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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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der aufflammenden Gesichtsröte ganz zu schweigen. Trotzdem bemühte ich mich um einen gelassenen Tonfall.
    »Natürlich erinnere ich mich.«
    »Und dann hast du uns zwei da einfach stehen gelassen und bist abgehauen. Das war ziemlich unhöflich, findest du nicht?«
    Endlich drehte er sich um. Sein Gesichtsausdruck war zwar nicht feindselig, aber auch nicht freundlich.
    Natürlich war das unhöflich, aber ich hatte in dem Moment ganz andere Probleme gehabt, von denen PS allerdings keinesfalls jemals erfahren durfte, daher entschied ich mich für den einfachsten Ausweg. »Tut mir leid.«
    PS nickte. Dann grinste er. »Immerhin hast du eine interessante Familie. Und der Begleiter deines Vaters, den ich dann auch gleich noch kennengelernt habe, ist Mauro Gantini.«
    Ich hatte den Namen noch nie gehört und reagierte daher mit hochgezogenen Augenbrauen auf diese Information.
    »Er könnte ein wichtiger Kunde für uns werden, denn Herr Gantini eröffnet nächste Woche eine Restaurantkette mit dem schönen Namen ›eat meat‹.«
    Ich starrte PS an, um zu sehen, ob er einen Witz gemacht hatte, aber abgesehen davon, dass er sich über den Zufall des familiären Zusammentreffens zu amüsieren schien, war er vollkommen ernst. Mein Gott, dachte ich, wenn das mein Bruder erfuhr!
    »Er hat uns für heute Abend zu einem Preview-Dinner für die Presse und geladene Gäste eingeladen. Hast du Lust?«
    »Ist mein Vater etwa auch da?«
    »Das weiß ich nicht.« PS wirkte irritiert. »Würde dich das in deiner Entscheidung beeinflussen?«
    Ich verfluchte mich selbst, weil ich das nötige Gespräch mit meinem Vater immer wieder vor mir hergeschoben hatte. So etwas rächte sich üblicherweise und hier hatten wir wieder einmal den Beweis. Aber es würde mir nicht im Traum einfallen, meinem Boss gegenüber meine familiären Probleme zum Thema zu machen oder mein töchterlichesVersagen in dieser Angelegenheit, daher reckte ich das Kinn und drückte den Rücken durch. »Nein, natürlich nicht.«
    Wir kamen auf die Minute pünktlich vor dem Restaurant in einer Seitenstraße der Luegallee an und PS fand auch sofort schräg gegenüber einen Parkplatz, was in dieser Gegend der Stadt einem Lottogewinn gleichkam.
    »Wir haben da ein bisschen nachgeholfen«, antwortete der junge Mann, der uns vorn am roten Teppich in Empfang nahm, auf PS’ Bemerkung. Ich wollte lieber gar nicht darüber nachdenken, mit welchen Mitteln man die Anwohner dazu brachte, ihren Wagen ein paar Straßen weiter zu parken, damit die geladenen Gäste nicht mehr als zehn Schritte zu Fuß gehen mussten. In dieser Gegend war eigentlich nur eine finanzielle Lösung vorstellbar.
    Jeder Gast bekam ein Glas Champagner in die Hand gedrückt und dann standen wir herum und sahen und wurden gesehen. Bis auf die lange Bar aus poliertem Holz mit Barhockern aus Edelstahl und Leder sowie einige Stehtische war der Raum leer. Die Wände waren mit Wandmalereien in Pastelltönen verziert, die einen Sonnenuntergang über der afrikanischen Steppe, den Kilimandscharo mit Schneehäubchen oder einen Kolibri an einer riesigen Blüte zeigten. Diejenigen Tiere, deren Fleisch hier zum Verzehr angeboten wurde, tauchten auf den Gemälden nicht auf.
    Die Flügeltüren zum Restaurant wurden bald darauf von Mauro Gantini geöffnet, dem Mann, den ich einmal an der Seite meines Vaters gesehen hatte, als er ihm seinen Arm um die Hüfte gelegt hatte.
    »Herzlich willkommen«, rief er mit weit ausgebreiteten Armen. »Vielen Dank, dass Sie heute gekommen sind, um mein neues Restaurant mit mir gemeinsam einzuweihen. Bitte, nehmen Sie Platz!«
    Auf den Tischen standen Namenskärtchen und wir fandendie uns zugewiesenen Plätze problemlos. Es war ein Vierertisch am Fenster mit Blick in einen wunderschön beleuchteten Garten.
    »Kann man im Sommer auch draußen essen?«, fragte die Frau, die von Mauro an unseren Tisch geleitet wurde.
    »Das ist wegen der Anwohner leider nicht möglich«, flötete Mauro, küsste der Dame die Hand und eilte zum nächsten Gast, der seinen Platz suchte.
    Der Gast war mein Vater.
    Mauro führte ihn an unseren Tisch.
    Ich wollte nur noch weg.
    »Leonie, wie schön, dich zu sehen«, sagte mein Vater aufgeräumt, gab mir die Hand und zwinkerte mir zu wie früher immer, wenn wir zwei etwas verbrochen hatten, von dem meine Mutter nichts wissen durfte. Zum Beispiel am Pudding genascht hatten, bevor er ganz abgekühlt war.
    »Herr Siebendt.« Knappes Kopfnicken auf beiden Seiten.
    »Mein Name ist

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