Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
kennt Ihren Bruder von den Partys, auf denen Daniel früher mit den Stars und Sternchen geturtelt hat. Er hat ihn bei der gefakten Pressekonferenz erkannt und wollte mit dieser Information bei mir Eindruck schinden.«
    Ich stöhnte.
    »Und da ich den Namen Tutz gerade vorher gleich in doppelter Ausführung gehört hatte, war er mir sehr geläufig …«
    Ich schob mir einen großen Löffel voll Schokoladenkuchen in den Mund und spürte, wie die Sauce mir aus dem Mundwinkel zum Kinn lief.
    »Ohne diesen balzenden Kollegen hätte die Enttarnung Ihres Bruder höchstens zwei Tage länger gedauert, denn die ganze Branche wollte doch wissen, wer hinter diesem lächerlichen Pseudonym Daniel Trust steckt.« Sie grinste. »Allerdings hätte dann vermutlich nicht ich den Treffer gelandet.«
    Ich stöhnte. Auf die Idee, dass Daniel früher oder später jemandem auffallen musste, der ihn noch aus seiner Zeit als Börsenguru kannte, war ich gar nicht gekommen. Auf diese Enthüllung brauchte ich einen großen Löffel Eis. Es dauerte einen Moment, bis ich wieder sprechen konnte.
    »Sie sagten, Sie wüssten auch, wer die Informationenmeiner Kampagne an Daniel weitergegeben hat?«, fragte ich matt.
    Bettina Haltermanns Gesicht verschloss sich. »Darüber habe ich Stillschweigen gelobt.«
    Ich hatte mir vorgenommen, diese Frage nicht zu stellen, aber dann konnte ich mich doch nicht beherrschen und fragte: »Was hatten Sie auf der Pressekonferenz mit Thomas zu bereden?«
    Sie lächelte belustigt. »Ich habe ihn gefragt, was er bei Hot Spott zu suchen hat, und er hat mir erklärt, dass er beruflich dabei war.«
    »Beruflich?« Ich kapierte gar nichts mehr.
    »Natürlich«, sagte Haltermann mit einem breiten Grinsen. »Sie wussten wohl nicht, dass er ein Kollege ist?«
    Ein Kollege? Thomas war Journalist? Jetzt ergab plötzlich so vieles einen Sinn. Darum hatte er uns nicht seinen ganzen Namen verraten und nie auf die Fragen nach dem Beruf geantwortet. Darum hatten ihn so viele Schreiberlinge auf der Pressekonferenz in Essen gegrüßt, und nur aus diesem Grund – ich fühlte, wie ich rot wurde – hatte er mich nach Daniels Aktion auf dem Carlsplatz zum Nudelessen eingeladen und mir all diese Fragen gestellt. Von wegen persönliches Interesse. Er hatte mich von Anfang an ausgenutzt.
    Ich war schockiert. Fassungslos. Starrte ins Leere und bekam kaum mit, wie Bettina Haltermann auf ihre Uhr sah, sich hastig verabschiedete, einen Zehn-Euro-Schein auf den Tisch legte und ging.

27
    Der Artikel erschien am achtzehnten August, zehn Wochen nach meiner Kündigung, und stellte meinen guten Ruf wieder her. Ich wurde mit meiner Unschuldsbeteuerung zitiert, Daniel wurde mit der Erklärung zitiert, dass er von mir niemals auch nur den Hauch einer Information bekommen habe. Auf die Frage, woher er die Information denn dann bekommen hätte, verweigerte er die Antwort. Der Anwalt der Firma Siebendt wurde zitiert mit den Worten, man habe keinerlei Erkenntnisse darüber, ob überhaupt Informationen aus der Firma nach außen getragen worden seien. Außerdem habe die Tatsache, dass ich aus freiem Willen das Unternehmen verlassen habe, sowohl ihn persönlich als auch die Unternehmensleitung mit großem Bedauern erfüllt.
    Zwei Tage später klingelte mein Handy und ich nahm das Gespräch entgegen, ohne auf das Display zu schauen. So war ich völlig überrumpelt, als ich die Stimme meines Ex-Chefs und Ex-Lovers Philip Steffen Siebendt hörte.
    »Ich muss dich sehen«, sagte er. »Treffen wir uns um acht im ›eat meat‹?«
    Mein Herz machte einige Stolperschritte, aber nach einem tiefen Atemzug klang meine Stimme fast normal, als ich fragte: »Was gibt es denn zu besprechen?«
    »Das würde ich dir gern unter vier Augen sagen. Also, kannst du heute Abend?«
    »Nicht im ›eat meat‹«, machte ich zur Bedingung. Was auch immer das Thema des Abends wäre, wollte ich nicht unter den Augen von Mauro oder meinem Vater diskutieren.
    Er nannte mir ein gutes italienisches Restaurant in Oberkassel und wir verabredeten uns für sieben Uhr. Mir blieb gerade noch genug Zeit, siebenundzwanzig verschiedene Outfits anzuprobieren und jedes einzelne als unmöglich, zu formell, zu wenig formell, zu knapp, zu weit, zu offenherzig, zu streng oder sonst wie unpassend zu verwerfen. Um kurz nach sieben kam ich abgehetzt in einer hellgrauen Leinenhose und einem weißen Baumwollpullover in dem Lokal an und ließ mich auf den Platz gegenüber Philip sinken.
    Er starrte mich so

Weitere Kostenlose Bücher