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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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nach meiner Frau. Weil ich immer damit rechnen muss, dass sie irgendetwas ganz und gar Widersinniges oder Gefährliches tut. Selbst wenn sie auf Zehenspitzen geschlichen wäre und die Türen ganz leise geöffnet hätte, ich hätte es gehört.«
    »Und die Jähnickes? Könnten sie …?«
    »Diesen Menschen traue ich alles zu. Der Alte ist doch beim Chinesen mit diesen Schweden in Streit geraten? Das weiß schon halb Nienhagen …«
    »Daran habe ich auch gedacht.« Kaum hatte es Uplegger ausgesprochen, da hätte er sich am liebsten die Zunge abgebissen. Zum Glück war Barbara nicht dabei; sie hätte ihn gleich nach Verlassen des Hauses darauf aufmerksam gemacht, dass er gegenüber einem Tatverdächtigen einen Verdacht gegen Dritte ausgesprochen und ihm somit in die Hände gespielt hatte. Das Mitgefühl hatte wieder einmal seinen Verstand übermannt. Wütend auf sich selbst nahm er Abschied, und auf dem Weg zum Wagen rief er noch einmal Marvin an.
    Ohne Erfolg.
     
    Alkoholikerin! Barbara hatte all ihre guten Vorsätze vergessen. Vor einiger Zeit war sie in der Krummen Ecke von Nullvierern auf Nulldreier umgestiegen, aber nun bestellte sie wieder das große Bier. Und auch einen doppelten Wodka hatte sie genommen, obwohl sie in ihrem Stammlokal auf härtere Sachen meistens verzichtete.
    Die üblichen Verdächtigen, die zum Inventar gehörten, saßen am Tresen: der ewige Transferleistungsempfänger Matthes und Nico Böhme, der gescheiterte Schriftsteller. Hoch über dem Tresen lief wie immer und wie fast immer stummgeschaltet der Fernseher, am Zapfhahn hantierte Achim, der Wirt. Barbara verbot sich den Gedanken, dass hier noch alles beim Alten sei, denn das hatte sie in Hübners Antiquariat auch gedacht und war eines Besseren belehrt worden.
    Al-ko-ho-li-ke-rin! Sie ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen, aber es hatte keinen Geschmack. Das traf im Grunde genommen auch auf den Wodka zu, aber er brannte wenigstens im Mund und dann hinter dem Brustbein. Barbara hatte zwar einen Termin in der Tasche, aber sie würde schon Ausflüchte finden, um der Diplompsychose in Zukunft zu entgehen. Diese Frau wurde natürlich dafür bezahlt, jedem, der hin und wieder ein bisschen tief ins Glas schaute, Beleidigungen um die Ohren zu hauen. Irgendwann würde sie den Holzhammer namens Therapie hervorholen, aber Barbara legte sich nicht auf die Couch und würde auch zu keiner dieser Gruppen gehen, in denen vertrocknete Säufer stolz die Vorzüge der Abstinenz priesen, bevor sie wieder abstürzten. Wahrscheinlich duzte man sich dort. Die Vorstellung, von irgendwelchen Suffbrüdern Barbara genannt zu werden, war ganz und gar schrecklich.
    Sie hob das leere Schnapsglas: »Noch einen!«
    »Was ist denn los mit dir?«, wollte Nico Böhme wissen. »Du siehst so zerknittert aus.«
    »Nachtarbeit.«
    »Brannte wieder die ganze Nacht Licht im Kreml?«, mischte sich Matthes ein. Er hielt sich wie immer an Bier und Köhm.
    »Jau.«
    Nico sagte: »Ich hab’s gestern im Nordmagazin gesehen. Die Sache da im Gespensterwald. Ist ja furchtbar!«
    Barbara biss sich auf die Lippen, sie hatte schon geahnt, dass man auch in der Krummen Ecke darüber sprechen würde. Vier Tote lockten selbst den schlaffsten Voyeur aus seinem Winkel.
    Achim kredenzte den Wodka und blieb vor Barbara stehen, denn das interesierte auch ihn.
    »Wird alles immer schlimmer«, meinte Matthes.
    »Ja, ja, ja, du Lamentierer!« Nico Böhme und Matthes kannten sich seit gut 20 Jahren und waren von Anfang der Zeiten wie Hund und Katze. »Alles wird immer schlimmer – der totale Rentnerspruch!«
    »Kannst ihn ja in deinen Romanen verarbeiten.«
    Auch mit dieser Anspielung auf Nicos chronische Schreibhemmung hatte Barbara gerechnet. Sie verdrehte die Augen gen Himmel und erhaschte dabei einen Blick auf die Mattscheibe. Aus einem unbekannten Grund stellte Achim gern Phoenix ein, wo andauernd etwas über Hitler lief, und wenn nichts über Hitler, dann über Archäologie. Im Moment spie ein Vulkan.
    »Kannst du uns etwas erzählen, Barbara?«, fragte Achim.
    »Ihr wisst doch, dass ich das nicht darf.«
    »Aber es sind Schweden, oder? Mudder, Vadder und zwei Bengels?«
    »Wenn das Nordmagazin das auch schon weiß …«
    »Nee, nee«, sagte Achim, »ich hab’s aus der BILD. Aber is ’ne gute Idee.« Er nahm die Fernbedienung vom Tresen und schaltete zum NDR-Fernsehen. Doch es war zu spät, selbst für die Tagesschau, wovon er sich zusätzlich mit einem Blick auf die Uhr

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