Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen
Schrecken.
»Ich bin erfüllt von reumütiger Entschuldigung, Dr. Pilgrim. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß offensichtliche Unhöflichkeit auf übergenaues Element in meiner Natur und nicht auf Mangel an Demut zurückzuführen ist.«
»Ach«, meinte Thaddeus Pilgrim abwesend und lehnte sich mit halbgeschlossenen Augen in seinen Sessel zurück. »Was sagten Sie eben, liebe Dame?«
»Nun, lassen Sie mich sehen. Ach ja. Genau dann, wenn die
Marimha
die angegebene Position vor Senegal erreicht«, sagte Mrs. Ram vorsichtig, »beginnt das System für unser Hallelujah-Szenarium sich von dem des Hosanna-Szenariums zu unterscheiden. Bei Operation im Südchinesischen Meer wurde Fracht geheim verkauft, Schiff dann versenkt und für beides Versicherungssumme verlangt, die ungefähr zehn Millionen Dollar ausmachte und zum größten Teil zur Finanzierung des vorliegenden Hallelujah-Szenariums verwendet wurde. Gesamte Mannschaft des versenkten Schiffes wurde gerettet. Fünf Personen waren in Tatsache eingeweiht, daß Verlust des Schiffes et cetera kein Unfall war, und diese fünf wurden später eliminiert, zwei durch Sibyl und Kazim, drei durch andere Ausführungsorgane unserer Gebetserhörungsabteilung.«
Sie sah von ihrem Manuskripthalter auf. »Einer der Eliminierten war der mit Molly Chen verheiratete Matrose, und man fürchtete später, er habe gefährliche Informationen an seine Frau weitergegeben. Entscheidung, sie zu beseitigen, wurde als Vorsichtsmaßnahme getroffen. Sie hatte Hongkong verlassen, und es verging viel Zeit, bis Gruppe, der wir ihre Beseitigung anvertraut hatte, sie aufspürte. Die Durchführung des Auftrags mißlang auf Grund der Intervention Garvins, aber später vollbrachten Sibyl und Kazim erfolgreiche Liquidierung.«
»Danke, Mrs. Ram«, meinte Thaddeus Pilgrim liebenswürdig. »Das ist vielleicht von keiner großen Relevanz für unser Hallelujah-Szenarium, aber ich bin dankbar, an ein Vorkommnis erinnert zu werden, das die Saat für unser neues und höchst interessantes Experiment gelegt hat. Sie bezogen sich, vor Ihrer willkommenen Abschweifung, auf den Punkt, inwieweit das
System
für unser Hallelujah-Szenarium nun von früheren Verfahren abweicht. Bitte fahren Sie fort.«
»Unterschied ist groß, aber einfach, Doktor. Im Planungsstadium führten Sie aus, daß Rettung der gesamten Besatzung nach Tankerexplosion unnötigen Verdacht bei Versicherungsgesellschaft erregen könnte, die Tanker und Ladung auf insgesamt vierundsiebzig Millionen Dollar versichert hat. Dem wurde zugestimmt und beschlossen, für Rettung Schiff mit unserer Kampfgruppe früher als geplant zum Treffpunkt zu schicken, mit vollständiger GEA unter Kommando von Sibyl und Kazim. Sie werden an Bord der
Marimha
gehen und alle darauf befindlichen Personen ohne Ausnahme eliminieren, bevor sie Explosion auslösen.«
Mrs. Ram blätterte eine weitere Seite auf ihrem Manuskripthalter um. »In meinem Entwurf, der Ihrer Zustimmung bedarf, habe ich Instruktionen eingefügt, einen Teil der Mannschaft der
Marimha
solcherart zu eliminieren, daß man tödliche Verletzungen auf Grund der Explosion und des Feuers annehmen kann. Wenn ein paar solche Leichen später in treibenden Rettungsbooten gefunden werden, wird das dem Szenarium zusätzliche Glaubwürdigkeit verleihen. Alle anderen werden natürlich mit Schiff untergehen.«
»Ausgezeichnet, ausgezeichnet«, murmelte Thaddeus Pilgrim mit schwacher Begeisterung, »und ich hoffe, Sie werden es nicht als Einmischung in Ihre administrative Funktion ansehen, wenn ich einen eigenen Vorschlag zu äußern wage, Mrs. Ram.«
Sie sah ihn mit schmachtender Bewunderung an. Es war nun Jahre her, daß Thaddeus Pilgrim sie als Meister in eine Gruppe von Satansjüngern eingeführt hatte, die Schwarze Magie betrieben. Beide waren längst zu raffinierteren und ergiebigeren Formen der Bösartigkeit übergegangen, aber die psychologische Notwendigkeit, daß der Schüler sich dem Meister unterwarf, blieb ungebrochen. »Ja, Doktor«, flüsterte sie.
»Vor vielen Wochen ist mir ein Gedanke gekommen«, sagte er, »und ich habe Instruktionen für eine Untersuchung erteilt …« Seine Stimme verlor sich, als er langsam eine Schublade seines Schreibtisches Öffnete. Mit beiden Händen legte er ein dickes, schartiges Metallstück auf den Schreibtisch, das etwa die Größe von Mrs. Rams Manuskripthalter hatte. »Hier«, sagte er und starrte es mit verwirrter Miene an, als habe er im Moment vergessen, was er
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