Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen
etwas Plastiksprengstoff, Sprengkapseln, zwei Uzi-Maschinenpistolen und sechs Reservemagazine bei sich.
Er hatte alles in eine Decke gehüllt, um jedes Geräusch zu dämpfen. Seine Messer befanden sich an ihrem Platz im Futteral über der Brust, und das Hemd war offen, damit er schnell nach ihnen greifen konnte.
Der Donnerschlag fuhr ihm in alle Glieder. Er blieb einen Augenblick stehen und schaute aus dem Gangfenster in den Hof, um festzustellen, ob das Gewitter jemanden aufgeweckt hatte und irgendwelche Lichter zu sehen waren. Das Ganglicht hatte einen Moment geflackert, aber das war alles. Offensichtlich arbeitete der Generator gleichmäßig weiter. Unten wurde nirgends das Licht aufgedreht, und als er sich vom Fenster abwandte, konnte man nichts mehr sehen als den herabprasselnden Regen.
Auf Zehenspitzen ging er weiter und blieb an der Schwelle zur Funkstation wie versteinert stehen. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht. Der Funker lag bäuchlings auf dem Boden, den Mund geknebelt und die Hände am Rücken mit einem Kabel zusammengebunden. Modesty Blaise lag zusammengekrümmt vor dem Bedienungspult. Der Stuhl, auf dem sie gesessen war, lag umgekippt auf dem Boden, als wäre sie herausgeschleudert worden. Aus dem Funkgerät selbst stieg ein wenig Rauch auf, und auf dem Instrumentenbrett hatten sich einige Streifen flüssigen Metalls verfestigt. An der Antennenleitung, die durch die Decke hinaufführte, sah man an einigen Stellen durch die halbgeschmolzene Isolierung Kupferdraht durchschimmern.
Ein zweiter und größerer Schock traf Willie Garvin wie ein Hammerschlag mitten ins Herz. Der Blitz!
Mein Gott, die Antenne war getroffen worden, während sie das Funkgerät benützt hatte, und … und …!
Den Bruchteil einer Sekunde lang, die ihm wie eine Stunde vorkam, wurde er von Furcht, Panik und einem mörderischen Haß gegen jene böswilligen Götter überwältigt, die sie gerade in diesem so wichtigen Moment derart grausam niedergeworfen hatte. Dann kam ganz plötzlich eine unheimliche Ruhe über ihn.
Er nahm das Bündel von seinen Schultern, ging in die Funkstation hinein, kniete sich nieder, drehte sie auf den Rücken, fühlte nach ihren Puls und beugte sich hinab, um festzustellen, ob sie atmete. Kein Puls. Keine Atmung. Und ihr Gesicht war bleich wie Marmor.
Der Funker drehte sich auf die Seite und starrte ihn aus angsterfüllten Augen an. Willie Garvins Hand bewegte sich. Ein Messer schnellte durch die Luft und schlug einen Zentimeter neben dem Gesicht des Mannes in den Boden ein. »Eine Bewegung, und ich prügle dir die Eingeweide aus dem Leib«, sagte Willie Garvin ruhig. »Glaub mir das.«
Er wußte, daß sie schon tot sein konnte, aber er wußte auch, daß sie selbst ohne Herztätigkeit und Atmen noch nicht ganz verloren sein mußte. Der Blitz hatte vor weniger als dreißig Sekunden eingeschlagen, und seine Auswirkungen waren sehr unberechenbar.
Sie hatte vermutlich den Schlag in abgeschwächter Form bekommen, bedingt durch die Tatsache, daß sie so nahe am Funkgerät gewesen war, das den größten Schaden erlitten hatte. Sie wies keine offensichtlichen Verbrennungen auf. Wenn er nur innerhalb der nächsten zwei Minuten ihr Herz wieder zum Schlagen bringen konnte, würde sie ohne dauernden Schaden überleben können.
Als er ihr die Hände auf die Brust legte und mit der Herzmassage begann, erinnerte er sich daran, daß die Waffenkammer in ungefähr zwölf Minuten in die Luft fliegen würde. Sollte Modesty und ihm nicht innerhalb einer Minute nach dieser Explosion die Flucht gelingen, waren sie beide so gut wie tot; Steve und Dinah vielleicht auch – Willie konnte ja nicht wissen, daß Modesty mit der lebenswichtigen Mitteilung zu Weng durchgekommen war, Tarrant solle den beiden vollständigen Schutz gewährleisten. Pumpen … pumpen … pumpen. Eine Pause. Pumpen … pumpen …
Schweiß rann über sein Gesicht. Er flüsterte: »Bitte, Prinzessin, bitte …« Pumpen … pumpen – und plötzlich fühlte er es unter seiner Hand, schwach und unregelmäßig zuerst, aber schnell stärker und gleichmäßiger werdend. Freude übermannte ihn, als er sich über sie kniete, ihr den Mund aufriß, ihren Kopf zurückbeugte, ihr die Nase zuhielt und sich hinunterbeugte, um ihren Mund mit dem seinem zu verschließen und vorsichtig Luft in ihre Lungen zu atmen.
Wieder … wieder … wieder. Fünf gleichmäßige Atemzüge in der Minute, zwei Minuten lang, drei … fünf … acht. Er atmete den lebenserhaltenden
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