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Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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an.«
    Baltasar blickte die anderen an, aber keiner sagte etwas. »Interessant. Als ich kurz nach Mitternacht den letzten Wein aus der Küche geholt habe, war es dort kalt. Vielleicht war noch ein bißchen Glut im Herd, aber bestimmt kein großes Feuer.«
    Henry rutschte auf dem Sofa hin und her. Der Marder quietschte. »Du meinst, jemand ist vor Evita in der Küche gewesen und hat den Herd angemacht?«
    »Genau.«
    Adelheid Koslowski verzog das Gesicht. »Was soll das mit dem Herd? Ist das wichtig?«
    Jorinde Seyß verließ ihre Position im strategischen Zentrum und hockte sich auf eine Sessellehne. »Ja, liebe Adelheid. Es ist. Wenn ich Herrn Matzbach richtig interpretiere, nimmt er an, daß jemand hinter Schusters Fotos her war und sie verbrannt hat. Obwohl ich mir keinen Grund dafür denken kann.«
    Matzbach lächelte und zeigte viel Zahn. »Vielleicht haben die Bilder nichts damit zu tun. Vielleicht finde ich sie gleich in Schusters Zimmer. Vielleicht ist überhaupt alles ganz anders. Wenn man genauer hinsieht, ist immer alles nicht so, wie man meint. Aber immerhin haben wir schon rausgekriegt, daß jemand in barbarischer Frühe den Küchenherd geheizt hat. Angenommen, es ging darum, die Bilder zu verbrennen, dann ist der Küchenherd der beste Platz.«
    »Wieso, um Himmels willen?« sagte Melcher.
    »Wenn es um die Bilder geht und wenn sie verbrannt werden müssen, dann läßt sich das hinterher feststellen. Wie Herr Genenger schon sagte, verbrennen sie nicht völlig. Im Kamin fallen solche Reste sofort auf. Auch in einem der kleinen Öfchen auf den Zimmern. Im Herd weniger, weil da ohnehin alles mögliche an Papier und Abfällen verbrannt wird. Vielleicht können wir da nicht mal Fotoreste finden, ohne Labor. In den Öfchen wohl, und dann hätten wir auch gleich den Mörder oder die Mörderin. Niemand macht in einem unbenutzten Zimmer Feuer. Oder doch? Aber nur das zwischen Schusters und meinem war unbenutzt, und das wäre riskant – ich hätte ja aufwachen können. Also kommt nur das Öfchen im Zimmer des Mörders in Frage. Und dann hätten wir ihn. Deshalb, wie gesagt, falls es um die Fotos geht, mußten sie woanders verbrannt werden. Am besten in der Küche.«
    »Sehr viele
wenn
und
falls
«, zischelte Evita.
    »Richtig. Aber es bleibt die seltsame Tatsache, daß der Küchenherd mitten in der Nacht angemacht worden ist.« Matzbach grinste plötzlich. »Ich bin für Arbeitsteilung. Holt jemand freiwillig die Asche raus und untersucht sie? Bitte mindestens zwei Leute – damit nicht der Mörder als Freiwilliger seine eigenen Spuren tilgen kann.«
    Adelheid stand auf. »Ich mach mit«, sagte sie müde, »wenn ich’s auch für Unsinn halte. Wer hilft mir?«
    Susanne Steul und Arthur Melcher hoben die Hände. Zu dritt begaben sie sich in die Küche.
    Baltasar nickte, als habe er eben eine wichtige Bestätigung gefunden. »So«, sagte er. »Zum unersprießlichen Teil des Geschäfts. Das Zimmer und die Leiche. Henry, magst du mitkommen? Du hast immer so unnütze Einfälle. Und vielleicht Sie auch, Herr Genenger. Sie kennen sich ja mit Leichen aus. Oder legt eine der Damen Wert darauf?«
    Evita schüttelte den Kopf. Jorinde runzelte die Stirn. »Eigentlich schon, ja. Aber ich glaube, vorerst sollte niemand irgendwo allein bleiben. Deshalb komme ich nicht mit. Ich kann ja später noch einen Blick riskieren.«
    Baltasar ging zu ihr, nahm ihre Rechte, zog sie bis einen Millimeter vor seine Lippen und hauchte: »Sie sind sehr hilfreich.«
    Sie zwinkerte ihm zu, und er verließ mit den beiden anderen das Zimmer.
    Evita Rieseby schaute hinterher. Als die Tür sich schloß, schüttelte sie erneut den Kopf, ging zu Jorinde, setzte sich in den Sessel, auf dessen Lehne die Hexe hockte, und sagte: »Unmöglicher Mensch, dieser Fettwanst. Widerlich.«
    »Ach, findest du?« Jorindes Augen lächelten, aber der Mund war beherrscht. »Ich finde ihn beinahe niedlich. Ein putziges Monster.«
    »Erst das Zimmer«, sagte Baltasar, »dann die Leiche.« Er zog einen Kolbenfüller und einen Notizblock aus der Innentasche seiner unergründlichen Jacke.
    Genenger kratzte sich den Stoppelbart des frühen Morgens. »Wenn wir alle drei reingehen, wird’s eng.«
    »Bewachen Sie doch solange die Tür«, sagte Matzbach. Er schloß sie auf und trat ins Zimmer, gefolgt von Henry. Genenger baute sich breitbeinig im Rahmen auf und steckte die Hände in die Taschen. Es war kalt.
    Hoff starrte aufs Bett, auf dem die Leiche des Tierverleihers lag.

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