Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
Kaffeekirschen getrocknet; sie mußten nun in dem großen Lagerschuppen am Westrand von Limbo mit der Hand enthülst werden. Es war eine mühevolle Beschäftigung, und jeweils eine Abteilung war in Schichtarbeit damit beschäftigt. Die beiden anderen Abteilungen hatten in der Pflanzung zu tun, die eine diesseits, die andere jenseits der Hauptstraße. Sie hackten und jäteten die Felder und reinigten die Bewässerungsgräben, in denen das aus dem Fluß gepumpte Wasser in die Felder geleitet wurde.
Gegen zehn Uhr war Dr. Kim Crosier in das Große Haus gerufen worden. Die Jalousien in Miss Benitas Schlafraum waren noch geschlossen. Paxero stand neben Miss Benitas Bett, blickte hinunter auf den verfallenen Körper und fragte heiser: «Ist sie tot?»
Dr. Kim Crosier richtete sich auf und nahm das Stethoskop aus den Ohren. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, und er bemühte sich, nicht daran zu denken, daß dieses vielleicht die letzten Augenblicke in seinem Leben waren. Damion stand an der verschlossenen Tür.
Kim antwortete: «Miss Benita befindet sich im Koma, Sir. Ich hatte ja schon gesagt, daß das eintreten könnte.»
«Koma? Aber … sie atmet nicht.»
«Es ist nicht wahrnehmbar. Ich kann nur die Injektion versuchen, von der ich sprach. Sie hilft ihr vielleicht ein paar Wochen weiter, Sir.» Kim hatte diese Worte schon viele Male vorher geübt. Es war der Stopper, den Modesty für ihn ausgearbeitet hatte. Mit tiefer, harter Stimme fuhr Paxero ihn an: «Ein paar Wochen, ein paar Tage oder Stunden; versuch es, steh nicht herum und laß sie nicht sterben, du schwarzes Schwein!»
«Ich muß die Ampulle aus meiner Praxis holen, Sir.»
«Was?» Paxeros Gesicht wurde fleckig vor Wut.
Kim antwortete schnell: «Ich konnte sie nicht früher aus dem Kühlschrank nehmen. Sie muß sofort angewandt werden und darf nicht wärmer als plus zwei Grad sein.»
«Hol sie!» befahl Paxero. «Bring ihn hinunter, Damion!»
Kim nahm seine Tasche und ging zur Tür. Damion folgte ihm, die eine Hand auf der Pistole unter seiner Jacke. Dreißig Sekunden später startete vor dem Großen Haus ein Landrover und raste mit heulendem Motor die gewundene Straße hinab. Am Steuer saß ein Spezialer, neben ihm Crosier, Damion auf dem Rücksitz. Der Wagen überquerte die flache Bodenwelle, die am Nordrand der Plantage endete, jagte den langen Hang hinab, auf die Sklavenunterkünfte zu. Die Sklaven zwischen den Reihen der Kaffeesträucher drehten sich um und starrten hinterher. Kim zog ein großes, leuchtend rotes Baumwolltuch – es war mit Maulbeersaft gefärbt – heraus und rieb sich damit das Gesicht ab. Danny Chavasse hob den Korb mit Unkraut, schwang ihn auf den Rücken und begab sich zu dem Pferdewagen weiter unten. Als er an Modesty vorbeikam, richtete sie sich auf und fragte: «Ist es soweit?»
Danny nickte, fühlte, wie sich in seinem Magen ein kalter Klumpen bildete. «Miss Benita ist tot. Kim hat das rote Tuch gezeigt.»
Sie blickte den Streifen entlang, den sie bearbeiteten.
Valdez und Teresa gehörten zu ihrer Abteilung östlich der Hauptstraße und hatten offensichtlich auch das unheilverkündende Lärmen des Wagens gehört, denn sie blickten zu ihr herüber. Sie nahm ihren ausgefransten Leinenhut ab und wedelte damit, als verjage sie Insekten.
«Wir werden noch ein paar Hände mehr brauchen, Danny. Wenn ich mir Mr. Joe vorgenommen habe, beruhigst du die Abteilung, damit es keine Panik gibt. Dann nimmst du Bisseau und folgst mir zur Straße hinunter. Ich denke, er ist in Ordnung.»
Mr. Joe lenkte sein Pferd zu ihr herüber. «He, du, Mädchen, arbeite weiter! In meiner Abteilung wird nicht gequatscht und gefaulenzt.» Er entrollte die Peitsche und knallte warnend damit. Danny ging weiter zum Pferdewagen. Sein Mund war auf einmal sehr trocken, und sein Herz pochte, denn in Modestys rechter Hand hatte er einen kleinen, hölzernen Gegenstand gesehen, den Kongo. Sie näherte sich dem Aufseher, die linke Hand vorgestreckt, und rief: «Ich habe mich geschnitten, Mr. Joe. Darf ich zu Dr. Crosier gehen und es verbinden lassen?»
Lässig und gekonnt ließ er die Peitsche sausen. Der Riemen schnellte vor, und seine Spitze zeichnete einen roten Striemen auf ihren Oberarm. Sie sprang zurück und ließ einen ziemlich echt klingenden Schmerzensschrei vernehmen. Mr. Joe sagte: «Ich mag kein dummes Pack, das sich schneidet. Zeig mal her!»
Danny sah, wie sie sich ihm näherte, ängstlich und zögernd. Sie streckte die Linke nach
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