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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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das kalte Herz wärmen konnte. »Ich bin Magnus. Und ihr seid bestimmt die Leute von der Polizei.«
    Barbara konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man sie duzte, ohne dass sie das Du angeboten hatte, und damit ging sie haushälterisch um. Wenn es ein junger Schnösel in einer Gaststätte tat, reagierte sie mit der Frage, ob man wohl schon ein Bier miteinander getrunken habe. Bei Eidsvag schwieg sie zunächst, auch weil sie an die letzte Nacht denken musste.
    Magnus machte eine einladende Geste in das Haus. Um hineinzugelangen, musste man eine Fußmatte von einem unappetitlichen Braun überqueren, die eine Aufschrift in Versalien trug: RÄUBERHÖHLE.
    Das Innere des Hauses war alles andere als das. Es gab keine Designermöbel, sondern in dem großen Wohnzimmer waren sparsam historische Anrichten, Vertikos und Truhen verteilt, und auch den Esstisch sowie die Stühle hatte jemand aufgearbeitet. Dass Sofa und Sessel Chippendale waren, erkannte sogar Barbara. Der Boden war mit Terrakotta gefliest, es gab keine Teppiche. An den Wänden fand sich eine Unzahl von Bildern in barocker Hängung, alle in üppigen Rahmen mit Schnitzwerk und Vergoldung, wobei es sich bei den Landschaften und Porträts um Gemälde handelte, wie man sie auf Trödelmärkten erwerben konnte, also keineswegs um Wertanlagen. Nur zwei der Bilder ragten heraus, nicht nur wegen ihrer modernen Rahmen. Das erste war Der Schrei von Munch, allerdings als Parodie, denn wer da schrie, war Homer Simpson, das zweite eine leuchtende Gebirgslandschaft mit Schafen und einer in die Ferne blickenden Sennerin. Daneben hing ein Ausstellungsplakat, ebenfalls gerahmt und unter Glas. Abgebildet war ein Reisfeld, auf dem gebeugte Frauen schufteten, von denen sich eine gerade aufrichtete. Rivoluzione! , stand in großen Lettern darauf, und dann, weit kleiner: Italienische Moderne von Segantini bis Balla. Kunsthaus Zürich. 26. 9. 2008 – 11. 1. 2009.
    Weder von einem Segantini noch von einem Balla hatte Barbara je gehört. Sie warf ihrem Kollegen einen scheelen Blick zu, denn sie fürchtete, er könne seiner Leidenschaft für alles Italienische freien Lauf lassen. Uplegger hielt sich aber zurück. Offenbar galt sein Interesse weniger den Bildern als einem Glasschrank, und zwar nicht wegen dessen schöner Intarsien, sondern wegen des Inhalts: Dosen, Pokale, Kerzenständer und eine Kerzenschere, alles anscheinend aus Silber. Und Münzen. Mehrere Dutzend Münzen, präsentiert oder – besser noch – aufgebahrt auf einer speziellen Vorrichtung aus Plexiglas.
    »Ihre Sammlung, Herr Eidsvag?«
    »Nein, die gehört meiner Frau. Sie liebt alte Dinge aus Edelmetall. Manche Frauen sind eben«, er lächelte wieder herzerwärmend, »wie Elstern.«
    »Und die Münzen?«
    »Geerbt. Von ihrem Großvater. Sie sagt, sie sind sehr wertvoll.« Eidsvag hob die Schultern. »Ich verstehe davon nichts.«
    Barbara fragte: »Also stellt sie die Münzen aus sentimentalen Gründen aus?«
    Eidsvag kräuselte die Stirn. »Wie meinen Sie das?«
    »Um die Erinnerung an ihren Großvater zu bewahren. Oder sammelt sie auch?«
    »Münzen nicht. Wollen wir auf die Terrasse gehen? Da ist noch Sonne.«
    »Möchten Sie gar nicht wissen, warum wir Sie aufsuchen?«
    »Doch.« Er trat zur Terrassentür, die offen war. »Sie sagen es mir sicher gleich. Übrigens gefallt mir Ihr T-Shirt. Äh, gefällt mir!«
    Barbara bekam einen roten Kopf und wandte sich schnell ab. Nicht das Kompliment beschämte sie, sondern dass sie nicht wusste, ob er es ironisch gemeint hatte. Das T-Shirt würde jedenfalls nicht in die Wäsche wandern …
    Auf der Terrasse war es heiß, und sofort geriet sie ins Schwitzen. Vor einem Nebengebäude, einem Schuppen oder einem Gartenhaus, ebenfalls in Fachwerkbauweise errichtet, lag jede Menge Schrott. Eidsvag trat zu einem Schalter an der Wand und legte ihn um. Überall auf dem kurzgeschorenen Rasen begannen in den Boden eingelassene Sprenger feine Wasserstrahlen in die Luft zu speien und kleine Regenbogen zu produzieren.
    »Wenn Sie erlauben: Wo ist eigentlich Ihre Frau?«
    »Sie ist mit unserer Tochter zur Hanse Sail gefahren.« Eidsvag setzte sich in einen der Armlehnstühle aus Edelstahl, die nicht antik waren, sondern ultramodern. Sie waren mit einem Stoff von einer Farbe bespannt, die aussah, als könne sie cappuccino heißen.
    »Sie haben eine Tochter?« Auch Barbara und Uplegger setzten sich.
    »Ja.« Eidsvag, ganz stolzer Papa, strahlte wie ein Honigkuchenpferd. »Anna-Maria. Vier

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