Mörderbrunnen (German Edition)
Kommissarin, hab ich Sie geweckt?“
„ Ja“, gähnte Jenny, „aber ich muss sowieso aufstehen. Was wollten Sie denn?“
Verlegen blickte die junge Frau auf ihre Fußspitzen. „Es tut mir leid, ich habe gestern vergessen, Ihnen etwas auszurichten. Ich hoffe, es war nichts Wichtiges.“
„ Um was ging’s denn?“
„ Ein Herr Gascon wollte Sie sprechen. Er sagte, er hätte schon einmal angerufen. Es wäre privat und ob Sie ihn bitte zurückrufen könnten.“
„ Danke, keine Sorge, das hört sich nicht so dringend an. Ich ruf ihn nachher zurück.“
Erleichtert zog die junge Frau von Dannen und Jenny setzte Kaffee auf, während sie rasch duschen und Zähne putzen ging. Als sie zurückkam, waren Logo und Sascha eingetroffen und sie brachte sie auf den neusten Stand bezüglich des nächtlichen Leichenfunds.
„ Das is ja ein Ding“, murmelte Logo in seine Tasse.
„ Wer springt rüber zur Spusi und fragt ob sie was für uns haben?“, fragte Jenny.
„ Schon unterwegs“, sagte Sascha.
„ Ein Autohändler ist das?“, fragte Logo, „Zwielichtige Typen manchmal, auch deren Geschäfte. Vielleicht finden wir da ein Motiv. Du sagst, das hätte wie ne Hinrichtung ausgesehen? Soll ich mir den Laden mal anschauen?“
„ Gute Idee, hier ist die Adresse.“
„ Bin schon weg, übrigens, in der Nähe ist Gref-Völsings, kleiner Abstecher kann ja nicht schaden.“
„ Oh, bitte bring mir was mit. Und Sascha sagt bestimmt auch nicht nein.“
„ Mal sehen“, grinste Logo und trollte sich, als Jenny Anstalten machte, ihm ihren Locher hinterher zu werfen.
Kurz darauf kam Sascha mit dem vorläufigen Bericht der Spurensicherung zurück. Im Haus des Opfers gab es nichts Auffälliges. Nach Aussage der Ehefrau war er am Tag zuvor ganz normal zur Arbeit aufgebrochen. Auf seinem Schreibtisch lag sein privater Terminkalender, der keinen Eintrag für den vorigen Abend enthielt. Sein Computer wurde noch ausgewertet. Frau Wegener hatte den Beamten genaue Informationen gegeben, welche Kleidung ihr Mann trug.
„ Sascha, ich hab momentan nichts Bestimmtes für dich. Schnüffel einfach ein bisschen im Leben der drei Mordopfer herum. Vielleicht stoßen wir zufällig auf irgendwas. Ach, und sag bitte unten Bescheid, dass sie Frau Wegener hoch schicken, wenn sie hier ist.“
„ Mach ich.“
Jenny griff zum Telefon und rief in der Gerichtsmedizin an. „Guten Morgen, Becker hier, ist die Obduktion … Ja, ja ich denke mir, dass der Bericht noch nicht fertig ist, aber ich bräuchte nur den Todeszeitpunkt … wie gesagt, es würde mir sehr helfen, wenn … ja, ich warte. Ja? Etwa um Mitternacht? Gut, danke sehr, vielen Dank.“
Mitternacht also. Da stellte sich die Frage, wo sich der Ermordete zwischen dem Zeitpunkt seines Verschwindens und dem Zeitpunkt des Auffindens befunden hatte. Sie mussten einen Zeugen auftreiben. Vielleicht hatte jemand beobachtet, wie und wann der Mann auf den Turm gebracht wurde. Und wo war er überhaupt nach Feierabend gewesen? Vielleicht gab es einen Terminkalender im Autohaus? Das musste warten, bis Logo zurück käme.
Also wählte sie die Nummer des Städels.
Der Pförtner stellte sie anstandslos durch und nach wenigen Sekunden hörte sie die sonore Stimme Gascons ‚Guten Morgen‘ sagen.
„ Becker hier, auch Guten Morgen, Sie wollten mich sprechen?“
„ Das ist aber schön, dass Sie zurückrufen. Gibt es etwas Neues in Manuelas Fall?“
„ Leider nein. Ist Ihnen noch etwas eingefallen, das uns helfen könnte?“
„ Bedaure. Ich weiß leider nicht mehr, als ich Ihnen schon gesagt habe. Ich hoffe, Sie wissen, wie gerne ich Ihnen helfen würde.“
„ Schade. Ich hatte gehofft … aber so. Wollten Sie eigentlich etwas Bestimmtes?“
„ Nun, also das ist mir etwas peinlich. Ich bin wohl aus der Übung. Also kurz heraus, ich wollte noch fragen, ob Sie Lust hätten, mit mir essen zu gehen?“
Alles hätte sie erwartet, aber das? Jenny war ein wenig perplex. Sie wusste einen Moment nicht, was sie sagen sollte.
„ Hallo, sind Sie noch da?“
„ Oh ja, entschuldigen Sie bitte, natürlich bin ich noch da. Das kam nur etwas überraschend.“
„ Also, ich bin mir nicht sicher, ob ich es wagen darf. Dürfen Sie denn überhaupt mit jemandem ausgehen, der in einen Fall verwickelt ist, an dem Sie arbeiten?“
„ Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Es wird sicher nicht gerne gesehen.“
„ Nun, ich möchte Sie nur ungern in Schwierigkeiten bringen, und auch nicht drängen.
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