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Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Titel: Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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kniete er mit gebeugtem Kopf, und seine Pose war so starr, daß er beinahe in Trance zu sein schien.
    Mit großer Anstrengung schüttelte Albert Ross die Benommenheit ab, die ihn befallen hatte, und legte einen Arm um seine Frau. «Es geht ihr gut», flüsterte er, «aber wir müssen vorsichtig sein. Ich werde dir alles sagen, wenn wir diese Betschwester da losgeworden sind. Bitte sei ruhig und sag kein Wort, Alice.»
    Er ließ sie los, ging zu der knienden Gestalt und sagte: «Mr. Parker.» Keine Antwort. Vorsichtig packte er eine knöcherne Schulter und schüttelte sie sanft.
    «Mr. Parker.» Man hörte einen langen, tiefen Seufzer, der Geistliche hob langsam den Kopf und blickte wie ein eben Erwachender vage um sich. Ein eher verzerrtes Lächeln breitete sich auf Albert Ross’ blassem Gesicht aus. «Es ist alles in Ordnung, Mr. Parker. Ich habe eben mit Carrie telefoniert … Sie war doch bei Freunden.» Es gelang ihm, etwas hervorzubringen, das einem Lachen ähnelte. «Viel Lärm um nichts.»
    «Gott sei gedankt», sagte Harold Parker leidenschaftlich und erhob sich mühsam. «Aber warum hat dieser Mann einen so furchtbaren Scherz gemacht? Das war eine böse Sache, und ich glaube, Sie wären durchaus berechtigt, die Polizei zu verständigen.»
    «Nein, es ist alles in Ordnung», erwiderte Albert Ross verzweifelt. «Ich glaube, ich weiß jetzt, wer es war. Ein Kerl im Club. Wir nennen ihn Paddy, und er macht immer dumme Witze. Seien Sie unbesorgt, Herr Pfarrer, ich werde ihn mir vorknöpfen. Nehmen Sie’s mir nicht übel, aber ich habe heute Nachtdienst und würde ganz gern noch ein wenig schlafen.»
    «Natürlich, natürlich, lieber Freund. Ich bedaure die Störung und die Sorgen, die ich Ihnen ungewollt bereitet habe.»
    «Ach, da kann man nichts machen. Leben Sie wohl, Mr. Parker, und vergessen Sie die Sache. Jetzt ist alles aufgeklärt, völlig aufgeklärt.»
    ###
    In einer schäbigen Drei-Zimmer-Wohnung über einem leeren Geschäftslokal lehnte sich Clarissa de Courtney-Scott zehn Minuten später zur Seite und griff nach dem Telefonhörer neben dem Bett. Sie wartete, lauschte ein paar Sekunden und sagte: «Ausgezeichnet», dann legte sie den Hörer wieder auf. Beauregard Browne, der auf dem Rücken lag und die Arme im Nacken verschränkt hatte, fragte: «Nun?»
    Rittlings auf ihm sitzend lächelte Clarissa auf ihn herab und bewegte wieder langsam und wollüstig ihre schmerzenden Lenden. «Uriah sagte, mit Ross sei alles bestens. Er wird genau das tun, was wir ihm sagten.»
    «Ist das nicht nett? Und ich hoffe, ihm gefiel mein irischer Akzent. Es ist ein hübscher Dialekt, nicht wahr?» Er griff nach ihren Brüsten. «Ich glaube wirklich, du solltest jetzt soweit kommen oder es verschieben, Puppe, denn wir müssen uns anziehen und ziemlich bald für das Blaise-Garvin-Treffen fertig sein.»
    Ihre Schenkel umklammerten ihn fester, und ihr üppiger Körper bewegte sich verlangend. «Kein Problem, Beau», sagte sie eifrig, «kein Problem.»
    ###
    Der Mann, der zwischen Modesty Blaise und Willie Garvin auf einer Bank inmitten des ständigen Getriebes auf dem Trafalgar Square saß, trug eine dunkle Brille und hatte einen starken schottischen Akzent. Modesty war der Ansicht, daß sein Akzent ebenso falsch war wie das strohfarbene Haar, die Augenbrauen und der Schnurrbart.
    Vor einer halben Stunde hatte sie diese Stimme zum erstenmal am Telefon gehört. «Miss Blaise? Bitte warten Sie einen Moment.»
    Dann Luke Fletchers Stimme, eher verwirrt als verängstigt. «Ich bin’s, Modesty. Leider ist wieder etwas eher Seltsames passiert.»
    «Geht es dir gut, Luke?»
    «Ja, ich bin nicht verwundet. Mir ist nur ein wenig übel. Aber …»
    Man mußte ihm das Telefon weggenommen haben, denn jetzt meldete sich wieder die schottische Stimme.
    «Nur damit Sie wissen, daß er noch bei uns ist, im Gegensatz zu dem Knaben, der kürzlich in Penchurch verschied. Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie und Mr. Garvin in zwanzig Minuten auf dem Trafalgar Square Tauben füttern könnten.» Ein Summton, als der Anrufer abhängte.
    Sie waren fünfzehn Minuten auf dem Platz, als der strohblonde Mann mit einer Papierrolle unter dem Arm auf sie zukam. «Fletcher hat eine klitzekleine Bombe an seinen Magen geschnallt», begrüßte er sie fröhlich. Er stand nahe bei ihnen, so daß seine Worte in dem Stimmengewirr der Tauben fütternden, fotografierenden und umherspazierenden Menschen von niemandem sonst gehört wurden. «Wer mich aufhält,

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