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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Seine Augen strahlten.
    »Das war ja noch besser als erwartet«, flüsterte er. »Daniel hat es aber auch echt drauf.«
    Da musste ich ihm zustimmen.
    »Wo ist er jetzt?«, fragte ich mit einem mulmigen Gefühlin der Magengrube. Dass er in die Höhle des Löwen marschiert war, gefiel mir gar nicht. Vielleicht hatte der Wachmann inzwischen längst einen Anruf vom echten Boss bekommen und hielt Daniel und die anderen Aktivisten nun fest, bis die Polizei kam.
    »Wir treffen ihn drüben im Park.«
    Wir liefen immer noch Hand in Hand, überquerten die Straße und tauchten in den Schatten des Stadtgartens ein. Cafés und Restaurants hatten geöffnet und wir entdeckten einen freien Vierertisch auf einer Terrasse unter einer riesigen Kastanie. Wir setzten uns, Thomas bestellte zwei Kaffee und dann saßen wir da und blickten mit banger Erwartung in die Richtung, aus der Daniel kommen müsste.
    »Es ist bestimmt alles gut gegangen«, sagte Thomas nach einer Weile.
    »Hm.« Ich reckte weiter den Hals.
    »Mach dir keine Sorgen. Daniel hat alles minutiös geplant. Er kennt sich aus in dieser Welt.«
    Ich nickte, ohne den Blick von der Stelle abzuwenden, an der ich Daniels Erscheinen erwartete. Dann fiel mir etwas ein, was ich Thomas schon länger hatte fragen wollen.
    »Was machst du eigentlich, wenn du nicht gerade an diesen Aktionen teilnimmst?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Auch Spekulationsmillionär?«
    Er lachte. »Nein, leider nicht.«
    »Student?«
    »Da kommt er ja, der Held!«
    Tatsächlich, da kam Daniel in Jeans und T-Shirt lässig auf uns zugeschlendert. Nur die Schuhe waren noch dieselben wie vorhin bei seinem großen Auftritt. Ich ließ also Thomas vom Haken, nahm mir aber vor, gelegentlich in Erfahrung zu bringen, was er den ganzen Tag lang trieb.Ob er arbeitete und wenn ja, was. Oder ob er einer von diesen Schmarotzern war, die gegen die Gesellschaft demonstrierten, während sie ihre Sozialleistungen ungeniert in Anspruch nahmen.
    »In deinem wichtigen Lederköfferchen transportierst du also schmutzige Klamotten?«, neckte ich Daniel, als er an unseren Tisch trat.
    »Und ein paar Cracker für den Notfall – falls man uns einkassiert hätte«, gab er zurück.
    Ich schnitt eine Grimasse und umarmte ihn stürmisch. Er sah so verdammt glücklich aus.
    »Hat euch der Wachschutz wieder rausgelassen? Wie seid ihr überhaupt da reingekommen? Und wer war der Holländer? Sieht der große Boss wirklich so aus?«
    Daniel lachte mich aus. »Stopp. Erst Kaffee und Torte.«
    Ich winkte der Kellnerin und orderte mehr Kaffee und Schokoladentorte für drei.
    »Der Wachmann tat das, was Wachleute eben so tun: nämlich nichts. Und er erwartete auch nichts außer einer langweiligen Schicht an einem Tag, an dem alle anderen Menschen frei haben. Insofern haben wir ihn auf dem falschen Fuß erwischt, als Nils, das ist der ›Boss‹, Einlass verlangte. Dann machte Nils den armen Mann gleich zur Sau, wieso noch nichts vorbereitet sei, wo das Catering wäre und so fort. Der arme Wachmann wusste auf keine dieser Fragen eine Antwort, aber wir haben alle wahnsinnig eilig und busy getan und Nicole, das ist die sogenannte Presse-Referentin, hat ihm aufgetragen, die Szene von drinnen aus zu beobachten und weder ans Telefon zu gehen noch jemanden selbst anzurufen. Er sollte uns Rückendeckung geben, falls es zu Ausschreitungen käme.«
    »Ausschreitungen?«, fragte ich.
    Daniel nickte. »Bei dem Wort ist der arme Wachmann auch ganz blass geworden.«
    Thomas grinste. »Nicole ist einsame Spitze, sie kann wirklich sehr überzeugend sein.«
    Seine Worte gaben mir einen Stich, dessen Ursprung ich im Eifer des Gefechts aber nicht verfolgen wollte.
    »Wir haben ihm also gar keine Chance gegeben, einen klaren Gedanken zu fassen, sondern sind gleich vorne raus, haben unsere Show abgezogen, sind wieder rein und haben ihm angemessen gedankt. Das Telefon klingelte zu dem Zeitpunkt bereits wie verrückt. Nicole sagte, sie werde sich darum kümmern, ging zu dem Apparat in der Lobby, an dem alle zwanzig Lichter blinkten, zog den Stecker raus und tat dann so, als spreche sie mit jemandem. Dann haben wir uns schnellstens verdrückt.«
    »Und jetzt?«, fragte ich. »Wird der arme Wachmann entlassen?«
    Daniel zuckte mit den Schultern. »Ich hoffe nicht. Aber wenn, dann ist das eine Entscheidung der Firmenleitung, nicht unsere. Die treffen viele falsche Entscheidungen – dabei haben wir ihnen heute gezeigt, welche Entscheidung die richtige wäre.«
    Daniel

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