Mörderbrunnen (German Edition)
besichtigt.“
„ Aber vor dem Tod ihres Mannes nie?“
„ Nein, da kannte ich die noch gar nicht.“
„ Gut, etwas anderes, wie stehen Sie zu Dr. Possmann?“
Sie schürzte die Lippen. „Ein Bekannter, weiter nichts. Er war der beste Freund meines Mannes. Ich mochte ihn nie.“
„ Kannten Sie seine Frau?“
„ Flüchtig. Von einer Grillfeier. Ich wollte mich mal mit ihr treffen, aber ihr Mann war nicht begeistert davon.“
„ Sie wissen also nicht, warum sie ihn verlassen hat?“
„ Nein, mein Mann hat erzählt, sie hätte einen anderen kennengelernt.“
„ Das war gelogen. Frau Possmann hat ihren Mann verlassen, weil sie ihn mit einem Jungen bei, sagen wir mal, zärtlichen Handlungen erwischt hat.“
Widerstreitende Gefühle prägten Frau Wegener s Gesicht. Schock, Unglauben, Erkenntnis und am Ende eine kaum verhüllte Art bitterer Genugtuung.
„ Ich hab immer gewusst, dass mit dem was faul war“, zischte sie.
„ Wie kamen Sie darauf?“
„ Immer diese Geheimniskrämerei. Immer waren sie alle ine unterwegs und man durfte nicht erfahren, wohin. Ich wusste, dass er schlechten Einfluss auf meinen Mann hat! Da sehen Sie´s ja!“
„ Aber Sie wussten nicht konkret von solchen Vorkommnissen?“
„ Nein, natürlich nicht. Oh Gott, wenn ich nur daran denke. Er kam schon zu uns ins Haus, als mein Bubi noch klein war.“
„ Okay, vielen Dank. Mehr Fragen haben wir im Moment nicht.“
Die Frau nickte hoheitlich und brachte sie an die Tür.
Als sie wieder im Auto saßen, stieß Sascha hörbar die Luft aus. „Mann, das war aber was. Erst dachte ich, die schreit uns an, dann ist sie zusammengebrochen. Aber schnell erholt hat sie sich.”
Jenny grinste. „Ja, erstaunlich, oder? Theater spielen kann sie nicht besonders. Die trauert kein Stück um ihren Mann. Die ist froh, dass er weg ist.“
„ Ich dachte wirklich einen Moment, das wär echt. Ich hab mi r schon überlegt, ob man einen Zeugen trösten darf. Aber dann hab ich gesehen, dass sie gar nicht richtig geheult hat. Glaubst du, sie wusste, was ihr Mann treibt?“
„ Nicht genau, aber prinzipiell schon.“
„ Und warum hat sie sich das gefallen lassen, wo sie doch das Geld hat?“
„ Um den Schein zu wahren. Nach außen hin und wahrscheinlich auch vor sich selbst. Hätte sie zugegeben, vom Doppelleben ihres Mannes zu wissen, hätte sie sich trennen müssen. Wahrscheinlich hatte sie aber keine Lust, eine geschiedene Frau zu sein.“
„ Oh Mann.“ Sascha schüttelte verständnislos den Kopf. „So zu leben.“
„ Ich könnts auch nicht. Aber jetzt geht sie ja richtig ab. Hättest sie vor ner Woche sehen sollen. Ungeschminkt, verhärmt. Und jetzt. Vielleicht sollte ich auch mal ins Kosmetikstudio.“ Sie warf einen prüfenden Blick in den Innenspiegel.
„ Das brauchst du doch gar nicht!“ , sagte Sascha spontan.
Offensichtlich hatte er schon etwas bei seiner Freundin gelernt. Trotzdem war Jenny geschmeichelt.
„ Danke , aber ein bisschen Aufpeppen ab und zu. Na, mal schauen, ob ich Zeit finde.“
Apropos Zeit: Sie musste dringend einkaufen. Schon ewig hatte sie sich keine schicke Unterwäsche gekauft und ihre ging zur Neige. Da es so aussah, als würde sie nun häufiger Nächte in Paul Gascons Bett verbringen oder auch er in ihrem, sollte sie sich doch das eine oder andere nette Teil zulegen. Das lenkte vielleicht etwas von den Zeichen der Zeit ab, die hier und da zu sehen waren.
„ Sascha“, meinte sie kurzentschlossen, „ich seil mich he ute früher ab. Wir haben in letzter Zeit so viele Überstunden geschoben. Ich setze dich auf der Dienststelle ab und geh noch ein paar Sachen erledigen. Sagst du Logo Bescheid? Ich lass das Handy an, falls irgendwas ist.“
„ Klar, kein Problem. Ist ja eh schon fast Feierabend. Ich hab heut Nacht Bereitschaft, da kann ich noch etwas an den Unterlagen arbeiten.“
„ Hoffentlich ist nichts los. Vielleicht kannst du am B ericht für Biederkopf schreiben. Morgen muss ich wieder zu ihm und er hat gerne alles schriftlich.“
„ Ja klar, mach ich. Mit dem PC geht das fix.“
Jenny nickte versonnen und erinnerte sich an die Zeit, als alles noch auf der Schreibmaschine im Zweifingersuc hsystem geschrieben wurde. Flüche hörte man seitdem deutlich weniger. Eine Viertelstunde später ließ sie Sascha vor dem Präsidium aussteigen und fuhr am Bahnhof vorbei nach Sachsenhausen. Auch diesmal hatte sie in der Nähe der Schweizer Straße Glück und fand einen Parkplatz in wenigen Minuten
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