Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten
Behandlung in die Stadt, würden sie sterben.
Willie Garvin sagte: «Wie war das mit der Granate, Prinzessin? Ich konnte es von oben nicht genau sehen, aber es war ein brillanter Wurf.»
Sie bewegte den Kopf und deutete auf Jimson, der immer noch neben dem Pferch kniete. «Es war der Pfarrer. Er hat in Cambridge Kricket gespielt. In genau einer Sekunde sauber und präzis gefangen und zurückgegeben.»
Willie pfiff leise vor sich hin. Dann grinste er und sagte: «El Mico hätte ein paar von seiner Sorte gebrauchen können.»
«Kaum.» Sie lächelte frostig. «Bis zu dieser Granate hat Jimson alles und jedes durchkreuzt und verhindert. Ich werde es dir später erzählen.»
Sie ging, von Willie begleitet, zum Pferch hinüber.
Jimson sah auf, als sie stehenblieben. Er kniete noch immer mit gefalteten Händen. In seinen Augen lag ein Meer von Kummer. Mit leiser, zitternder Stimme sagte er: «In einem hatten Sie recht … Ich sah niemals das wirklich Böse. Heute habe ich es zum Greifen nahe gesehen. Heute tat ich einen Blick in die Hölle.»
Er stand langsam auf. Modesty sah auf das Gemetzel im Pferch und sagte erschöpft: «Nein. Sie waren nicht besonders böse, Mr. Jimson. Bloß arm und primitiv. Und tierisch.»
Er starrte sie verständnislos an. «Ich meinte nicht diese hier.»
Sie sah Willie an, dann wieder Jimson und zog eine Braue hoch. «Vielleicht uns?»
Jimson schüttelte langsam den Kopf, wie ein Mann in Agonie. «Nicht Sie oder Ihren Freund.
Mich
, Miss Blaise.»
Willies Gesicht war ausdruckslos. Modesty sagte geduldig: «Sie haben sich einer Granate entledigt, die uns getötet hätte. Sie warfen, und sie fiel irgendwo herab.»
Wieder schüttelte er den Kopf. «Nein … ich hätte sie überallhin werfen können», flüsterte er in tiefster Verzweiflung und vergrub das Gesicht in den Händen. «Ich habe das Blut von fünf Menschenwesen auf dem Gewissen.»
«Besser als Ihr Blut auf deren Gewissen», sagte Willie fröhlich. «Was sie mit dem dicken Mädchen machten, war bloß der Beginn. Es gab nur zwei Möglichkeiten, wie es ausgehen konnte. Das war die bessere.»
«Nein!» rief Jimson wie im Fieber. «Es kann
niemals
die bessere Lösung sein. Ich habe mich selbst verraten.»
Modesty zuckte die Achseln. Im Geist wog sie das Für und Wider der Entscheidung ab. San Tremino oder Orsita? Lebte García noch? Wie lange? Die verwundeten Rebellen zurückbringen und dem Henker ausliefern? Oder sie hier sterben lassen? Wie kompliziert doch alles war!
Seltsam, obwohl Jimson ihr Ärger und Schwierigkeiten bereitet hatte, fühlte sie Mitleid mit ihm – sogar eine Art Zuneigung. Er war zwar hoffnungslos überspannt, aber das war nicht seine Schuld. Sie achtete seine Redlichkeit und seinen Mut. Und vielleicht gab es in seiner realitätsfernen Besessenheit irgendwo ein Körnchen Wahrheit, das eines Tages aufgehen und Früchte tragen würde – in einer anderen Zeit, in einer anderen Welt.
Aber nicht jetzt. Und nicht hier, in der Welt von heute.
Sie berührte Willies Arm und wandte sich ab. «Mach die Maultiere marschbereit, Willie, Liebling Wir werden die Verwundeten aufladen.»
«Okay. Du nimmst sie also mit?»
«Ja. Den langen Weg nach San Tremino. Vielleicht halten sie nicht durch, aber wenn der Arzt in Orsita nur im entferntesten dem Mechaniker gleicht, tun wir ihnen damit etwas Gutes. Und wenn sie hängen müssen …» Sie zuckte die Achseln. «Morgen ist immer noch ein besserer Tag zum Sterben.»
Als Willie zu den Maultieren ging, hob sie den Arm und winkte den Mädchen. Auch Rosa würde ärztliche Behandlung brauchen, und in San Tremino gab es ein Krankenhaus.
Sie hoffte, daß García noch am Leben sein würde.
Die Sonne war heiß, und ihr Kopf schmerzte. Es war ein langer, mühevoller Tag gewesen. Sie ging hinüber und half Willie, die Maultiere loszubinden.
Eine ideale Nacht, um sich den Hals zu brechen
«Darüber wird nicht debattiert», sagte Stephen Collier bestimmt und ließ die Rechnung verschwinden, bevor Willie Garvin sie nehmen konnte. «Sollte jemand Schwierigkeiten machen, so werde ich dich und diese Weibsperson ersuchen, mit mir hinauszukommen, und wir entscheiden die Frage mit den Fäusten.» Er starrte Modesty Blaise drohend an.
Dinah, seine kanadische Frau, zart, hübsch und mit honigfarbenem Haar, sagte: «Das täte ihnen gut, Tiger. Wie sehen sie aus?» Dinah war seit ihrer Kindheit blind.
«Blaß», sagte Collier und zählte die Scheine auf den Teller. «Modesty zittert vor
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