Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen
auf und entnahm ihr eine Machete im Futteral.
Christie grinste. »Mit so einem Ding hab ich damals ein paar schlitzäugige Kriegsgefangene ordentlich in Stücke gehauen.«
»Wir hätten gerne, daß Sie für den Test jemanden damit töten.«
»Hier in San Francisco?«
»Ja.«
»Okay. Wann?«
»Heute nacht.«
Christie fühlte eine Welle der Erleichterung in sich aufsteigen. Das bedeutete, daß Sie ihn an Land gehen lassen würden, und sobald er einmal dort war, konnten die
Watchmen
nicht jeden seiner Schritte bei der Suche nach seinem Opfer und bei dem Mord genau überwachen. Drei Minuten am Telefon mit Casey würden genügen, um den ganzen Autoverkehr vor der Brücke anhalten zu lassen und eine Flotte von Kampfhubschraubern in Gang zu setzen, die mit ihren Suchscheinwerfern aus der
Old Hickory
ein taghell erleuchtetes Ziel machen würden. Casey war sein Leitoffizier bei dieser Mission und hatte durchaus die Mittel, einen solchen Schlag rasch durchzuführen.
Sein Lächeln wurde zu einem breiten, blutgierigen Grinsen und er sagte: »Geben Sie mir den Namen und ein Bild von dem Mann, und dann brauchen Sie mich nur noch dort abzusetzen, wo ich ihn aufspüren kann. Er ist schon so gut wie tot.«
John strahlte ihn an. »Diese Einstellung gefällt mir. Aber es ist kein Mann, Mr. Lang.«
Christie zuckte gleichgültig die Achseln. »Der Job mit dem Messer, über den ich gesprochen habe, das war auch ein Weibsbild.«
»Also kein Problem für Sie.« John ging zur Tür und öffnete sie. Christie wollte aufstehen, wurde jedoch zurückgewinkt. Hans kam rückwärts in die Kabine und zerrte einen großen Wäschekorb aus geflochtenem Rohr hinter sich her. John machte die Tür wieder zu.
Hans klopfte einmal auf den Deckel des Korbes, zwinkerte Christie zu und ging dann an das Fenster auf der Steuerbordseite hinüber.
»Der ist für die Leiche«, erklärte John munter und sah den Mann vom CIA dabei an.
Ein kaltes, unbehagliches Gefühl lief Christie über den ganzen Körper. Er sagte: »Gut, also gehen wir.«
»Gehen, wohin?« fragte John. Dabei stieß er den Deckel von dem Korb herunter. »Kommen Sie doch mal, Mr. Lang.«
Er stand auf und bereitete sich innerlich darauf vor, keinerlei Emotionen zu zeigen. Ein schwarzes Mädchen in einem billigen Baumwollkleid lag dünn und zusammengekauert in dem Korb. Sie sah aus wie neunzehn oder zwanzig, hätte aber auch jünger sein können, da man an den Einstichen auf ihrem nackten Arm eindeutig erkannte, daß sie heroinsüchtig war. Ihre geöffneten Augen starrten an ihm vorbei und drückten eine teilnahmslose Glückseligkeit aus. Sie schien überhaupt nicht zu bemerken, in was für einer Situation sie sich befand. Christie drehte sich der Magen um, und ein übler Geschmack stieg in seiner Kehle auf, als er sah, daß der Korb innen mit einer festen Plastikfolie ausgelegt war. Er blickte auf. Vor ihm stand John, lächelte ihn an und hielt ihm die blanke Machete mit dem Griff entgegen.
Christie sah ihn bewußt ausdruckslos an und sagte mit tonloser Stimme: »Wer ist das?«
Johns Augenbrauen verengten sich ein winziges Stück zu der Andeutung eines mißbilligenden Stirnrunzelns. »Guter Mann, wir haben keine Ahnung. Ist das nicht egal? Sie sollen dieses Wesen da jetzt töten, das ist alles.«
Christie versuchte, einen verächtlichen Ton in seine Stimme zu legen, als er widersprach: »Und das nennen Sie einen Test, verdammt nochmal? Hören Sie, geben Sie mir lieber eine Aufgabe, bei der sich das Ziel bewegt, je schwieriger, desto besser. Ich habe keine Zeit für solche Kinderspielchen.«
Hans schüttelte betrübt den Kopf. Szabo stieß einen Seufzer aus. John erläuterte geduldig: »Sie verstehen nicht, worum es sich handelt, Mr. Lang. Wir sind nur an Rekruten interessiert, die begreifen, daß der Akt des Tötens an sich keine Bedeutung besitzt. Es darf nicht sein, daß Sie auf ein schwer erreichbares Opfer oder auf einen würdigen Gegner oder auf die Hitze des Gefechts angewiesen sind. Sie müssen bereit sein, jemandem das Leben zu nehmen oder auch Hunderten von Menschen, so wie wir es morgen früh tun werden, und zwar aus keinem anderen Grund, als daß sie von den
Watchmen
den Befehl dazu erhalten.« Er lächelte ihn aufmunternd an. »Sie können davon überzeugt sein, daß wir Ihr Können und Ihre Fähigkeiten ganz bestimmt zu einem anderen Zeitpunkt an einem passenderen Opfer prüfen werden, aber unser erster Test dient nur dazu, den Grad Ihrer Bereitschaft zum Töten zu
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