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Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Titel: Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinstorff-Verlag
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sie zugleich, dass sie ihren Kollegen manchmal wie einen Laufburschen behandelte.
    Das blonde Haar der Suchtberaterin – Barbara dachte: güldenes Haar – floss geradezu über die Schultern. Wie alt mochte sie sein? Jedes Mal stellte sich Barbara diese Frage. Frau Grünbergs Alter war schwer zu schätzen, aber vermutlich war sie älter, als sie aussah und sich gab.
    Nachdem die Dipl.-Psych. mit einer einladende Geste in die Ecke gewiesen hatte, saßen sie nun in der Sitzgruppe einander gegenüber. Frau Grünberg hatte den obligatorischen Notizblock auf den Knien, Barbara wartete auf die erste inquisitorische Frage. Die kam dann auch prompt: »Wie war Ihr Besuch bei der Selbsthilfegruppe?«
    »Scheußlich.« Barbara schaute auf ihre Hände. Plumpe Hände. Wurstfingerhände. »Alles Säufer!«
    »Bitte?«
    »Na, da sind lauter Alkoholiker …«
    »Aber was haben Sie denn erwartet? Bei einer Selbsthilfegruppe für Alkoholiker?«
    »Ja, schon, aber …« Barbara kam sich vor wie ein gemaßregeltes Schulkind. »Ich meine, mit diesen Leuten verbindet mich nichts. Außer … außer dem Suchtmittel. Das ist doch aber kein Kitt für irgendeine Art von zwischenmenschlicher Beziehung.«
    »Moment!«
    Barbara hob den Kopf. Die Diplompsychose hatte nicht den Zeigefinger erhoben.
    »Momentchen mal! Welcher Kitt hat denn Ihre Beziehungen in den Kneipen zusammengehalten?«
    »Es war nur eine Kneipe. Meine Stammkneipe, die Krumme Ecke .«
    »Genau. Über sie haben wir ja gesprochen. Sie haben selbst gesagt, dass das dortige Gelaber manchmal nur im Rausch auszuhalten war. Alle diese Beziehungen und sogenannten Freundschaften hat doch der Alkohol gestiftet? Und jetzt weichen Sie neuen, quasi alkoholfreien Beziehungen aus? Sind Sie nicht neugierig?«
    »Doch, doch«, versicherte Barbara, »Neugierde gehört zu meinem Job. Aber bei dieser Gruppe gibt es keine interessanten Menschen.«
    »Woher wollen Sie das wissen? Sie waren doch erst einmal dort.«
    »Frau Grünberg!« Barbara richtete sich innerlich auf. »Ich weiß nicht, wie lange Sie schon Psychologin sind. Ich bin jedenfalls seit über 20 Jahren bei der Kriminalpolizei. Wenn ich einem Menschen begegne, weiß ich nach zehn Sekunden, ob er interessant für mich ist oder nicht. Nach über 20 Jahren Kripo kann ich Ihnen eines sagen: 90 Prozent der Menschen sind uninteressant. Und auch wenn man behauptet, jeder Mensch sei einmalig – meine Erfahrung sagt, dass das nicht stimmt. Und Sie wissen es doch auch: Immer wieder sieht man die gleichen Muster.«
    »Bei anderen?« Frau Grünberg schaute Barbara tief in die Augen. »Oder erkennen Sie solche Muster auch bei sich selbst?«
    »Überall.«
    ***
    Während des Gesprächs mit der Suchtberaterin pflegte Barbara ihr Handy abzuschalten, sodass sie Upleggers Spruch auf der Mailbox erst auf dem Weg zum Wagen abhörte. Er veranlasste sie, sofort zum Seehafen zu fahren, und zwar mit Karacho. Sie musste dazu keinen Fingerbreit von Gottes Wegen abweichen, sondern konnte die A19 bis fast an ihr Ziel benutzen: Am Rande des Hafens, in der Ost-West-Straße, betrieb eine Firma mit dem etwas umständlichen Namen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft Rostock eine sogenannte Restabfallbehandlungsanlage. Dieses Silbenungetüm war nach Barbaras Erinnerung noch nie zum Unwort des Jahres gekürt worden. Trotz Regens und 180 Sachen telefonierte sie mit dem Handy am Ohr und hörte von ihrem Kollegen nicht nur Näheres über Dombrowskis Zeugenaussagen, sondern konnte überdies in Erfahrung bringen, dass beim Hafen eine Mechanisch-Biologische Abfallbehandlungsanlage auf sie wartete, abgekürzt MBA. Die Restabfallbehandlungsanlage hieß liebevoll RABA. Kurzum also: Die EVG betrieb in Hafennähe eine auch MBA genannte RABA – die Suche nach etwaigen Leichenteilen konnte eigentlich nur heiter werden.
    »Aba aba raba raba«, sang Barbara sinnlos vor sich hin. Mit ihrer Suchtberaterin hatte sie vereinbart, dass sie es noch einmal mit der Selbsthilfegruppe versuchen solle. Sie war sehr schnell einverstanden gewesen, weil kein Geringerer als der Mann ohne Eigenschaften hinter der Therapie steckte und sie sich Ärger einhandeln würde, wenn sie nicht kooperierte. Einmal hatte Gunnar Wendel sie schon zum Innendienst verdammt, und da sie keine Wiederholung wünschte, machte sie alles, was die Grünberg ihr sagte, die Diseuse oder Domina.
    »Was singen Sie denn da?«, fragte Uplegger.
    »Nichts. Sagen Sie, könnten Sie mit Ihrem mirakulösen Phone nicht herausfinden,

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