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Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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– was ist mit dem Mörder?«
    »Sofort. Eines noch. Ich gehöre zu den glücklichen Menschen, die sich bereitwillig mit einem absurden Chaos abfinden. Ich habe weder das Bedürfnis, daß es einen Gott gebe, noch den Wunsch, mir ein Universum zu erklären. Ich halte mich an eine begrenzte Form von Magie, kalkulierbarer Magie, nämlich den abendländischen Rationalismus. Was damit nicht erfaßbar ist, interessiert mich als Phänomen, aber ich bestehe nicht auf einer Erklärung. Und mein Kopf, liebe Jorinde, reicht völlig aus, diesen Mord zu klären. Er, der Mord, ist nämlich geklärt. Daß bestimmte Karten vor bestimmten Leuten liegen, ist ein hübscher, aber bedeutungsloser Zufall.«
    Genenger stand auf. »Ich höre mir das nicht länger an. Will noch jemand Kaffee?«
    »Ich habe nichts von alledem verstanden«, sagte Adelheid Koslowski. »Ja, bitte, noch einen Kaffee.«
    »Religion, Philosophie, Wissenschaft und Magie verfolgen die gleichen Ziele und sind folglich gleichberechtigt, aber auch gleich nutzlos«, sagte Matzbach. Er grinste. »Das ist die Zusammenfassung. All das ist ein hohes, luftiges Gebäude; mir reicht es völlig, im soliden Keller der handgreiflichen Dinge zu bleiben. Essen, Trinken, Bücherlesen – und Indizien für diesen scheußlichen Mord zusammenzustellen.«
    »Aha«, sagte Susanne. »Immerhin ein Wort, scheußlich. Wollen Sie uns nicht endlich sagen, was Sie herausgefunden haben wollen?«
    Melcher nickte. »Finde ich auch. Dauernd redet er, aber er sagt nichts.«
    Genenger schwenkte die Kaffeekanne. »Sie haben doch heute früh schon behauptet, Sie könnten aus den herumliegenden Teilen ein schlüssiges Bild machen. Lassen Sie hören.«
    Hoff hob die Hand. »Ich auch Kaffee, bitte.«
    Der Marder jaulte.
    »Er hat Hunger, der Ärmste«, sagte Jorinde.
    »Komm, komm, komm«, sagte Henry. »Eine verkrampfte Leiche ohne Spuren äußerer Gewaltanwendung, abgesehen von ein bißchen Blut im Mundwinkel. Leukoplaststreifen. Kerzenstummel. Handtuch. Gummihandschuh. Kupferdraht. Ballon. Was weiß ich. Wie kriegst du das unter einen Hut? Das ist doch unmöglich.«
    »Henry hat recht«, sagte Genenger. »Ich hab mir das auch gut angesehen, aber es gibt keine Gemeinsamkeiten. Das abgebrochene Küchenmesser kann ich mir bei ner Leiche erklären, obwohl es offenbar nicht eingesetzt worden ist. Aber alles andere?«
    Matzbach hockte sich auf die Rückenlehne des Sofas, auf dem Vespasian jaulte. »Sie können sich das Messer eben nicht erklären. Ich hingegen weiß sogar, wo die Leiche versteckt ist.«
    »Häh?« machte Evita.
    »Wo denn?« sagte Jorinde.
    Melcher runzelte die Stirn. »Zeigen Sie sie uns?«
    Hoff rümpfte die Nase. »Er gibt maßlos an.«
    Baltasar warf den Rest seiner Zigarre ins Kaminfeuer. »Es ist so, daß ich Ihnen die Leiche jetzt zeigen könnte, aber es wäre ein beschwerliches Unterfangen. Damit sollten wir bis morgen früh warten.«
    »Und wenn dir in dieser Nacht jemand die Kehle halbiert?« sagte Hoff.
    »Dann wird alles ein Geheimnis bleiben.« Matzbach glitt von der Sofalehne, griff in seine Brusttasche, zog ein Foto heraus, kam zum Tisch und warf es zu den Karten. »Da. Weniger magisch, aber ebenso bildhaft. Wollen wir uns ein bißchen über den klassischen Vorher-Nachher-Effekt unterhalten?«
    Susanne kicherte. »Haben Sie sich die Ohren anlegen lassen?«
    Matzbach deutete auf das Bild. »Gaspard Schuster, besoffen schnarchend auf dem Bett. Der Marder. Der Nachttisch. Im Fenster, deutlich zu sehen, Eiszapfen an der Traufe. Was noch?«
    »Teufel«, sagte Evita. »Klar. Auf dem Nachttisch das Glas. Mit Gaspards Glasauge. Hat er ja immer rausgenommen, wenn er besoffen war.«
    »Richtig. Sie alle sind so sehr an Schusters Glasauge gewöhnt, daß Sie es schon nicht mehr zur Kenntnis nehmen. Mir dagegen ist ein Mann, der nachts ein Glasauge herausnimmt und in ein Wasserglas legt, wie ein Gebiß, so ein Mann ist mir eine neue Erfahrung. Deshalb habe ich darauf geachtet.«
    Jorinde lehnte sich zurück und starrte auf die Tarock-Karten. Henry klopfte auf das Bild.
    »Irre«, sagte er aufgeregt. »Und heut früh war das Zimmer ein Durcheinander, ein Schlachtfeld. Nur das Glas mit dem Auge hab ich nicht gesehen.« Er riß seine Augen auf. »Aber – hier ist es im Glas. Und die Leiche hatte beide Augen aufgerissen ...«
    Matzbach nickte. »Wir kommen der Sache näher. Fällt noch jemandem was auf?«
    Arthur Melcher nahm das Bild in die Hand. »Hier sieht es so aus, als ob Schuster

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