Mörderische Aussichten
um verdeckte Blutspuren zu finden? Als ich die Küche verließ, waren der Sheriff und Mary
Alice gerade dabei, sich köstlich über Meemaws Eifersucht zu amüsieren.
Ich schlüpfte in ein bequemes Strickkleid, das ich bei Lands’ End gekauft hatte, und zog ein Paar Sandalen an. Ich bürstete
mein Haar, zog mir die Augenbrauen nach und legte aprikosenfarbenen Lippenstift auf. Als ich zu den beiden Busenfreunden in
die Küche zurückkam, sah ich sicher nicht viel besser aus, fühlte mich aber besser.
Das Gespräch hatte sich mittlerweile offenkundig auf Rays Tauchschiff verlagert.
»Ich weiß nicht, wie groß es ist«, sagte Schwesterherz gerade. »Aber sie nehmen bestimmt zehn Leute für eine Woche mit hinaus.
Es muss also eine hübsche Größe haben.«
»Und was für eine Crew braucht man für einen solchen Trip?«
»Drei oder vier Leute. Einen Koch natürlich und einen Tauchlehrer. Ray sagt, man benötige einen erstklassigen Tauchlehrer,
weil die Sicherheit der Taucher von dessen Kenntnis der Gewässer abhängt.«
»Ich würde gern mal so eine Reise machen«, meinte der Sheriff. »Ich habe gerade angefangen, Tauchstunden im Homewood-Pool
zu nehmen. Es kostet aber bestimmt einen Haufen Geld.«
»Ray gibt Ihnen sicher einen Preisnachlass.«
Ich begann die Spülmaschine einzuräumen. Hoffentlich würde der Sheriff nicht ein Jahr später auftauchen und seinen Nachlass
von Ray einfordern.
Schwesterherz befeuchtete mit der Zunge ihren Zeigefinger und las damit die Krümel auf dem Hefeschnecken-Teller auf. »Vielleicht
kennen Sie ja seinen Tauchlehrer. Sein Name ist Buck Owens, er stammt aus Nectar. Ihm hat das Schiff gehört, das Ray gekauft
hat, und er ist als Mannschaftsmitglied geblieben.«
»Ich kenn ihn nicht.«
»Nun ja, er kam gestern Abend zusammen mit Ray auf dem Flughafen an. Ich fand das wirklich nett. Er sagte, er wolle nach seiner
Familie sehen und für Ray da sein, falls dieser ihn brauche.«
»Er ist ein Koloss«, sagte ich. »Man denkt, er würde immer auf den Grund sinken.«
Beide blickten überrascht auf. Ich hatte recht: Sie hatten vergessen, dass ich da war.
Sheriff Reuse sah auf seine Uhr. »Herrje, ich muss los. Ich bin in einer Viertelstunde mit Eddie Turkett verabredet.«
»Fragen Sie ihn wegen des Truthahns«, sagte Schwesterherz. »Ich versuche immer noch herauszufinden, was das Ganze zu bedeuten
hat.«
Der Sheriff schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Es bedeutet, dass Sie sich von Locust Fork fernhalten sollten, bis wir
die Sache aufgeklärt haben.«
»Das wird kein Problem für uns sein«, versicherte ich ihm.
Mary Alice begleitete ihn hinaus, um mich bei ihrer Rückkehr darüber zu informieren, dass sie jetzt zum Big, Bold and Beautiful
Shop fahren würde, um sich für die Hochzeit etwas zum Anziehen zu kaufen.
»Was trägst du?«, fragte sie mich.
Ich hatte mir, abgesehen von dem Abdeck-Make-up, darüber noch keine Gedanken gemacht. »Ich habe eine Menge Sachen«, sagte
ich, stellte die letzte Tasse samt Untertasse in den Geschirrspüler und schloss die Tür. »Ich komme mit dir mit, wenn du unterwegs
bei dem Kosmetikladen anhältst. Ich habe Bonnie Blue schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.« Unsere Freundschaft mit Bonnie
Blue Butler ist der einzig positive Aspekt einer üblen Geschichte, die damit begann, dass Mary Alice ihren Verstand verlor
und eine Country-und-Western-Bar draußen auf dem Highway 78 kaufte.
»Okay. Vielleicht isst sie mit uns zu Mittag.«
Gott im Himmel. Diese Frau hatte sich eben erst mit Hefeschnecken vollgestopft und dachte schon wieder ans Mittagessen.
»Wie ging es Ray heute Morgen?«, fragte ich, als ich mich in den Jaguar meiner Schwester setzte und damit die Gurtautomatik
auslöste. Als der Wagen brandneu war, hatte ich den Fehler gemacht, mit einem Becher Kaffee in der Hand einzusteigen. Schwesterherz
schwört Stein und Bein, dass das Auto noch immer nach Starbucks riecht.
»Er schlief noch, als ich ging.« Schwesterherz fuhrrückwärts aus der Einfahrt. »Er hat gestern Abend die Polizei angerufen, um ihr das mit dem Truthahn zu erzählen. Ein Beamter
kam vorbei und hat sich die Sache angesehen. Er meinte, es sei vielleicht ein Kinderstreich.«
»Sheriff Reuse schien es ein wenig ernster zu nehmen.«
»Ja. Ich habe ihm die Notiz gegeben, die mir jemand in die Tasche gesteckt hat, die mit den schönen Grüßen von Häuptling Joseph
an meinen Sohn, und er denkt, es will uns
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