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Moerderische Dividende

Titel: Moerderische Dividende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne George
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machte mich auf den Weg zurück ins Wohnzimmer. In diesem Moment wurde mir klar, daß Debbie eigentlich gar nicht daheim sein sollte.
    »Arbeitest du heute zu Hause?« fragte ich. »Ich muß in einer Stunde vor Gericht sein.«
    »Nun, laß dich hiervon nicht aufhalten. Ich versuche herauszufinden, was los ist.«
    Lisa war eher noch weiter in der Sofaecke vergraben.
    »Hier ist dein Tee«, sagte ich. »Setz dich auf und trink was davon. Das wird dir guttun.«
    »Alan liebt mich nicht mehr«, schniefte sie.
    »Natürlich tut er das.«
    »Nein, tut er nicht.«
    Ich war nicht in der Stimmung, dazustehen und kalte Gläser zu halten.
    »Nun, sei es, wie es sei, hier ist dein Tee.« Ich stellte Lisas Glas auf dem Kaffeetisch ab und setzte mich. Ein Blick auf meine Uhr. Noch nicht ganz halb elf. Wenn ich nicht letztes Jahr in den Ruhestand gegangen wäre, stünde ich jetzt vor der Klasse und würde moderne britische Literatur unterrichten. September. Wir wären bei Yeats, den silbernen Äpfeln des Mondes, den goldenen Äpfeln der Sonne, und im Gebäude hinge permanent der Geruch nach Brathähnchen. Ich hätte Sophie Sawyer nicht im Hunan Hut kennengelernt oder heute morgen etwas über ihre Ermordung erfahren. Ich würde nicht hier sitzen und darüber nachdenken, was mit meinem Sohn und meiner Schwiegertochter los war. Ich wäre in einem Klassenzimmer von der Außenwelt abgeschnitten. Es würde nur mich geben und zwanzig reizende, wohlerzogene Teenager, die alle vom Metalldetektor an der Eingangstür für sauber erklärt worden waren.
    Ich schwöre, ich fühlte, wie mir Tränen in die Augen stiegen.
    Lisa setzte sich auf und griff nach ihrem Glas. Ich erhaschte einen ersten gründlichen Blick auf ihr stacheliges weißes Haar und erkannte, daß es nicht die Folge eines Traumas, sondern die von Peroxid war.
    »Mein Gott! Was hast du mit deinem Haar angestellt?« Es rutschte mir einfach so heraus, und ich hätte mir am liebsten die Zunge abgebissen. Aber Lisa schien nicht gekränkt zu sein.
    Sie tätschelte die Stacheln. »Das hat diese Kosmetikerin in Atlanta gemacht. Es ist absolut hip.«
    Dazu konnte ich nichts sagen.
    »Alan findet es ganz gräßlich. Ich habe ihm erklärt: ›Scheißpech aber auch, Alan. Das ist mein Kopf.‹«
    »Und was hat Alan gesagt?«
    »Er sagte: ›Zu dumm, daß nichts drin ist.‹« Lisa stellte den Tee wieder auf den Tisch, ohne davon getrunken zu haben. Einen Augenblick lang hockte sie zusammengekauert da.
    »Vielleicht hat er ja recht«, fügte sie hinzu.
    »Natürlich nicht«, versicherte ich ihr. Ich versuchte, eine gute Schwiegermutter zu sein.
    Das Telefon klingelte, und Debbie ging in der Küche dran. Ich hoffte, daß es Alan war, der zurückrief, aber gleich darauf streckte sie den Kopf ins Wohnzimmer und sagte mir, ihre Mutter wolle mich sprechen.
    »Hast du ihn erreicht?« fragte ich leise, als ich an ihr vorbeiging.
    »Noch nicht.«
    Ich nahm den Hörer auf und sagte hallo.
    Schwesterherz setzte mir auseinander, daß sie schrecklich lange gebraucht habe, um mich aufzuspüren, und daß ich unbedingt einen Piepser bräuchte.
    Genau. Für all die Notfälle, die sich ereignen, während ich im Supermarkt bin.
    »Hör zu«, sagte ich, »ich kann jetzt nicht reden. Wir versuchen, Alan zu erreichen.«
    »Weshalb? Was ist passiert?«
    »Lisa ist hier. Sie sagt, sie hat ihn verlassen. Wir versuchen herauszufinden, was los ist.«
    »Was sagt denn Lisa?«
    »Sie sagt, daß sie nicht darüber reden will.«
    »Das bedeutet, daß sie reden wird. Ruf mich zurück, sobald du kannst. Ich muß dir von Cedric erzählen.«
    Ich war plötzlich ganz ausgelaugt. »Hör zu«, sagte ich. »Ich will nichts über Cedric wissen. Ich will nichts über einen wo und wie auch immer streichholzdünnen Engländer wissen, wenn so ernste Dinge geschehen, wie daß jemand vergiftet wird.«
    »Lisa wurde vergiftet?«
    Mein Gott. Ich legte auf, marschierte zurück ins Wohnzimmer und sagte Lisa, daß ich sie mit zu mir nach Hause nehmen würde, daß Debbie zur Arbeit müsse und daß das Kindermädchen gleich mit den Mädchen zurückkommen würde.
    »Okay«, sagte sie und stand auf. Ich hatte größere Diskussionen erwartet, aber sie schien weit davon entfernt. Was mir nur recht war.
    Das Telefon klingelte abermals.
    »Falls es deine Mama ist, sag ihr, daß Sophie Sawyer vergiftet wurde, daß es mir leid tut, daß ich aufgelegt habe, und daß ich später mit ihr rede.« Ich umarmte Debbie und zog Lisa hinaus zum Auto.
    Nun stand

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