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Mörder Quote

Mörder Quote

Titel: Mörder Quote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hermanns
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das richtige Gefühl gegeben und damit die richtige Ausdruckskraft in seiner Stimme hervorgerufen. Doch jetzt musste er loslegen, es nutzte nichts. Er senkte seine Lider, um irgendein Bild zu beschwören.
    O I’ll tell you something
    I think you’ll understand
    When I say that something
    I wanna hold your hand
    I wanna hold your hand
    I wanna hold your hand
    Da kam ein Bild. Ganz von unten. Das Studentencafé und der Moment, als er Sebastians Hand nehmen wollte.
    Oh, please, say to me
    You’ll let me be your man
    and please, say to me
    You’ll let me hold your hand
    Now let me hold your hand
    I wanna hold your hand
    Wie Sebastian sich panisch zurückzieht. Die Zurückweisung. Und trotzdem dieses Gefühl …
    And when I touch you, I feel happy, inside
    It’s such a feeling
    That my love
    I can’t hide
    I can’t hide
    I can’t hide
    In diesem Moment öffnete Sascha die Augen und sah direkt in Sebastians Gesicht. Kurz dachte er, er würde halluzinieren, aber nein, Sebastian saß wirklich da, im Publikum, genau in seiner Augenhöhe und starrte ihn an.
    Sascha wurde schummrig, und seine Knie gaben fast nach. Um ein Haar hätte er seinen nächsten Einsatz verpasst, aber er konzentrierte sich schnell auf Tanya, die ihm einen aufmerksamen Blick zuwarf, als ob sie etwas gemerkt hätte. Wie als Rettungsanker widmete er den Schluss des Liedes nur ihr:
    I wanna hold your hand
    I wanna hold your hand!
    Erst als der Applaus aufbrauste und der Saal und die Jury in eine Stand Ovation aufsprang, kam Sascha wieder zur Besinnung. Nach dem dritten Verbeugen traute er sich sogar in Reihe zehn, Mitte, zu sehen. Aber Sebastian war verschwunden.

KAPITEL 36
    Saschas Beatles-Version war exzellent, so gut hatte Tanya ihn noch nie erlebt. Zwar hatte er am Schluss einen kleinen Moment der Nervosität gehabt, aber so konzentriert und vor allem so intensiv hatte er noch nie gesungen. Tanya freute sich trotz ihrer Erschöpfung wirklich für ihn. Er hatte sich tatsächlich vom einfachen Popfan zum ausdrucksstarken Sänger entwickelt. Das waren die Augenblicke der Show, die ihr früher immer so viel Freude gemacht hatten.
    Um so mehr war sie von Chantal genervt, die es jetzt wirklich wagte, sich an Edith Piafs »Non, je ne regrette rien« zu vergehen. In einem schwarzen Paillettenkleidchen mit übertriebenen Gesten, wie in der billigsten Travestie-Show. Alles zu viel, zu groß, zu falsch. Aber das Publikum tobte, und Marco gab ihr ein »Doofes Lied, aber geil gebracht!«-Lob, und der PR -Fuzzi redete viel zu lang über Edith Piaf und ihr Außenseitertum und Chantals Außenseitertum, als ob er schon die Überschrift seiner PR -Meldung tippen würde. Aber dann machte Lilly alles wieder gut mit einer unfassbaren Version von »Bridge over troubled water«, elegisch, klar und schön wie das Lamento einer Nachtigall oder die großartigste Arie einer berühmten Opernsängerin oder Joni Mitchell. Hier waren sich nun alle einig – das war die beste Performance des Abends, die Jury hämmerte es den Zuschauern ein, und die Zuschauer telefonierten es begeistert zurück. Damit war klar: Lilly war im Finale, und damit der dritte Platz entschieden werden konnte, wurden Sascha und Chantal nun zum Sing-Off verdonnert, einem gnadenlosen Stimmduell, in dem zwei Kandidaten das gleiche Lied gegeneinander singen mussten.
    Marco Deutz selber wählte den Song, und in seinem typischen klischeehaften Simpel-Humor hatte er sich für die beiden Stammgäste des Rainbow natürlich das Lied ausgesucht, das dort morgens, mittags und abends lief und das Marco selber super fand (»Weil, es ist echt superschwul und superprimitiv und deshalb SUPERGEIL «) – »It’s raining men« von den Weather Girls.
    Tanya sah sofort an Saschas Gesicht, dass er den Song genauso hasste wie sie selber. Nichts an dem Lied konnte man interpretieren, man konnte es nur brüllen, um diesem Karnevals- und Hüttenzauberschlager überhaupt eine Aussage zu geben, nämlich die Aussage »laut, lauter, am lautesten!«.
    Lilly in ihrer Sofaecke sah auf jeden Fall glücklich aus, dass sie nicht in das Discogewitter mit einstimmen musste, und eine siegessichere Chantal griff jetzt schon in innerer Vorbereitung unter ihre neuen Brüste, schob sie hoch und machte sich für das Duell bereit. Tanya tat der kleine Sascha leid, als er in die Mitte des Studios schlich – er konnte nur verlieren.
    Wie das nahende Dröhnen einer herankommenden Panzertruppe ertönten die ersten Takte, und das fröhliche Gebrabbel

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