Mörder und Marder
doppelt so fies wie fett. Und fett sind Sie mehr als ausreichend.«
»Sehr gut dahergesagt.« Matzbach nickte ihr freundlich zu und ging zum Blechkasten. Er warf einen Blick hinein und hob die Achseln. »War nix. Immerhin wissen wir, daß im Herd keine Fotos verbrannt worden sind.«
Genenger hatte sich auf einen Stuhl fallen lassen, mit dem Rücken zu einem Vorderfenster. Nun klopfte er auf den Tisch. »Warum haben Sie nicht in Schusters Zimmer nachgesehen? Vielleicht sind die Dinger in seiner Brieftasche. Oder in
seinem
Öfchen verbrannt.«
Matzbach schnaubte. »Sie waren doch die ganze Zeit dabei, Mann. Oder fast. Ich habe in der Brieftasche nachgesehen. Da ist nichts. Und was das Öfchen angeht – wie viele Briketts liegen daneben?«
Genenger runzelte die Stirn. »Weiß ich nicht.«
»Henry?«
Hoff hob die Achseln.
»Sehr aufmerksame Helfer. Sieben Briketts liegen auf der Blechplatte. Die haben auch gestern nachmittag schon da gelegen, als ich ein Zimmer gesucht und dabei in Schusters Höhle geschaut habe. Da war es warm im Zimmer. Bis Schuster ins Bett gegangen ist, war der Ofen ausgebrannt. Immerhin fast zehn Stunden später. Es kann also im Öfchen nichts mehr verbrannt worden sein.«
Jorinde rutschte auf der Armlehne des Sessels hin und her, in dem Evita sich zusammenkauerte. »Sie vergessen, daß man Papier anzünden und die Fotos daraufwerfen kann, Baltasar. Da muß nicht unbedingt noch ein Brikettfeuer gebrannt haben.«
Evita warf ihr einen mißbilligenden Blick zu, als sie Matzbach mit Vornamen anredete.
Baltasar tat überrascht. »Ach, das ist überhaupt richtig. Nun, wir werden das bald herausfinden. Ich würde Sie nämlich gern einzeln befragen. Sie haben bestimmt ein paar Krimis gelesen. Also wissen Sie, daß große Detektive das immer so machen. Ich will Sie in Ihren zweifellos hochgespannten Erwartungen nicht enttäuschen, was mich betrifft.«
Evita stöhnte. Genenger begann breit zu grinsen. Hoff nickte nur, als wolle er sagen: ›Ich kenne dich doch, du Scheusal.‹ Jorinde verzog keine Miene, strich lediglich mit einer zerstreuten Bewegung Mahagoniseide aus dem Gesicht. Adelheid Koslowski zog die Beine an sich und legte die Hände um die Knie. Melcher wippte mit seinem Stuhl und zerrte an einem Ende des weißen Schals. Susanne Steul schließlich kicherte schrill. »Aha«, sagte sie. Sie öffnete den Mund zu einer weiteren Auslassung, schloß ihn jedoch wieder und hob die Brauen.
»Damit Sie«, sagte Baltasar freundlich, »etwas zu denken haben, will ich Ihnen die wichtigsten Punkte darlegen. Es sind zwei. Erstens: Einer von Ihnen hat Schuster umgebracht. Ich kann dies definitiv feststellen, denn ich war es nicht, und außer uns ist keiner im Haus. Schuster ist weder eines natürlichen Todes gestorben, noch hat er Selbstmord begangen.«
Adelheid Koslowski unterbrach ihn. »Wie ist er denn umgebracht worden?«
Matzbach nahm die rechte Hand aus der Tasche, hob den Zeigefinger und schwenkte ihn abwehrend. »Ts, ts, ts. Alles zu seiner Zeit. Der zweite Punkt ist: Bis heute früh besaß ich eine Pistole. Sie war in meiner Reisetasche. Der Mörder oder die Mörderin hat die Waffe an sich genommen. Ich bin sicher, er oder sie wird im Zweifelsfall davon Gebrauch machen, um zu entkommen. Oder jemanden zum Schweigen zu bringen, der etwas weiß. Ich kann Ihnen also nur raten, geben Sie gut acht aufeinander. Häh.«
Er steckte die Hand wieder in die Tasche und bewegte die Finger, als spiele er mit etwas. Es klackte. Jorinde kniff ein Auge zu.
»Sie sind ein Scheusal«, sagte Evita Rieseby aus vollem Herzen.
Matzbach lächelte sie an. »Jemand muß anfangen. Wollen Sie nicht mitkommen? Dann haben Sie es hinter sich und können sich den Rest des Tages gruseln.«
Evita blieb im Sessel sitzen. »Müssen wir das eigentlich mitmachen? Uns von ihm rumkommandieren lassen?«
Jorinde legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Er könnte liebenswürdiger sein«, sagte sie mit der Spur eines Lächelns, »aber im Prinzip ist das in Ordnung. Oder weiß jemand eine andere Möglichkeit?«
Niemand antwortete. Seufzend stand Evita auf. »Na denn, bringen wir’s hinter uns.«
Sie stiegen die Treppe hinauf, Matzbach voraus, und gingen zu Schusters Zimmer. Baltasar schloß die Tür auf und bat Evita höflich, als erste hineinzugehen.
»Warum denn hier, verdammt?« Sie wurde wieder blaß um die Nase.
»Ach, hier ist die Luft schön frisch, das fördert das Denken. Und vor Schuster brauchen Sie keine Angst zu
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