Mörderisch verliebt: Roman (German Edition)
den flachen Stapel. »Ein Kurzfilm?«, fragte ich.
Sie reichte mir eine Kopie. »Die casten nur für einen Side-Part«, erklärte sie. »Dafür rücken die nicht das gesamte Skript raus.«
»Aha.« Ich hatte das Schauspieler-Kauderwelsch durchaus verstanden. Es war nahezu unmöglich, in einer Stadt wie L.A. zu leben, ohne dass das Entertainmentbusiness irgendwie auf einen abfärbte. »Wie lautet denn der Filmtitel? «
»Mondlicht in der Bronx«, erwiderte sie und überflog die erste Seite.
Wow. »Und wer bin ich?«
»Du bist ein Ganove.«
Ich musste unweigerlich an die vergangenen Tage denken. Postraub, falsche Namen … Das kam mir bekannt vor. »Okay.«
»Dein Name ist Hawke.«
»Super. Und wer bist du?«
»Ich bin Sugar, deine Komplizin. Der Film spielt während der Großen Depression.«
»Okay, Süße«, erwiderte ich und lispelte dabei so gut ich konnte. Keine Ahnung, wen ich da zu imitieren versuchte. James Cagney vielleicht oder einen Nymphensittich mit Hörschaden.
»Das Beste wäre, du würdest einfach so spielen, dass ich nicht das akute Bedürfnis verspüre, dich dafür schlagen zu müssen«, sagte Elaine.
»Ich werd’s mir merken«, antwortete ich und las still meinen Text. Ich bin ja nun wahrlich kein Experte, aber ich war mir ziemlich sicher, dass neben diesem Skript Gigli – eine Liebe mit Risiko mit Bennifer wie ein Kassenknüller aussehen würde.
»Ich bin gerade von den Bullen festgenommen worden«, sagte sie und blickte verstohlen auf ihren Text.
»Von den Bullen«, wiederholte ich mit meiner Cagney-Stimme. »Das klingt gut. Wenn das mit der Seelenklempnerei nichts werden sollte, dann versuche ich’s vielleicht mal mit der Schauspielerei.«
»Bitte nicht!«, entgegnete sie entsetzt. »Jedenfalls bin ich geschnappt worden, und sie haben mich verprügelt.«
»Bastarde! Man kann den stinkenden Bullen echt nicht vertrauen!«
Sie warf mir einen bösen Blick zu. Ich dachte, mein Dialekt würde von Minute zu Minute besser. »Und jetzt haben sie auch dich geschnappt.«
»Lebendig werden die mich niemals zu fassen kriegen! «
»Schon passiert. Also, los geht’s: ›Hawke‹«, sagte sie mit schwacher Stimme, als wäre ihr nicht nur die Luft, sondern auch ein Großteil ihrer Hirnzellen ausgegangen. »Nein! Nicht du auch noch! Warum bist du bloß hergekommen? Das hättest du nicht tun sollen!«
Mit dem Finger verfolgte ich meine Textzeilen. »Wie um alles in der Welt hätte ich dir nicht folgen können, Sugar? «
»Du kannst alles tun, was du möchtest, Hawke«, säuselte sie. »Das konntest du schon immer.«
Ich gluckste, wie es im Text stand. Whoa. Das war so was von schlecht, aber he, the show must go on. »Süße, ich hab dich vermisst«, zitierte ich. »Wie sieht’s aus, Puppe?«
Sie neigte den Kopf. »Ging schon mal besser. Aber einfach nur deine Stimme zu hören …« Sie lächelte wehmütig und streckte die Hand aus, als wollte sie mich berühren. »Ich habe dich so vermisst!«
»Ich hab dich auch irgendwie vermisst, denke ich.«
»Dann blablabla. Der Polizist befiehlt, mich wegzubringen. Und dann …« Sie hielt inne und zuckte zusammen. »Nein!«, heulte sie. »Lassen Sie mich hier! Ich trage daran genauso viel Schuld wie er!«
»Du bleibst, Sugar«, sagte ich.
Sie sah mir in die Augen. »Ich glaube, wir hatten eine verdammt gute Zeit zusammen, oder?« Ihre Stimme triefte vor Dramatik.
»Alles Gute hat irgendwann ein Ende.«
»Na schön«, antwortet Elaine wieder mit normaler Stimme. »Jetzt werfen wir beide uns noch einen bedeutungsvollen Blick zu, und dann brechen wir aus.«
Ich sah auf. »Tun wir das?«
»Klar! Wir sind doch total abgebrühte Gangster!«
»Schaffen wir es?«
»Natürlich«, sagte sie und nahm einen Schluck Saft, ohne dabei mit der Wimper zu zucken. »Sugar ist immerhin in den Straßen von New York aufgewachsen.«
»Gut für sie!« Ich folgte ihrem Beispiel und trank den Saft. Der würde zwar keinen Champagner ersetzen, aber als homöopathisches Brechmittel sicherlich den einen oder anderen Blumentopf gewinnen können. »Würdest du deine eigenen Prügelszenen spielen?«
»Keine Ahnung. Vielleicht?« Sie zuckte die Achseln. »Wyatt hat mir gezeigt, wie ich dabei mit den Fäusten zuschlagen muss.«
»Wyatt?«
Sie ließ sich auf die Couch fallen und schob ihre Füße unter die nicht existenten Oberschenkel. »Erinnerst du dich noch? Das war der Typ, der den Selbstverteidigungskurs leitete.«
»Ach ja!« Wyatt war ein echt heißer Ofen und
Weitere Kostenlose Bücher