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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Piercings und Sicherheitsnadeln in Haut und Klamotten stecken und war die Enkelin von Josef, dem Pförtner bei Siebendt.
    Das Mädchen lächelte. »Jetzt hast du mich erkannt.«
    »Tin-Tin?«, stammelte ich.
    »Martina.« Sie errötete. »Schnell, bevor Opa uns bemerkt und mithört. Er weiß es bis heute nicht und …«, sie wurde noch röter, »… es wäre toll, wenn du es ihm nicht sagen würdest.«
    Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. Offenbar konnte sie Gedanken lesen – oder meine Mimik war sehr aussagekräftig, denn sie blickte zerknirscht und flüsterte: »Weil ich doch damals deinem Bruder die Anzeigenplanung kopiert habe.«
    Ich starrte sie fassungslos an.
    »Wirklich, es tut mir leid.« Ihr Blick war flehentlich.
    Natürlich! Warum war ich früher nie auf diese wirklich naheliegende Erklärung gekommen?
    Tin-Tin hatte wahnsinnig viel Zeit in meinem Büro verbracht. Sie liebte Tiere. Sie mochte die Anzeigen nicht, weil die ganze Kampagne eine Lüge war. Wir zeigten das Foto der eleganten Gazelle, die tatsächlich schon tot und zerstückelt im Kühlhaus lag. Aber woher kannte sie Daniel?
    »Meine Lehrerin hat ihn doch bei der Küken-Aktion kennengelernt. Und dann kam dein Bruder in die Schule und hat uns erzählt, was er mit seiner Gruppe so macht. Meine Lehrerin war oft bei Aktionen dabei und manchmal hat sie mich mitgenommen …«
    Martinas Stimme wurde immer leiser.
    »Oh, das ist aber eine nette Überraschung«, sagte eine ebenfalls bekannte Stimme neben mir.
    »Ja, das ist es«, murmelte ich und riss meinen Blick von Martina los. Josefs Lächeln war herzlich wie eh und je.
    Ich blickte zwischen Martina und ihrem Opa hin und her, die jetzt Schulter an Schulter vor mir standen. Josef legte einen Arm um das Mädchen und blickte stolz, Martina blickte mich halb bittend, halb verzweifelt an.
    »Ich habe Ihre Enkelin gar nicht erkannt«, sagte ich zu Josef. »Sie ist eine richtige Dame geworden.«
    Noch mehr Stolz in Josefs, beginnende Erleichterung in Martinas Gesicht.
    »Sehr erwachsen«, fügte ich hinzu.
    Martina blinzelte hoffnungsvoll, Josef nickte eifrig.
    »Ja, die Zeit vergeht so schnell. Nächstes Jahr geht sie schon aufs Gymnasium …«
    Ich griff in meine Tasche und zog eine Visitenkarte heraus, die ich Martina in die Hand drückte. »Wenn du ein Praktikum brauchst oder einfach mal schnuppern kommen willst, melde dich.«
    Ich zwinkerte ihr zu.
    »Danke sehr«, sagte sie und meinte damit nicht nur die Visitenkarte.
    Ich nickte den beiden zu und rannte nach Hause. Ich musste mich auch bei jemandem entschuldigen.

30
    »Ich weiß nicht, wo er steckt«, sagte Daniel zum dritten oder vierten Mal. »Er hat die Handynummer abgemeldet, ich kenne nicht einmal seinen Nachnamen. Das habe ich dir doch alles schon vor Monaten erklärt.«
    »Aber damals hat es mich nicht interessiert«, sagte ich.
    »Leider …« Daniel seufzte.
    »Blödmann.« Ich warf ihm eine Möhrenschale an den Kopf. »Wo hat er gewohnt?«
    Daniel zuckte mit den Schultern und wischte sich die Tränen aus den Augen. Dann nahm er die nächste Zwiebel unters Messer.
    »Warum hast du mir damals nicht gesagt, wer dir die Infos für die Kampagne gegeben hat?«
    »Ich hatte es dem Mädchen versprochen.«
    Ich fragte mich wieder einmal, nach welchem Schema Daniel seine Loyalität verteilte, aber das war momentan nebensächlich.
    »Wusste Thomas, woher du die Informationen hattest?«
    »Zunächst wusste er gar nichts von der Kampagne. Als sie erschien, war er total sauer und hat mich zur Rede gestellt. Unter dem Siegel der absoluten Verschwiegenheit habe ich ihm die Wahrheit gesagt. Er hat sich an sein Versprechen gehalten und dir nichts erzählt.«
    »Kurz gesagt«, fasste ich zusammen, »Thomas hat sich wie ein echter Gentleman verhalten, hat sich von mir beschimpfen lassen, weil er zu seinem Wort stand so wie du zu deinem Versprechen dem Mädchen gegenüber standst. Ich war bei all dem der Depp, der von nichts wusste. Dadurch habe ich ihm Unrecht getan und jetzt kann ich mich nicht bei ihm entschuldigen.«
    Daniel grinste. »Als ob es um die Entschuldigung ginge.«
    »Was soll das denn heißen?«, bellte ich ihn an.
    Daniel grinste. »Ich sage nichts mehr, das würde sowieso nur gegen mich verwendet werden.«
    Ich warf Möhren und Zwiebel mit dem Knoblauch, den Chilischoten, Oliven, Kapern und Tomaten in die Pfanne und schmorte die Nudelsauce, während Daniel eine Flasche Rotwein aus seinem Vorrat holte und den Tisch deckte.
    Beim Essen

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