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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Schwulenbar ging, um heimlich einen Geliebten aufzureißen, und dort auf Mauro traf, aber ich konnte nicht.
    »Wo hast du ihn getroffen?«, fragte ich also, anstatt weiter meine Fantasie zu strapazieren.
    »Er arbeitete in dem Hotel, das ich prüfte, als Leiter der Gastronomie.«
    Ich verschluckte mich an meinem Eis, als ich mir vorstellte, wie der Steuerprüfer sich mit dem Gastronomieleiter heimlich in ein leer stehendes Zimmer verzog.
    »Natürlich haben wir uns während der Prüfungsphase nicht privat getroffen.«
    Hatte ich das Wort »Hotelzimmer« mal wieder auf der Stirn stehen gehabt? Sicher wurde ich auch wieder rot.
    »Aber sobald ich meinen Abschlussbericht abgegebenhatte, haben wir uns verabredet. Und dann ging alles ziemlich schnell.«
    Obwohl ich meinen Vater liebte und ihm nur das Beste wünschte, konnte und wollte ich mir nicht vorstellen, wie das mit Mauro angefangen hatte. Mein Papa in aufgeregter Umarmung mit einem anderen Mann, dann ein erster, vorsichtiger Kuss, der inniger wurde … Nein, auf diese Details wollte ich gern verzichten und ich war Mauro wirklich dankbar, dass er in meiner Gegenwart auf die Zurschaustellung von Zärtlichkeiten verzichtet hatte. Hoffentlich blieb das so.
    Wir löffelten unsere Gläser leer und bestellten Cappuccino, um den Magen wieder auf Betriebstemperatur zu bringen.
    »Und du, Kleines?«, fragte Papa schließlich. »Wie steht es bei dir mit der Liebe?«
    Ich erzählte ihm von PS.
    Er machte ein nachdenkliches Gesicht.
    »Was ist?«, fragte ich endlich.
    Er druckste herum.
    »Was gefällt dir daran nicht?«
    »Bist du sicher, dass es Liebe ist und keine Schwärmerei?«
    Ich nickte.
    »Sicher, dass er nicht einfach das verkörpert, was du auch endlich willst? Beruflichen Erfolg, Geld, Kompetenz, Ansehen …«
    Ich lachte. Mein Vater hatte schon immer eine geradezu unheimlich treffende Vorstellung davon gehabt, was mich gerade beschäftigte.
    »Du hast recht, dass ich genau das endlich will. Ich habe die Nase so voll von den Schattenseiten des Studentenlebens. Von dem Wohnen in einer WG, in der man niemals seine Ruhe hat, in der man für die Faulen mitarbeitet und inder noch nicht mal genug Platz für ein vernünftiges Sofa ist. Ich habe lange genug von abgezähltem Geld gelebt, habe Secondhand-Klamotten gekauft, bin lange genug von arroganten Professoren oder Doktoranden herumgeschubst worden, obwohl die zum Teil weniger Ahnung hatten als ich. Ich will zeigen, was ich kann, will Geld verdienen, mir schöne Sachen kaufen, die Welt sehen. Das ist alles richtig. Aber es hat nichts mit meinen Gefühlen für PS zu tun.«
    »Nun, du bist noch jung …«, sagte Papa, und das machte mich wirklich wütend, denn es bedeutete im Klartext, dass er nicht daran glaubte, dass aus PS und mir ein Paar würde. Ich schnaubte unwillig und bedauerte, dass ich ihm überhaupt von meinen Gefühlen erzählt hatte.
    Ich würde ihm einfach beweisen, dass das mit PS und mir eine ernste Sache war, indem ich unsere Reise dazu nutzen würde, PS endlich meine Gefühle zu gestehen. Dann würde auch er sich trauen, mir sein Herz zu öffnen. Solange er aber meine Gefühle nicht kannte, würde er sich zurückhalten, das war klar. Für einen Vorgesetzten gehörte es sich schließlich nicht, eine Untergebene anzugraben, das konnte leicht als sexuelle Belästigung missverstanden werden. Ich musste also den ersten Schritt machen, und in diesem Moment wurde mir klar, dass ich es tatsächlich tun würde.
    »Schau nicht so biestig, das steht dir nicht«, sagte Papa mitten in meine Gedanken hinein.
    Ich lachte – glücklich, weil ich endlich beschlossen hatte zu handeln. »Und ich dachte, wahre Schönheit kann nichts entstellen.«
    Papa nickte erleichtert. »Lachend gefällst du mir trotzdem besser.«
    Nach der Aussprache mit meinem Vater kam ich am Dienstag in blendender Laune ins Büro. Auch Josef strahlte, berichtete wieder von Tin-Tins neuen Freunden und dass siees morgens gar nicht erwarten könne, in die Schule zu kommen. Die Lehrerin hatte, da die Kinder so viel Interesse an den Tieren zeigten, offenbar Besuche von Menschen mit Tieren in der Schule organisiert. So war jemand mit einem Schaf und zwei Ziegen gekommen und noch ein Mann war wegen der Küken da gewesen. Ich hörte nur mit einem Ohr zu und war mit dem Rest meiner Aufmerksamkeit bereits an meinem Schreibtisch, denn in den letzten Tagen vor der Reise musste ich noch eine ganze Menge Arbeit erledigen.
    Gegen halb drei saß Tin-Tin wieder bei

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