Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
Vom Netzwerk:
erquicklich?«
    »O doch.« Barbara warf das Schreiben in den Korb für die Ausgangspost. »Und so bildend! Übrigens hat sie ihre abstrakte Phase hinter sich gelassen und malt wieder gegenständlich.«
    »Ich glaube, das pfeifen inzwischen die Spatzen von den Dächern.«
    »Geier wären mir lieber. Die Dame hat mich angelogen. Das passiert uns ja andauernd, aber wenn sich Lüge und Arroganz paaren, bin ich not amused.«
    Uplegger nickte und wandte sich wieder den Gewalttätern Sport zu. Barbara füllte Blätter aus und fragte sich, ob er wohl ein Helfersyndrom habe. Sandy Ball musste ihn beeindruckt haben, ihr schweres Schicksal mit drei Kindern und einem prügelnden Feigling? Noch ein Feigling. Barbara stempelte. Ein Mann eben.
    Nachdem sie die Vorladungen fertig hatte, fiel ihr plötzlich ein, dass ihr Ann-Kathrin eine Akte auf den Tisch gelegt hatte, die Andriejus’ Ex Claudia und ein Drogenvorkommnis betraf. Ihr Gedächtnis war mitunter etwas getrübt, aber sie schob es darauf, dass sie zu viel im Kopf hatte, und nicht auf das Bier. Die Akte war offenbar unter Upleggers Stapeln verschwunden.
    »Irgendwo muss was für mich von Rauschgift sein«, sagte sie.
    »Was?« Vertieft in seine Bilder, hatte er offenbar nicht zugehört.
    »Eine Akte, die Ann-Kathrin …«
    »In Ihrem Fach.«
    »Ah, ja.« Barbara erhob sich und öffnete einen Schrank, in dem jeder von ihnen eine mit dem Namen beschriftete Ablage besaß, Uplegger eine rote, sie eine graue. Ann-Kathrins Morgengabe war eine schmale grüne Mappe, übersät mit Kürzeln und Stempeln. Der größte stammte von der Staatsanwaltschaft und verkündete dogmatisch: EV eingestellt. Zurück an PD Rostock hatte jemand, vermutlich eine Justizangestellte, in runder Kinderschrift daruntergeschrieben.
    Barbara kehrte an ihren Schreibtisch zurück, setzte sich und schlug die Mappe auf. Das Erste, was sie fand, war ein Zettel, auf dem Ann-Kathrin den Stundenplan von Claudia Brinkmann notiert hatte; sie hatte wirklich gründlich recherchiert.
    Eine Maja Posner, Mutter des Leo Posner, 17 Jahre alt und Schüler an der Borwinschule, war am 7. Dezember 2010 bei der Polizei erschienen und hatte sowohl eine Aufsichtspflichtverletzung als auch ein Drogendelikt angezeigt. Die Klasse ihres Sohnes hatte in den Herbstferien einen Ausflug in das Schullandheim Ueckermünde gemacht, begleitet von dem Klassenlehrer und von Claudia Brinkmann. Angeblich war diese Klassenfahrt in eine Alkoholsause und Drogenparty ausgeartet. Nicht bloß der Klassenlehrer sei ständig betrunken gewesen, sondern auch die meisten Schüler, nur Goldjunge Leo natürlich nicht. Den habe nicht nur der Alkohol angewidert, sondern auch das Kiffen seiner Mitschüler, wobei sich ein gewisser Henning Beyer hervorgetan habe; der habe jede Menge Dope dabeigehabt. Eines Abends dann – exakt am 20. Oktober, circa 21 Uhr – habe Beyer in stark alkoholisiertem und bekifftem Zustand die Mädchen in ihren Zimmern aufsuchen wollen und sei, obwohl sie im selben Gebäude untergebracht waren, aus einem Fenster im zweiten Stock geklettert, vielleicht eine Mutprobe. Dabei sei er abgestürzt und habe sich schwer verletzt. Beyer sei als Lieblingsschüler der Brinkmann im Fach Englisch bekannt, er verkehre auch privat bei ihr und habe an der Schule den Ruf, immer etwas zu rauchen in der Tasche zu haben. Die Schule habe diesen Vorfall unter den Teppich kehren wollen, doch Frau Posner als Elternvertreterin habe dies nicht dulden wollen, und weil sie in der Schule auf Granit biss, habe sie sich zu einer Anzeige entschlossen. Da sie den Vorfall erst in der Schule habe klären wollen, sei so viel Zeit verstrichen.
    Barbara fragte sich, was es wohl bedeuten mochte, dass der Schüler Beyer privat bei Claudia Brinkmann verkehre. Hatten die beiden etwas miteinander? War das ein Grund für die Trennung von Andriejus? Ein solches Verhältnis wäre ziemlich pikant …
    Sie blätterte weiter. Die Ermittlungen waren nicht gerade mit Verve geführt worden: Es hatte ein paar Befragungen gegeben, inbesondere Henning Beyer hatte man durch die Mangel gedreht, aber besonders viel hatte der junge Mann nicht gesagt. Der zuständige Sachbearbeiter von Rauschgift, ein Kriminalkommissar, den Barbara nicht kannte, hatte auch das Staatliche Schulamt Rostock informiert, und dafür hatte er ein Dankschreiben von dem für Gymnasien zuständigen Schulrat und einer Mitarbeiterin des Schulpsychologischen Dienstes bekommen. Dann wurde das Verfahren von der notorisch

Weitere Kostenlose Bücher