Mörderbrunnen (German Edition)
auf seine Spur bringen könnte.
Wie sollten sie auch seine perfekten Inszenierungen verst ehen, inspiriert von einer Kunst, die sich ihnen sowieso nicht erschloss?
Bald würde er zum Höhepunkt seines Schaffens kommen. Und dann…wer wusste das schon.
Sascha war sichtlich stolz, mit Jenny gemeinsam zu einer Vernehmung zu fahren und Jenny machte es Spaß, den Enthusiasmus des jungen Kollegen zu sehen. Zu viel davon blieb im Laufe der Jahre auf der Strecke.
Sie brauchten nicht lange bis ins Westend und Frau Weg ener öffnete ihnen sofort, nachdem sie geklingelt hatten.
Sascha, der sie noch nicht kannte, blickte sie anerkennend an, doch Jenny, die sie schon zuvor gesehen hatte, blieb der Mund offen stehen.
Aus der unscheinbaren verlebten Frau, die ihre besten Jahre deutlich überschritten zu haben schien, war eine femme fatale geworden. Die Haare modisch geschnitten, mit blonden Strähnen versehen, das Gesicht offensichtlich einer längeren Sitzung in einem Kosmetiksalon unterzogen worden und die Kleidung figurbetonend und wie aus einer der noblen Boutiquen in den Goethestraße stammend.
Frau Wegener war offensichtlich nicht begeistert, sie zu sehen, bat sie jedoch höflich ins Wohnzimmer und fragte, ob sie etwas trinken wollten.
Beide verneinten und Jenny eröffnete vorsichtig das Gespräch. „Frau Wegener, wie geht es Ihnen? Sie sehen wirklich sehr gut aus.“
Die Angesprochene lachte verlegen und strich sich übers Haar. „Ja, nicht wahr? So tragisch der frühe Tod meines Mannes war, vielmehr ist“, verbesserte sie sich hastig. „So etwas ist auch immer ein Neuanfang. Man darf sich nicht gehen lassen. Meine Freundin, Sie kennen sie ja, Frau Wilfert, hat mir diesbezüglich ins Gewissen geredet. Und mein Sohn auch.“
„ Er ist wieder im Ausland, stimmt das?“
„ Ja… er arbeitet dort.“
„ Wir müssen Ihnen noch ein paar Fragen stellen. Irgendwie gab es bei unserem ersten Gespräch ein Missverständnis. Ich hatte verstanden, das Geld und die Firma gehörten ihrem Mann und Sie würden erben?“
Die Frau lachte gekünstelt. „Ach , Frau Kommissarin. Sie verstehen, der Schock, ich war ja völlig durcheinander. Da habe ich mich bestimmt missverständlich ausgedrückt. Nein, nein, das Geld stammt aus meiner Familie.“
„ Ja, das haben wir mittlerweile herausgefunden. Und Ihre Ehe? Die war nicht so gut, wie Sie mir erzählt haben.“
„ Wer sagt das?“ Frau Wegener schoss empört von der Couch hoch.
„ Setzen Sie sich wieder, das haben wir von ziemlich allen gehört, mit denen Sie oder Ihr Mann zu tun hatten.“
Wütend starrte Frau Wegener sie an. „Bestimmt von diesem Possmann. Mein Mann war mehr mit dem zusammen als zu Hause. Das heißt aber doch nicht, dass unsere Ehe schlecht war.“
Jenny entschloss sich, die Frau, die ja offensichtlich nicht sonderlich in Trauer war, nicht zu schonen. „Und dass Ihr Mann seit Jahren Affären hatte und in Bordellen und Clubs verkehrte hat ihre Ehe nicht belastet?“
Jetzt war es um Frau Wegeners Fassung vollends gesch ehen. „Was? Was behaupten Sie da. Das ist eine Unverschämtheit. Das will ich nicht hören. Mein Mann hätte sowas nie getan!“
„ Tut mir leid, aber es gibt etliche Zeugen dafür.“
Hinter Frau Wegeners Stirn arbeitete es. Offensichtlich wägte sie ab, wie sie auf diese Eröf fnung reagieren sollte. Letztendlich entschied sie sich mit einem Seitenblick auf Sascha für die Variante arme bedauernswerte Witwe. Sie ließ sich in ein Eck des Sofas fallen und schlug die Hände vors Gesicht. Ein Schluchzen ertönte dahinter. Jenny verdrehte die Augen, Saschas Herz jedoch war sofort gerührt. Hilflos blickte er zu Jenny und hob fragend die Augenbrauen. Jenny machte eine beruhigende Handbewegung und schüttelte den Kopf. Mit fester Stimme sagte sie.
„ Frau Wegener, geht’s denn? Ich hätte noch ein paar Fr agen.“
Frau Wegener, deren Augen verdächtig trocken auss ahen, blickte auf und merkte, dass weder Jenny noch Sascha sonderlich beeindruckt aussahen. Sie setzte sich aufrecht hin.
„ Was wollen Sie denn noch?“
„ Ist das richtig, dass Sie niemals in der Goldenen Gans essen waren und dem Wirt niemals begegnet sind?“
„ Ja, aber das habe ich Ihrem Kollegen schon erklärt.“
„ Ich wollte es ganz gerne von Ihnen hören. Haben Sie einmal eines von den Frankfurt-Happenings besucht?“
Sie blickte verwundert auf. „Ja, wieso? Gerade vorgestern. Mit Frau Wilfert. Wir haben nachts die Sternenwarte
Weitere Kostenlose Bücher