Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
des stillen Zimmers hinter den geschlossenen Jalousien, löste sich die Panzerhülle seines Wahns, und er wurde ein drängender, unsicherer, ziemlich leidenschaftlicher junger Mann, der sich schweigend abmühte. Aber das würde er vergessen, das wußte sie. Er war nicht mehr ganz so linkisch und unerfahren wie das erste Mal, aber noch immer benötigte er ihre Anleitung, gehauchte Ermunterungen, die so klangen, als wäre er der Beherrschende und sie diejenige, die sich unterwarf.
Danach verfiel er, wie damals, in einen betäubungsähnlichen Schlaf. Sie wußte, nach dem Erwachen würde er von Selbstvertrauen glühen, im vollen Bewußtsein seiner Macht als Satan, der Sohn des Morgens.
Während er schlief, duschte sie sich, legte den Cheong-sam wieder an, klingelte nach dem Pfleger, um sich die Tür der Suite öffnen zu lassen, und begab sich hinunter in Dr. Bensons Privatsalon im Hauptteil des Sanatoriums. Willie wartete hier auf sie. Er hatte in einem großen Buch gelesen.
«Wie ist er, Prinzessin?»
«Ganz derselbe. Wir haben noch nicht viel miteinander geredet, und er wird nun ein paar Stunden schlafen. Ich möchte dabei sein, wenn er erwacht, und werde es dann mit Dannys Uhr bei ihm versuchen.» Sie setzte sich hin. «Ich wünschte, Steve wäre hier. Er konnte immer sagen, ob Luzifers Prophezeiungen korrekt waren.»
«Er würde von Tenezabal hierhergeflogen kommen, wenn du ihn darum bittest, Prinzessin.»
«Ich weiß. Aber ich möchte das nicht, wenn es nicht unbedingt erforderlich ist. Ich bin sicher, daß ich imstande sein werde, selbst festzustellen, ob Luzifer recht hat. Zumindest war ich sicher. Aber nun werde ich nervös. Es wäre mir lieber, ich hätte Dannys Unterschrift, um sie bei Luzifer als psychischen Auslöser zu benutzen. Statt der Uhr. Mit der Handschrift als Kontakt war er immer sehr gut.»
«Am besten, du denkst eine Weile nicht daran.»
Willie hob das Buch. «Ich werde dir ein paar Stellen daraus vorlesen. Das wird dich auf andere Gedanken bringen. Wenn ich das nächste Mal auf der Straße gehe, werde ich mir die Leute anschauen und mich fragen, ob sie zu denjenigen gehören, die es am liebsten auf dem Kopf stehend in einem Plastikmülleimer voller fauliger Bananen treiben.»
Sie lachte und sagte: «Behalt es und erzähl es mir später, Willie. Ich denke, ich schlafe jetzt ein wenig. Weck mich in zwei Stunden, ja? Ich muß noch mit Benson besprechen, wie die Sache beendet werden soll.»
«In Ordnung.» Er blickte auf seine Uhr.
Sie zog die Beine an, drückte den Kopf in die Sesselecke, holte dreimal tief Luft und war fest eingeschlafen.
Luzifer stand am geöffneten Doppelfenster, die Arme ausgebreitet, und blickte hinaus in den Garten. Es war schön, die beschwerliche Bürde von Pflicht und Leiden eine Weile ablegen zu können.
Modesty saß auf der Bettkante und beobachtete ihn.
Sie wußte, daß er nun in Träumerei versinken würde, denn für eine normale Unterhaltung war er nicht empfänglich. Er würde nur dasitzen, herumstehen oder langsam auf und ab gehen, manchmal reden und auf irgendein weit entferntes Traumbild seiner Phantasie starren.
Ganz ruhig begann sie: «Ich habe dich um eine Gunst zu bitten, Luzifer.» Er wandte sich um und lächelte. «Wenn es nicht die Gesetze meiner Fürstlichkeit verletzt, die sogar ich nicht brechen darf, dann sei sie dir gewährt.»
Sie hielt ihm die Uhr entgegen. «Willst du mir sagen, ob derjenige, dem dieser Gegenstand hier gehört, noch in den oberen Regionen weilt? Oder hast du ihn bereits mit der Güte belohnt, ihn in die wahre Hölle der unteren Regionen abzurufen?»
Sein Lächeln verblaßte. «Warum möchtest du das wissen?»
«Es handelt sich um einen zwar geringen, aber sehr nützlichen Diener. Ich habe seine Spur verloren, und meine Macht reicht nicht aus, ihn wiederzufinden. Ich muß befürchten, daß der himmlische Widersacher ihn verführt hat.»
Luzifer zuckte die Achseln, stirnrunzelnd. «Eine wahrlich triviale Kleinigkeit. Kann der Sohn des Morgens denn niemals zur Ruhe kommen?»
«Es tut mir leid, Luzifer. Vergib mir.» Sie neigte beschämt den Kopf und blickte von ihm weg. Einen Augenblick später spürte sie seine Hand auf ihrer Schulter und hob den Blick. Nachsichtig lächelte er auf sie herab. «Es wäre ungerecht, meinen treuesten Diener zurückzuweisen, der nur für meinen Sieg in den Tagen von Armageddon kämpft. Komm, gib sie her.»
Sie legte die Uhr in seine Hand und beobachtete sein Gesicht, während er die
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