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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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war ich ganz in meine Gedanken versunken und Daniel störte mich nicht. Er schaufelte Nudeln in sich hinein, als hätte er tagelang nichts Richtiges gegessen.
    Dieses Gericht hätte ich für Thomas gekocht, das hatte ich ihm bei unserem ersten und einzigen gemeinsamen Restaurantbesuch vor einer Ewigkeit versprochen. Na ja, ich hatte es ihm nicht versprochen, sondern als Wetteinsatz in Aussicht gestellt. Dass er seinen Teil der Abmachung nicht hatte einhalten können, war nicht seine Schuld gewesen, wie ich jetzt wusste.
    Zu spät.
    Was hätte ich darum gegeben, dieses Essen nachholen zu können. Thomas’ Lächeln tanzte vor meinem inneren Auge, sein Lachen war immer fröhlich und warm gewesen.
    Nie schadenfroh, herablassend oder zynisch.
    Wie das von PS.
    Wie hatte ich nur glauben können, dass Philip Steffen Siebendt, der angeberische, selbstverliebte Snob, für dennur Äußerlichkeiten zählten, der Mann meines Lebens sei? Diese Art von Oberflächlichkeit war doch überhaupt nicht mein Stil. Warmherzigkeit, Humor und Ehrlichkeit waren mir immer mehr wert gewesen als Geld, Ansehen oder Macht. Immer – bis auf eine Zeit der Verirrung, in der ich leider blind gewesen war für die Tatsache, dass der Richtige monatelang an meinem Küchentisch gesessen hatte.
    Oder redete ich mir das jetzt auch nur ein, weil mein schlechtes Gewissen Thomas in meiner Erinnerung idealisierte?
    Ich seufzte.
    »Sei nicht traurig, Sweetie«, sagte Daniel mit vollem Mund. »Wenn es sein muss, finde ich den Typ.«
    Mein Bruder überließ mir mehr als die Hälfte des Rotweins. Nachdem ich ihn ausgetrunken hatte, wusste ich zwar immer noch nicht genauer, aus welchem Grund ich Thomas wiedersehen wollte, aber es war mir für den Rest des Abends auch egal.
    Am Tag der Eröffnung unseres neuen Flagship-Stores war ich nicht mehr aufgeregt. Ich hatte alles in meiner Macht Stehende getan, um die Eröffnung zu einem Erfolg werden zu lassen, und ich hatte mit einem tollen Team zusammengearbeitet. Wir waren kaputt, aber glücklich. Noch bis in die frühen Morgenstunden hatten wir gemeinsam mit den Dekorateuren den Laden auf Vordermann gebracht. Selbst Ken Diggers und seine ganze Familie hatten mitgeholfen. Um halb drei waren wir verdreckt und verschwitzt, aber zufrieden nach Hause gewankt, hatten ein paar Stunden geschlafen und heute Morgen im Büro literweise Kaffee in uns hineingeschüttet.
    Dann kam der große Moment: Die Türen gingen auf. Die ersten Kunden kamen und wir versuchten, an ihren Gesichtern abzulesen, ob ihnen der Laden gefiel. Eineinhalb Stundenspäter begann die große Pressekonferenz, denn Ken hatte einen weiteren Meilenstein zu verkünden: Das Unternehmen übernahm die Patenschaft für ein SOS Kinderdorf, das im Düsseldorfer Süden gebaut werden sollte.
    Ich stand am Eingang des Cafébereichs, den wir für die Pressekonferenz hergerichtet hatten, und achtete darauf, dass nur Pressevertreter die Stühle besetzten. Die Reihen füllten sich und ich wollte schon nach hinten gehen, um die letzten Details mit Ken zu besprechen, als plötzlich Thomas vor mir stand. Er hielt mir seine Einladung und seine Visitenkarte unter die Nase und schenkte mir ein unsicheres Lächeln.
    »Hallo Leo.«
    Ich starrte auf die Visitenkarte in meiner Hand. Thomas Reitbaum, Journalist. Eine Adresse in Krefeld. Mein Blick wanderte zurück zu Thomas’ Gesicht. Er wartete auf eine Reaktion.
    »Lassen Sie ihn nicht rein, der will nur Ihren Kaffee trinken.« Die Stimme gehörte einem jungen Mann, der Thomas lachend auf die Schulter schlug, mir seine Karte entgegenstreckte und Thomas mit zu den Stühlen ziehen wollte.
    »Geh schon vor«, sagte Thomas, der die Begrüßung lässig erwidert und den Spruch unkommentiert eingesteckt hatte. Der Mann verschwand aus meinem Blickfeld, das so verengt war, dass nur Thomas hineinpasste.
    »Wer hat dich eingeladen?«, fragte ich. Dämliche Frage, aber etwas Geistreicheres fiel mir nicht ein.
    »Dein Boss. Ich kenne ihn von einer Serie über nachhaltige Lebensstile. Er weiß, dass das mein Thema ist …«
    »Du hast dich bei Hot Spott eingeschlichen, um eine Insider-Reportage zu schreiben.« Ich war mir nicht sicher, ob meine Bemerkung als Vorwurf gemeint war oder einfach das Einzige war, was mir gerade einfiel.
    Thomas nickte.
    »Und wo ist die erschienen?«
    Er blickte verlegen auf seine Füße. »Ich habe sie nicht angeboten nach dem Ärger, den du hattest …«
    »Wenn Sie dann bitte Platz nehmen würden«, ertönte Kens

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