Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen
piepegal. Wenn man bedenkt, was wir ihr alles verdanken. Lassen Sie mich es wissen, wenn Sie etwas herausfinden. Ich werde mir nicht den Kopf darüber zerbrechen.»
Kurz nach drei schellte bei Modesty das Telefon, und sie hörte eine Stimme mit einem starken walisischen Akzent: «Spricht dort Miss Blaise? Möchte bloß sagen, es ist eine gute Nachricht, die Sie am Broadway 12a erwartet. Guten Tag, Miss Blaise.»
Mit einem entzückten Gekicher legte Beauregard Browne den Hörer auf. «Eigentlich wollte ich diesmal meinen pakistanischen Akzent benutzen, aber dann dachte ich, ich spare ihn mir lieber für eine Gelegenheit auf, bei der ich etwas redseliger sein kann.» Er sah sich in Luke Fletchers Studio um. «Wie viele Bilder er in der kurzen Zeit gemalt hat.»
Clarissa de Courtney-Scott sagte: «Er ist noch immer etwas betäubt von der Spritze, die wir ihm verpaßt haben, bevor wir diese ziemlich schreckliche Wohnung über dem Laden verließen. Ich ließ ihn halb schlafend auf dem Bett zurück. Vielleicht sollte ich seine Kleider etwas lockern?»
Beauregard packte sie mit einem schmerzhaften Griff, sie ließ sich jedoch nichts anmerken. «Weder seine noch deine Kleidung wird gelockert, mein Engel», sagte er mit fröhlichem Lächeln. «Du darfst deinen Hormonen nicht erlauben, dich bei deiner Arbeit zu stören, weißt du.»
«Mein Gott, nein. Tut mir leid, Beau. Ich glaube, wir sollten jetzt, da du telefoniert hast, gehen.»
«Keine Eile, Schätzchen.» Er blickte auf die vielen Bilder, die an der Wand des Studios lehnten, die meisten von ihnen auf noch ungerahmten Hartfaserplatten gemalt. «Wenn man nämlich im Telefonbuch zuerst Broadway und dann The Broadway sucht, findet man etwa sechzehn verschiedene Adressen in London. Daher werden Blaise und Garvin und vielleicht auch der gräßliche Antipode, falls sie ihn mitnehmen, ein paar Stunden umherirren, bevor sie unseren freundlichen Grünwarenhändler finden, dem wir die Nachricht hinterlassen haben, falls jemand nach Mr. Fletcher fragt. Dann werden sie in diese schöne Wohnung eilen und das verlorene Schaf in seinem eigenen Bett wiederfinden.»
Er zog ein paar Bilder hervor und betrachtete sie.
«Zu diesem Zeitpunkt werden wir bereits über Heathrow in den Lüften schweben, wo schon jetzt ein braves Flugzeug steht und auf uns wartet.»
Clarissa bemerkte: «Ich muß sagen, es ist alles wunderhübsch gegangen, Beau.»
«Nicht zuletzt dank deiner ausgezeichneten Mitarbeit bei der Organisation eines komplizierten Unternehmens, ma chère. Du wirst belohnt werden. Wenn wir wieder auf
Dragon’s Claw
sind, wirst du mit einem Tag im Paradies belohnt werden.»
«O Beau!» Sie schloß die Augen und zitterte ekstatisch bei dem Gedanken. Erst ein einziges Mal hatte sie einen ganzen Tag an dem Ort verbracht, wo Beau seiner Leidenschaft nachging, Orchideen zu züchten. Das Paradies lag zwischen den Gipfeln des westlichen Teiles der Insel eingebettet. Zwei Morgen Grasland, zum Teil von einer Felskette umgeben, die nur von einer schmalen Rinne unterbrochen wurde, zum Teil von steilen Klippen, hinter denen, dreihundert Meter tiefer, das Meer lag. Der Platz war fast das ganze Jahr von den Winden geschützt, doch in der Sommerhitze wehte immer eine sanfte Brise.
Als er einmal mit Clarissa besonders zufrieden gewesen war und sich in besonders gütiger Stimmung befand, hatte er für sie einen Tag im «Garten Edens» arrangiert, wie er es nannte, einen Tag, an dem er nackt und wild mit ihr in der warmen Sonne umherlief, ihr jede erotische Laune erfüllte und es seiner unerhörten Selbstkontrolle gelang, am Ende des Tages auch ihre unersättlichsten Ansprüche befriedigt zu haben. Bei dem Gedanken an einen weiteren solchen Tag wurde Clarissa ganz heiß vor träumerischer Vorfreude.
Beauregard Browne unterbrach ihre Träume, und sie öffnete die Augen. «Ich muß zugeben», erklärte er, während er mit einer behandschuhten Hand ein anderes Bild hervorzog, «daß unser undurchschaubarer orientalischer Kollege mit seiner Gehirnwäsche ebenfalls erstaunlich gute Arbeit geleistet hat. Nicht, daß ich im Sinne habe, ihm die gleiche Belohnung zuteil werden zu lassen, Puppe. Aber überleg einmal Fletchers jüngste Reaktionen. Als der arme Tropf zu sich kam und zuerst mich und dann dich erblickte, sah er aus, als versuche er, sich zu erinnern, was für ein Tag es sei. Aber keinerlei Wiedererkennen.»
«Es scheint wirklich, als hätten Dr. Fengs Gedächtnisblockaden ihre Wirkung
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