Mörderische Aussichten
blickte ihn an. Er meinte es ernst. »Danke. Ich werde es mir merken.« Ich rührte Zucker und Milch in meinen Kaffee und
setzte mich zwischen die beiden an den Tisch. »Okay. Was kann ich für Sie tun?«
Der Sheriff stopfte sich die gesamte Hefeschnecke auf einmal in den Mund, wischte seine klebrigen Finger an einer Papierserviette
ab und zückte seinen Notizblock. »Ich muss nur ein paar Dinge klären. Mrs Crane sagte, Sie hätten sicher nichts dagegen, wenn
wir bei Ihnen vorbeischauen.«
Kindern bringt man normalerweise bei, nicht mit vollem Mund zu reden. Der Anblick, den der Sheriff bot, sagte mir, warum.
»Sie haben Zuckerguss am Kinn«, teilte ich ihm mit.
Er wischte ihn mit dem Handrücken ab. »Danke. Also, erzählen Sie mir, wie Sie Dudley Cross’ Leiche gefunden haben. Assoziieren
Sie einfach frei. Es könnte sein, dass Sie sich an etwas erinnern, das Sie überrascht. Ich stelle Ihnen vielleicht ein paar
Fragen, aber hauptsächlich möchte ich, dass Sie einfach reden.«
»Hat Mary Alice diese Übung schon absolviert?«
»Ja.«
»Ich habe mich nicht an besonders viel erinnert«, sagte Schwesterherz.
»Nun« – ich nahm einen Schluck Kaffee –, »Meemaw fiel über den Häuptling, und wir fielen über sie und wussten einen Augenblick lang nicht einmal, dass unter uns
eine Leiche lag. Es herrschte schreckliche Verwirrung. Dann fing Meemaw wegen ihres Schweineschlachtmessers an zu kreischen,
und wir sahen den Toten.« Ich blickte zu Schwesterherz hinüber. »Mary Alicewurde schlecht. Nicht dass sie sich übergeben hätte oder so. Sie lag nur völlig bewegungslos neben dem Sofa.«
»Und Mr Cross?«
»Hatte einen dunkelgrauen Wollanzug an mit Jackett und allem, dabei war es brütend heiß. Er trug eine rote Krawatte – vielleicht
war sie auch gestreift – und ein weißes Hemd, das aussah, als käme es frisch aus der Wäscherei. Es war nicht viel Blut darauf.«
Ich hielt inne. »Aber das wissen Sie doch bereits alles.«
»Was machte Meemaw?«
»Saß da und jammerte irgendwie vor sich hin. Dann fing sie an, nach Sunshine zu suchen.« Ich wartete auf eine weitere Frage,
aber der Sheriff schwieg. »Die Hunde waren da«, fügte ich hinzu. »Wenn ein Fremder aufgetaucht wäre oder jemand, der das mit
den Stöcken nicht wusste, hätten sie ihn bei lebendigem Leibe gefressen.« Ich machte eine Pause und versuchte mir die Details
der Szenerie in Erinnerung zu rufen.
»Sonst noch etwas?«
»Es sah nicht danach aus, als hätte dort ein Kampf stattgefunden. Das Halmaspiel, das Meemaw und Sunshine gespielt hatten,
stand nach wie vor auf dem Tisch, die Steine waren nicht einmal verrückt. Und alles wirkte ordentlich, mit Ausnahme des Indianers
natürlich, also Mr Cross.«
»Was wissen Sie über ihn?«, fragte Mary Alice den Sheriff.
»Nicht viel. War in ein paar kleinere Delikte verwickelt. Einmal wurde er wegen Geschwindigkeitsüberschreitung erwischt, und
sie haben ein wenig Marihuana bei ihm gefunden, nicht genug, als dass er damit hätte handeln können. Und ein paar Anklagen
wegen Ladendiebstahls gab es auch. Keine blieb an ihm hängen. EinMann unten an den Höhlen hat einmal geschworen, Cross habe seine Brieftasche geklaut, aber ihm konnte nie etwas nachgewiesen
werden.« Der Sheriff zuckte die Schultern. »Nur belangloses Zeug. Er war eine Weile in der Armee, in Vietnam. Hat sich eine
Einliegerwohnung gemietet bei einem Mann draußen in Bradford, der sagt, er wüsste nicht, dass Cross irgendwelche Familie habe.«
Der Sheriff nahm seinen Notizblock wieder zur Hand. »Sorry. Fahren Sie fort, Mrs Hollowell.«
»Nun, Pawpaw tauchte auf und fing an, mit meiner Schwester zu flirten.«
»Er ist ziemlich gut darin«, ergänzte Mary Alice.
Ich blickte sie streng an. »Egal, jedenfalls brachte das Meemaw auf die Palme; sie warf Mary Alice vor, ihn angebaggert zu
haben.«
Schwesterherz grinste. »Dumme Pute.«
»Und dann hat sie gesagt, wir sollten gehen, und wir sind gegangen. Um ein Haar hätte uns jemand plattgefahren, als wir die
Straße unten erreichten. Das Auto kam mit mehr als hundertsechzig Sachen über die Straßenkuppe. Es war dieser junge Dwayne
Parker. Ich habe seinen Wagen gestern an der Tankstelle wiedererkannt.«
Der Sheriff notierte sich den Namen. »Wer ist Dwayne Parker?«
»Einer von Sunshines früheren Bewunderern, mehr wissen wir nicht. Ich glaube, er wohnt auch irgendwo da draußen. Jedenfalls
rast er wie der Teufel. Er war gestern
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