Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
blödsinniger Reim gekommen ist. Bloß heute nicht. Beziehungsweise gestern. Ach, übrigens: Wo hast du denn nun die verdammte Leiche und den ganzen Indizienkram versteckt?«
    Melcher blickte Matzbach an. »Wissen Sie es wirklich, oder war das ein Bluff?«
    Matzbach winkte ab. »Ich weiß es. Sagen Sie nichts; wenn es ganz hell geworden ist, werden wir Schusters Kadaver inspizieren. Es gab ja nur eine Möglichkeit, ihn unauffällig so zu verstecken, daß jeder ihn sieht und keiner ihn bemerkt.«
    Die anderen sahen ihn erstaunt an, aber Baltasar schwieg, und Melcher tat ihm den Gefallen, ebenfalls nichts zu sagen.
    Genenger knurrte. »Es ist gleich hell. Bevor wir noch müder werden, sollten wir den Trampelpfad von den Autos zum Dorf verlängern und mit der Polizei telefonieren. Vielleicht können die uns per Schneepflug oder Helikopter hier rausholen. Je früher ich hier wegkomme, um so besser.« Er wandte sich an Baltasar. »Eh, Sie da, Dickwanst«, sagte er mit einem beinahe freundschaftlichen Lächeln. »Hat mir gefallen.« Er holte sein Portemonnaie aus der Gesäßtasche und entnahm ihm eine Visitenkarte, die er Matzbach reichte. »Wenn Sie mal in die Eifel kommen …«
    Baltasar steckte sie ein. »Bald. Ich muß mir doch Ihren Privatfriedhof ansehen, Heinrich.« Dann wandte er sich an Jorinde. »Ich, eh, habe keine so schöne Karte bei nur, aber du hast ja Henrys Adresse und Telefon, und Henry weiß, wo ich mich aufhalte.«
    Alle hörten und schauten interessiert zu; Jorinde nickte und lächelte Henry an.
    »Heute«, sagte Baltasar gähnend, »ist allmählich Sonntag. Spätestens morgen, hoffe ich, sind wir hier alle raus. Du könntest mich nach einer geziemenden Wartezeit mal in Bonn aufsuchen. Du kennst das Kaff ja noch vom Studium und weißt folglich, daß es da außer mir nicht viel Erwähnenswertes gibt.«
    Jorinde nickte. »Ich weiß. Irgendwann besuch ich dich mal. Die Zukunft ist lang. Wie wär’s mit Dienstag?«
    »Das paßt. Zu deiner Zufriedenheit will ich dir aber noch was verraten. Und Ihnen allen auch. Ich habe aus zwei Gründen von Anfang an gewußt, daß Arthur der Mörder ist. Einer ist rational – die Sache mit der Körpergröße. Ich war’s nicht, Henry kenne ich zu gut, blieb nur Arthur.«
    »Also haben Sie Katz und Maus mit uns gespielt?« sagte Susanne; sie war jedoch zu müde für Empörung.
    »Nein. Ich konnte doch nichts beweisen.«
    Evita seufzte plötzlich. »Könnten wir nicht einfach« – sie warf Matzbach einen flehenden und Melcher einen forschenden Blick zu – »so tun, als wäre nichts passiert? Niemand vermißt Schuster …«
    Baltasar ließ zu, daß dickes Schweigen sich über alle legte und den Raum stickig machte. Dann stand er auf und langte nach dem Marder. »Ich bin dagegen«, sagte er. »Weil alles viel zu stümperhaft gemacht worden ist. Sie haben einen genialischen
touch
, Melcher, aber kein Durchhaltevermögen. Deswegen können Sie sich als freier Poet nicht behaupten, sondern müssen für eine Agentur werben. Und deswegen haben Sie sich einen wahnsinnig komplizierten Mord mit zahllosen verräterischen Einzelheiten einfallen lassen, statt einfach und, na ja, vielleicht genial eine Handvoll Schnee von der Fensterbank zu nehmen und sie Schuster auf Mund und Nase zu pappen, bis er tot ist. Ohne Spuren, ohne Indizien, ohne Probleme mit der Körpergröße. Und die Leiche klauen war ganz einfach albern. Nein, ich finde nicht, daß Sie so viel Format haben, wie Sie selbst meinen. Deshalb haben Sie eigentlich auch keine Gnade verdient. Zumal jemand, der sich auf derlei degoutante Massenkarambolagen einläßt, selbst Schuld trägt, wenn man ihn damit erpreßt.«
    »Sie sagen ›eigentlich‹ – wo ist das ›Aber‹?« sagte Melcher; er klang beinahe hoffnungsvoll.
    Matzbach hielt den Marder hoch; Vespasian knurrte. »Wir machen ein Gottesbeziehungsweise Marderurteil. Alte assyrische Gepflogenheit, glaube ich. Strecken Sie die Hand aus. Wenn Vespasian Sie beißt, werden Sie der Polizei zum Fraß vorgeworfen. Beißt er Sie nicht, beseitigen wir die Leiche und wissen von nichts.«
    Melcher blickte skeptisch auf die Schnauze des Tieres. Dann streckte er zögernd die Hand aus.
    Baltasar hob den Marder hoch und bewegte ihn in Richtung auf Melchers Hand. Die Finger des Dicken lagen in guter Kneifposition, um dem Gottesurteil notfalls nachzuhelfen, falls der Hunger nicht schon ausreichte, ein billiges Gericht zu erwirken.
    Vespasian schien die Nase zu rümpfen; dann packte er

Weitere Kostenlose Bücher