hatte eben die Mauer passiert, als sie zwei Meter über den kauernden Männern explodierte. Die Stille, die über dem Tal lag, als die Explosion und ihr Echo verklungen waren, hatte etwas Traumartiges an sich. Sie wurde bloß durch eine einzige Stimme unterbrochen, ein schwaches Wimmern aus dem Pferch, und durch das Geräusch von Modestys laufenden Füßen. Sie hatte in ihrem Leben manch eine Überraschung erlebt, aber kaum eine war so verblüffend gewesen wie diese. Doch ihr gut trainierter Instinkt überwand den Schock und veranlaßte sie, bevor noch das Echo verklungen war, die Rampe hinunterzulaufen. In fünf Sekunden hatte sie, das Gewehr schußbereit, den Pferch erreicht und ging um die runde Mauer zu der hinten gelegenen Öffnung. Jetzt war es an der Zeit, die Dinge zu beenden. Eine bessere Zeit würde nicht mehr kommen.
    Aber es gab nichts zu beenden. Das schwache Wimmern hörte abrupt auf, als sie den Spalt in der Steinmauer erreichte. Drinnen erwartete sie einer der häßlichsten Anblicke, die sie jemals gesehen hatte, und ihr Mund wurde trocken, obwohl sie sich gegen die erwartete Übelkeit gewappnet hatte. Die Sprengkraft einer Granate richtet an einem menschlichen Körper nichts Schönes an.
    Sie warf einen kurzen Blick auf die Männer, die auf dem Lagerplatz herumlagen. Niemand rührte sich. Sie hob das Gewehr und winkte Willie. Ein Knirschen von Fußtritten, und Jimson stand neben ihr. Er sah in den Pferch, rang nach Atem und übergab sich. Sie blickte ihn nicht an, sondern legte ihr Gewehr ab und ging in den Pferch, um die zerfetzten Körper nach einem Lebenszeichen zu untersuchen. Eine grausige Aufgabe.
    Eine Minute später fragte Jimson mit zitternder Stimme: «Sind sie …
alle
tot?»
    Sie hob den Körper eines Mannes auf, der mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden lag, ließ ihn wieder fallen und richtete sich auf. «Ja, sie sind alle tot. Wenn man zwei Meter von einer explodierenden Granate entfernt ist, hat man wenig Chancen. Und die Splitter müssen in diesem Pferch umhergesaust sein wie ein Hornissenschwarm.»
    «Guter Gott», sagte er bebend und fiel auf die Knie.
    Willie Garvin kam den Hügel herunter. Die Mädchen erschienen am Fuß der Rampe. Sie rief ihnen zu, zu bleiben, wo sie waren, nahm die AKM und ging zu den Männern hinüber, die während der ersten Minuten des Feuergefechts zu Boden gegangen waren. Modesty stellte fest, daß die angebundenen Maultiere unverletzt waren.
    Drei Männer waren am Leben. Einer war bewußtlos. Die beiden anderen hatten alle Feindseligkeit verloren; ihre Gesichter waren bleich vor Schmerz und Angst. Sie sammelte alle Gewehre ein und brachte sie an einen sicheren Platz. Dann begann sie eine kurze Untersuchung. Sie kniete neben

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