Mörder sterben nicht im Bett
später.«
Schnell lief ich zum Auto, ehe
sie zu dem Entschluß kommen konnte, nicht erst bis zum Abend zu warten Ich fuhr
zurück zum Hotel, aß zu Mittag, suchte Carol Dorcas ’
und Brad Masons Telefonnummer heraus und begann zu wählen. Mason erreichte ich
sofort.
»Louise ist nicht gekommen«,
teilte er mir mit. »Wir haben eine Stunde auf sie gewartet — bis zwölf Uhr .«
»Dann muß man sich wirklich
Sorgen um sie machen«, meinte ich.
»Vielleicht haben Sie recht«,
antwortete er kühl. »Jedenfalls wollen wir ihr Haus umgehend zu einem öffenthchen Ärgernis erklären lassen .«
»Nicht gerade ein guter Start
für den neuen Klub«, gab ich zu bedenken.
»Möglich«, räumte er ein. »Aber
wir können ja nicht ewig auf Louise warten .«
»Ich bin so gut wie sicher, daß
sie entweder entführt oder ermordet wurde«, sagte ich.
»Sie haben eine lebhafte
Phantasie, Boyd. Und ich weiß jetzt, daß Nelson Pembroke keinesfalls Ihr Klient
ist. So wie er heute morgen auf Ihren Namen reagiert hat, könnte man meinen, er
würde Sie bei erstbester Gelegenheit mit bloßen Händen umbringen .«
»Nur eines will mir nicht in
den Kopf«, sagte ich ungerührt. »Angeblich hat Louise d’Avenzi ihr Haus gleich
nach dem Tod ihres Mannes an ihre Freundin Eloise Harman verkauft .«
»Das hat sie nie getan«, sagte
Mason knapp. »Vielmehr ist ihre Freundin Eloise eingezogen und hat ein Bordell
daraus gemacht. Wahrscheinlich sind die beiden Teilhaberinnen .« Er lachte kurz. »Und Louise scheint dabei die stille Teilhaberin zu sein, wie ?«
6
Das Haus träumte immer noch
hoch auf der Klippe vor sich hin. Ich läutete und lauschte dem melodischen
Glockenspiel hinter der Tür. Kurz darauf öffnete sich die Tür vielleicht vier
Zoll breit, und ein braunes Auge dahinter spähte nach mir aus.
»Hallo«, strahlte ich. »Mein
Name ist Danny Boyd. Ich möchte gern mit Eloise sprechen, wenn’s paßt .«
»Aber sicher«, antwortete sie.
»Kommen Sie herein .«
Die Tür öffnete sich ganz, und
ich trat in die große Diele, blieb aber abrupt stehen. Dem Gesicht nach war sie
Anfang Zwanzig, aber der Rest strafte das Lügen: Ihr braunes Haar war zu einer
Schulmädchentolle gekämmt, sie trug keinerlei Make-up, dafür aber einen weißen Highschool -Pullover und einen kurzen Faltenrock. Die
nackten braunen Beine steckten in Baumwollsocken und Tennisschuhen. In der
Linken hielt sie einen überdimensionalen Dauerlutscher.
»Ich weiß«, sagte sie
verständnisvoll. »Ich sehe ziemlich albern aus .«
»Wirklich, es hätte mich fast
umgehauen«, gestand ich. »Was ist hier los — eine Kostümparty ?«
»Vielleicht könnte man es so
nennen«, meinte sie. »Ich soll seine erste Freundin sein, als er vierzehn war
und wir noch beide zur Schule gingen .« Sie verzog das
Gesicht. »Aber ich glaube, als er vierzehn war, war ich noch nicht geboren.
Hierher kommen ja eine Menge Verrückte, kann ich Ihnen sagen, aber so einen
Spinner hatten wir noch nie! Jetzt hält er uns schon eine ganze Woche auf Trab.
Gestern war ich eine Indianersquaw, und davor ein Cancangirl à la
Toulouse-Lautrec. Welche Narrheiten er sich für morgen ausdenkt, wage ich mir
nicht vorzustellen .« Sie grinste. »Na ja, das sind
eben die Nachteile meines Berufs. Für Geld tut man alles .«
Sie wandte sich um und rannte
leichtfüßig die Treppe hinauf, wodurch ich Ausblick auf ein weißes
Spitzenhöschen unter dem flatternden Faltenrock bekam. Dann blieb sie plötzlich
stehen und sah sich um.
»Tut mir leid, ich hätte es beinahe
vergessen«, sagte sie. »Eloise ist im Wohnzimmer .«
»Danke«, meinte ich. »Und
denken Sie daran: Wenn Sie nicht mehr können, lutschen Sie einfach Ihren Lollipop !«
Kichernd rannte sie die
restlichen Stufen hinauf. Ich klopfte höflich an die Wohnzimmertür und trat
ein. Eloise saß in einem der pseudobarocken Sessel und rauchte eine dicke
Zigarre. Wieder trug sie ein bodenlanges Kleid, nur war es diesmal
metallicgrau.
»Ach, Mr. Boyd«, sagte sie mit
ihrer tiefen Stimme. »Sie hätten vorher anrufen sollen. Alyssa hat heute ihren
freien Nachmittag und macht in der Stadt Einkäufe .«
»Ich komme zu Ihnen, nicht zu
Alyssa .«
»Wenn Sie sich nur unterhalten
wollen — das ist umsonst .« Sie lächelte kurz, um zu
zeigen, daß sie spaßte.
»Warum nehmen Sie nicht Platz,
Mr. Boyd ?«
Ich setzte mich und beherrschte
den Drang, nach einer Zigarette zu greifen. »Louise d’Avenzi habe ich leider
immer noch nicht
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