Moerderische Idylle
Bengt Karlsson. Alle schauten ernsten Blickes in die Kamera und hielten sich an den Händen. Was für ein Irrenhaufen, dachte Bäckström entzückt.
Die Zeitung schien Bäckströms Einschätzung indes nicht zu teilen. Die Neugründung wurde überaus positiv beschrieben, und im Leitartikel verglich der Chefredakteur persönlich auf ungewöhnlich poetische Weise die Polizei mit »einem allzu durchlässigen Lattenzaun, was den Schutz gegen eine immer bösere Umwelt betraf«. Er hielt deshalb private kriminalpolitische Initiativen nicht nur für notwendig, sondern befand es auch für höchste Zeit, solche Initiativen wirklich ernst zu nehmen. »Auch wir hier in unserem eigentlich so friedlichen Växjö müssen einsehen, dass der Kampf gegen eine stetig wachsende und immer brutalere Kriminalität in Unser Aller Verantwortung liegt«, wie er seinen Artikel beschloss.
Wo nehmen die solchen Scheiß bloß her, dachte Bäckström und stopfte die Zeitung in die Tasche, um sich in aller Ruhe und sowie er seine Bürotür abgeschlossen haben würde einen Bruch lachen zu können.
Lewin hatte wie so oft die Nacht in Eva Svanströms Bett verbracht, aber als sie dann eingeschlafen war, hatte er noch eine Stunde wachgelegen und sich den Kopf darüber zerbrochen, was der junge Löfgren da eigentlich trieb. Im Büro hatte er sich dann allerlei Unterlagen über die Ermittlungen herausgesucht, hatte sie sorgfältig studiert und war nach weiteren Überlegungen zu dem Schluss gekommen, dass er die Situation so ungefähr erfasst hatte. Aber da er in seinem Leben durchaus schon Irrtümern erlegen war, hatte er von Essen und Adolfsson zu sich gerufen und sie gebeten, für ihn eine Auskunft zu überprüfen.
»Ich habe hier einen alten Tipp gefunden, dem ihr vielleicht mal nachgehen könntet. Ich habe das am Sonntag, dem 6. Juli, schon morgens bei der Besprechung erwähnt, und besonders aufregend war es wohl nicht, aber trotzdem möchte ich, dass ihr mal mit diesem Anrufer redet. Er heißt Göran Bengtsson. Alle weiteren Angaben stehen hier«, sagte Lewin und reichte von Essen einen Ausdruck.
»Gurra Gelb und Blau, ja, den kennen wir«, erklärte von Essen und schüttelte den Kopf.
»Verzeihung«, sagte Lewin. »Wie habt ihr ihn genannt?«
»Gurra Gelb und Blau oder nur Gelb und Blau, so heißt er hier in der Stadt«, erklärte Adolfsson. »Einerseits, weil er politisch nicht ganz neutral ist, wie man so schön sagt«, fügte Adolfsson hinzu. »Andererseits…«
».. .weil er zu den braunen Farbtönen auf der politischen Palette neigt, wenn ich das so sagen darf«, warf von Essen ein.
»…drittens hat er ordentlich einen auf die Finger gekriegt, als er und seine Kameraden vor zwei Jahren hier in Växjö den Tag der Schwedischen Flagge feiern wollten«, erklärte Adolfsson. »Es war eine Menge Gesindel aus Antifa-Kreisen und ähnlichen Organisationen angereist, und Gurra und seine Kameraden haben heftig Prügel bezogen. Als wir die Sache dann unter Kontrolle gebracht hatten, waren sie schon so gelb und blau geschlagen wie ihre geliebte Flagge«, endete er und grinste aus irgendeinem Grund glücklich.
»Er will Linda gesehen haben, zusammen mit einem großen Ne… einem großen schwarzen Mann«, korrigierte sich Lewin. »Gegen vier Uhr morgens in der Mordnacht.«
»Ja, aber für seine Verhältnisse ist das keine außergewöhnliche Beobachtung, und Anwärter Löfgren ist längst nicht der einzige schwarze Mann hier in unserer Kamillenstadt«, sagte von Essen. »Nicht mehr, wenn man das mal so sagen darf.«
»Ich möchte aber trotzdem, dass ihr zu ihm fahrt und mit ihm redet. Und dann möchte ich, dass ihr ihm Fotos vorlegt und mit Löfgren anfangt«, sagte Lewin und reichte ihm eine durchsichtige Plastikmappe mit Fotos von neun jüngeren Schwarzen, von denen Löfgren einer war.
»Dann zeigt ihr ihm Linda, und es ist wichtig, dass das in dieser Reihenfolge geschieht«, betonte Lewin und gab ihnen eine Mappe mit neun Fotos von jungen Blondinen, von denen eines ihr Mordopfer Linda Wallin vorstellte.
Während von Essen und Adolfsson an der Tür zu Gelb und Blaus armseliger Einzimmerwohnung in Araby mitten in Växjö klingelten, erschien Polizeianwärter Erik Roland Löfgren in der Rezeption des Polizeigebäudes. Er war in Begleitung eines Anwalts aus Kalmar, der außerdem ein alter Freund der Familie war und genau im richtigen Moment auftrat, denn die Staatsanwältin hatte soeben beschlossen, einen Haftbefehl gegen Löfgren
Weitere Kostenlose Bücher