Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)
ist Sankt-Pauli-Anhänger.«
»Bei uns in Rostock? Na, dann ist er wohl auch ein Mörder.« Der Kriminaltechniker schnürte die Müllbeutel zu und beschriftete sie.
Da erschien der mutmaßliche Killer Lutze wie aufs Stichwort. Er hielt ein DIN-A4-Blatt in der Hand, und das Gelächter, das ihn empfing, verstand er nicht. Doch fragte er nicht nach dem Anlass, sondern schwenkte triumphierend sein Papier.
»Bei der Stadtreinigung wusste man schon Bescheid«, erklärte er, »und man war sehr kooperativ. Ein Anruf, und ich wurde sofort zu der Verantwortlichen durchgestellt. Also!« Er hob die Stimme. »Die Tour der Mitarbeiter Lasdin und Pawelka begann gestern um 6 Uhr, und der nördliche Teil Lütten Kleins, das heißt, der Bereich nördlich der Warnowallee, stand auf ihrem Programm. Sie waren auch für die Hochhäuser in der Rigaer Straße zuständig. Gegen 7:30 Uhr wollen sie dort die Müllgroßcontainer entleert haben. So heißen die Dinger korrekt.« Er blickte für einen Moment zu Barbara, dann widmete er sich wieder seinen Aufzeichnungen. »Großmüllcontainer mit Runddeckel! Nicht Müllgroß…, sondern Großmüll… Sie fassen 1100 Liter, bestehen aus verrottungsfestem Kunststoff, haben vier Vollgummi-Lenkrollen mit Felgen aus Kunststoff und sind in den Farben anthrazit, grün, blau und gelb lieferbar. Die fraglichen, auf die es uns ankommt, sind grün.«
»Ach, Kollege Lutze, wie Sie jetzt alle meine nicht gestellten Fragen beantwortet haben!«, jubelte Barbara, wobei die Begeisterung nur gespielt war.
»Und was lernt uns das?«, fragte Uplegger. »Bevor Sie meckern, ich weiß, das ist falscher Deutsch.«
»Ich denke«, sagte sie, »es lehrt uns, dass der Täter die Müllabfuhrzeiten kannte, so wie er vermutlich auch Lena kannte.«
Uplegger deutete zu den Müllbeuteln: »Ist das Lena Schultz?«
»Ich halte es für wahrscheinlich. Wobei mir etwas einfällt.« Sie wandte sich an Pentzien, der sich in der Nähe mit Wendel und Breithaupt austauschte. »Manfred?«
»Jo?« Er drehte sich um.
»Ich hatte dich doch gebeten, jemanden zu den Eltern der Schultz-Lena zu schicken, der Speichelproben nimmt …«
»Ja, ist noch nicht geschehen. Aber das können wir sofort nachholen. Ihr fahrt doch sicher gleich hin?«
»Bleibt uns wohl nichts anderes übrig.«
»Dann gebe ich euch das entsprechende Besteck mit. Aber schön Handschuhe tragen. Und nicht selber in den Mund nehmen.«
Barbara setzte jenen Blick auf, den sie Kuhblick nannte: »Echt nicht? Wieso denn nicht? Werden die Proben nicht in Polizistenmündern warm gehalten?«
»Na, los«, Pentzien machte eine Kopfbewegung zur Hallenausfahrt, »gehen wir! Und als Extra für den Kollegen Uplegger: Andiamo!«
Auf dem Weg zu Pentziens Wagen nahm Barbara den kurzzeitig verlorenen Faden wieder auf: »Also, der Täter kannte anscheinend die Zeiten der Müllabfuhr und hatte einen Schlüssel für den umzäunten Stellplatz der Tonnen. Oder der Großmüllcontainer. Sieht doch wirklich aus, als wäre es ein Hausbewohner.«
»Und warum huscht er dann gemeinsam mit Besenbinder ins Haus?«
»Vielleicht hat der Kapuzenmann gar nichts mit der Tat zu tun. Und die Sache mit dem mal roten, mal blauen Honda schmeckt mir auch nicht.«
»Zeugen eben«, meinte Jonas. »Manchmal sehen sie den Wald vor lauter Bäumen nicht und manchmal sehen sie Palmen und Tiger im norddeutschen Mischwald.«
»Bei Autos sind Zeugenaussagen fast immer ein Alptraum«, gab Pentzien seinen Senf dazu. »Zehn Zeugen gleich zehn Marken und zehn Farben.«
Die Fahrt zu den Eltern von Lena Schultz war das reinste Kinderspiel. Uplegger mit seinem Navi fuhr voran, Barbara folgte. Es ging noch ein ganzes Stück die Ost-West-Straße entlang und an den Tanks des Peezer Ölhafens vorbei bis zur Landstraße von Graal-Müritz.
Sie durchquerten Hinrichsdorf und erreichten rasch Dierkow. Keine 30 Minuten nach dem Start standen sie vor dem Haus im Fontaneweg, wobei Barbara sich einbildete, dass sie ohne Upleggers Führung nur die Hälfte der Zeit gebraucht hätte, aber dieser Spießer fuhr in geschlossenen Ortschaften ja nie über 50.
Sie klingelten am Gartentor. Othello antwortete von drinnen mit einem Bellen.
Uplegger hatte die Fahrt genutzt, um nachzudenken.
»Könnte der Hausbewohner nicht Morbacher sein?«
»Auf jeden Fall müssen wir dessen Alibi gründlich unter die Lupe nehmen.«
Die Haustür öffnete sich. Steuerberater Schultz erschien, sozusagen in Zivil: Er trug eine blaue Trainingshose und ein
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