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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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wieder auf meine Argumentation.
    »Wenn Siebendt sich nun inhaltlich auf eine öffentliche Diskussion einließe, hätte das einen anhaltenden Schlagabtausch zur Folge, der wochenlang durch die Medien geistern würde und immer mit dem Namen Siebendt verbunden wäre. Von solchen Scharmützeln bleibt immer ein Schatten zurück, auch wenn wir uns nichts vorzuwerfen haben. Letztlich steht dann Siebendt für das gesamte fleischlastige Ernährungsmodell am Pranger und für den Verbraucher ist es ein Leichtes, weiterhin mit gutem Gewissen Fleisch zu essen, solange das Fleisch nicht von Siebendt kommt.«
    »Na super«, murmelte der Seniorchef.
    »Dazu soll es ja gar nicht kommen«, entgegnete ich schnell. »Wir werden gar keine Diskussion über das Fleischessen an sich oder die Menge des Konsums oder die Einfuhr von exotischem Fleisch aufkommen lassen, weil wir dem Anschlag einen ganz anderen Hintergrund geben.«
    »Und der wäre?«, fragte Siebendt senior.
    »Das Impro-Theater ist eine witzige Idee, aber ob uns das jemand abkauft?«, sagte der Anwalt. Er lächelte. Mir fiel ein Stein vom Herzen.
    »Ein Junggesellenabschied?«, schlug ich vor. »Die müssen doch immer solche dummen Sachen machen …«
    Siebendt senior schnaubte durch die Nase. »Das glaubt uns doch kein Mensch.«
    Jetzt schaltete sich auch PS endlich ein: »Es sei denn, wir hätten jemanden, der sich vor die Presse stellt und sagt: Ich war’s!«
    Dieser Gedanke war mir auch schon durch den Kopf gegangen und ich hatte dafür noch keine Lösung gefunden, aber der Anwalt winkte ab.
    »Wir sagen einfach, dass der Übeltäter sich bei uns gemeldet und entschuldigt hat. Wir sind nicht nachtragend, wollen seinen weiteren Lebensweg nicht mit diesem dummen Streich belasten und haben ihm zugesichert, seine Identität nicht preiszugeben. Natürlich hat er sich im Gegenzug verpflichtet, den verursachten Schaden zu ersetzen und zukünftig solchen Unsinn nicht mehr zu machen.«
    »Glaubst du im Ernst, dass uns das jemand abnimmt?«, fragte der Seniorchef den Anwalt.
    Der zuckte mit den Schultern. »Unter zwei Bedingungen: Erstens müssen die wahren Übeltäter den Mund halten, sonst steht Aussage gegen Aussage, und das wird in der Öffentlichkeit genau die Diskussion lostreten, die wir vermeiden wollen. Und zweitens müssen wir die Anzeigen zurückziehen.«
    Siebendt senior schüttelte den Kopf. »Da mache ich nicht mit.«
    Ich ließ die Schultern hängen, aber der Anwalt zwinkerte mir unauffällig zu, bevor er sich an den Senior wandte.
    »Der wirtschaftliche Schaden, den du am Samstag auf dem Markt erlitten hast, ist nichts gegen die Katastrophe, die sich aus dieser Aktion ergeben kann, wenn wir jetzt passiv bleiben.«
    »Aber dann kommt der Verantwortliche ungeschoren davon …«, maulte Siebendt senior.
    »Aber er wird sich ein Loch ins Hemd ärgern, weil wirihm den Wind aus den Segeln genommen haben. Niemand interessiert sich mehr für seine Kritik, die er mit dem Blödsinn zum Ausdruck bringen wollte, die ganze Aktion verpufft einfach und er wird als Depp in der Öffentlichkeit dargestellt.«
    »Wir reden noch darüber«, brummte der Seniorchef und der Anwalt gab PS durch eine Geste zu verstehen, dass er mit dem Alten allein sein wollte.
    PS erhob sich und bedeutete mir, mit ihm zu kommen. An der Tür drehte er sich noch einmal zu seinem Vater um. »Ich habe ja gesagt, dass sie die Richtige für den Job ist. Berufserfahrung hin oder her.«
    »Lass uns in zwei Wochen noch einmal darüber sprechen«, entgegnete sein Vater, nickte mir aber immerhin zum Abschied zu.
    Einige Stunden später stand unsere Strategie im Detail fest. Der Anwalt hatte mehrere juristische Bedingungen gestellt und Formulierungen vorgeschlagen und dann seine Zustimmung zu dem von mir ausgearbeiteten Konzept gegeben. PS hatte mir die Durchführung der Täuschungsaktion übertragen. Natürlich wusste ich, dass er das nicht tat, weil er von meiner Professionalität überzeugt war, sondern um seine eigene Weste fleckenlos weiß zu halten. Falls die echten Demonstranten sich doch noch meldeten und unsere Strategie als Ablenkungsmanöver enttarnt wurde, würde mein Kopf rollen, nicht seiner.
    Ich war immer noch überzeugt, dass wir die bestmögliche Vorgehensweise gewählt hatten, aber ich wusste ja auch etwas, was sonst niemand wusste, nämlich dass der Ober-Demonstrant mein eigener Bruder war.
    Ich war kein religiöser Mensch, aber jetzt sandte ich ein Stoßgebet zu jedem, der es hören wollte, mit

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